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Popkultur

'Hercules' ist in Ungarn zum Biest mutiert

Mein Kumpel beteuert, er hätte mit Dwayne The Rock Johnson trainiert und ich habe mich durch alle Herkules-Filme gequält.

Erinnert ihr euch noch an die einfacheren Zeiten, als Herkules einfach nur der Bastard-Sohn des Göttervaters Zeus war, da der werte Papa seine Frau Hera ständig mit irgendwelchen Sterblichen betrogen hat? Herkules wurde zum Halbgott, der nur dann im Olymp bei den Göttern leben darf, wenn er 12 Prüfungen besteht—also im Grunde eine sehr elitäre Aufnahmeprüfung hauptsächlich basierend auf Monstermorden, die den heutigen Auswahlverfahren auf der Hauptuni Wien nicht so unähnlich ist.

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Nachdem ich mich durch einige Stunden Herkules-Filme der 60er und 70er Jahre gewühlt habe, die teilweise nur mit der richtigen Menge Alkohol zu bewältigen sind—insbesondere bei Hercules in New York mit Arnold „Sann uff Suhß" Schwarzenegger in der Hauptrolle—musste ich entsetzt feststellen, dass meine Geschichtsstunden der griechischen Mythologie komplett obsolet geworden sind.

Warum Herkules auch nur ein Mensch ist

In Hollywoods neuester Verfilmung wird Hercules nämlich nicht mehr als Sohn der Götter sondern als Söldner gezeigt, der erst durch Minnesänger und Herolde an sein Image kam. Alle Sagen, die ihn umgeben sind natürlich nicht ganz unwahr, werden aber in der Bevölkerung hochgeredet, bis das eine zum anderen führt und er zum Sohn der Götter gehyped wird.

Wie es sich für einen richtigen Söldner gehört, heuert ihn ein König an, da sein Reich kurz vor einer Revolution steht. Hercules wird sein eigenes Gewicht in Gold versprochen, weil die Gegner Minotauren sein sollen, die ein ganzes Heer in nur einer Schlacht komplett zerstören können. Natürlich ist unseren Protagonisten ganz klar, dass dabei etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und ehe sie sich versehen stecken sie bis zum Hals in einer Intrige die den Lauf der Geschichte verändern wird. Klingt höchst theatralisch oder?

Naja, die Geschichte die ich gerade in den letzten rund 150 Wörtern erzählt habe umfasst aber auch schon so gut wie den ganzen Film—was inhaltlich für einen knappen zwei Stunden-Knaller doch etwas wenig ist. Nichts desto trotz ist der—komplett von der Mythologie abweichende Story-Ansatz erfrischend anders und poliert das abgestandene Image des allmächtigen „Helden" etwas auf.

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Wenn wir ehrlich sind, dann wird sich niemand Herkules ansehen, um tiefer in die griechische Mythologie einzutauchen, sondern vielmehr, um den Kreislauf mit testosterongeladen Szenen, durchsichtig gekleidete Frauen und mit erstaunlich dichtem Vollbart—im Fall von Dwayne Johnson ist dieser sogar aus Yak-Schamhaaren—anzuheizen. Grundsätzlich eine zweistündige Inkarnation der Serie Spartacus mit erzäherlischen Elementen von Wrestlemania.

Sex, blutige Schlachten und Gliedmaßen-Weitwurf sind aber nicht das Hauptthema in Hercules, sondern wenn überhaupt nur sporadisch zu finden. Dafür habt ihr Dwayne The Rock Johnson; den wahrscheinlich ersten Schauspieler, bei dem die geschmiedete Six-Pack-Rüstung weniger Muskeln hat als der tatsächliche Körper.

Ein von Bodybuilding begeisterter Freund von mir ist extra zur der Dreharbeiten von Hercules nach Ungarn gefahren, um neben dem fleischgewordenen Wrestling-Mythos Gewichte zu stemmen. Mein Kumpel hat sein Erlebtes in einer Nachricht so auf den Punkt gebracht: „Alter ich hab gerade neben The Rock trainiert … Der Typ is unglaublich, der ist ein Biest!" Es ist nicht verwunderlich, dass Johnson deshalb auch rund die Hälfte des Films oben ohne rumläuft, damit sich auch andere Menschen von dieser seiner hervorstechendsten Qualität überzeugen können.

Nach meiner „pics or it didn't happen"-Antwort war dann aber erst einmal ein paar Tage Funkstille. Als ich besagten Freund später in der Woche  zufällig über den Weg lief und ihn logischerweise auf das Training ansprach, bekam ich zu hören, dass es absolut gegen die Gymetikette verstößt Leute zu fotografieren und er auf Streitereien mit Dwayne Johnson lieber verzichten wollte. Was zu einem gewissen Grad nachvollziehbar ist, bei einem Typen, dessen Oberarm massiver ist als mein Kopf.

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Wenn sich Sportler an die Leinwand wagen, bin ich grundsätzlich immer skeptisch—wobei Schwarzeneggers Filmografie dafür und The Rocks letzter Film The Journey 2 eher dagegen spricht. Aber gut, letzteren mag man auch nur, wenn man gerne schon vormittags trinkt und sehr viel Wrestling schaut, denn die übrigen Film-Auftritte von Dwayne aka The Rock aka Rocky Maivia aka Flex Kavana Johnson reihen sich eigentlich perfekt ins filmisches Facepalm-Kabinett à la Arnie ein. Besonders nach der Pleite von GI Joe: Retribution hat er einiges an qualitativem Wert bei mir verspielt.

Letztlich braucht es ihm aber natürich auch keine Darbietung wie von Ben Kingsley. Dieses Mal wird Herc auch von 4, in Hollywood nur mäßig bekannten Kollegen, begleitet, die als Team mehr wie die frühzeitliche Gerechtigkeitsliga von Amerika wirken, als die Weggefährten eines Halbgottes. So gesehen, ist der gesamte Qualitätsanspruch eher durch eine Fox-News-Wertvorstellung ersetzt.

Ich werde mir Hercules nach dem Kinostart gerne noch mal mit Freunden ansehen, da der alte Grieche in der geschichtsbereinigten Rock-Version etwas an sich hat, das fasziniert. Vielleicht bin ich aber auch nur ein von Sagen besessener Junge, was nach meiner 70er-bis-80er-Jahre-Herkules-Session nicht sonderlich verwundern sollte. Nicht einmal in Michael Köhlmeiers Sagen des klassischen Altertums kam heraus, dass Herkules auf Regenbogenbrücken gegen Roboterdinosaurier gekämpft hat.

IF YOU SMELL … WHAT THE ROCK IS COOKING!

Bildermaterial (c) 2014 Paramount Pictures und MGM