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The Fashion Issue 2013

Anarchie im HipHop

Die MCs von heute sehen aus wie First-Waver im CBGB.

Foto von Steve Robertson

HipHop und Punk sind in den USA etwa zur gleichen Zeit aufgekommen (nämlich Ende der 70er-Jahre) und auch am gleichen Ort (in New York City), und sie waren vom gleichen rebellischen, aggressiven Geist beseelt. Ihre Mode aber konnte unterschiedlicher nicht sein. Obwohl es Einzelfälle von Fremdbestäubung gab—Public Enemy trug mal Sachen wie Minor Threat und Lil Jon zog sich an wie Bad Brains—tragen Rapper eigentlich eher weite, teure und auffällige Klamotten, während es Punks mit engen, zerfetzten und schmuddeligen Fummeln halten. Doch irgendwann setzte die Trendwende ein. Die MCs von heute sehen aus wie First-Waver im CBGB. Die verwahrlosten Skater von Odd Future nennen sich jetzt Punks und tragen knallenge Jeans, während der von Gothic beeinflusste A$AP Mob aus Harlem regelmäßig in Motorradjacken zu sehen sind. Selbst die Stars folgen diesem Trend: Lil Wayne wurde 2011 für einen Beitrag in der Zeitschrift Interview zum Crust Punk, während Wiz Khalifa mal einen gefärbten Frohawk trug. Die R&B-Kids werden auch immer punkiger. Teenieschwarm Miguel trägt eine gegelte Schmalzlocke, die an Joe Strummer erinnert, und Chris Brown ist mit Battle Jacket auf dem roten Teppich erschienen. Interessanterweise stammte seine mit allen möglichen Buttons besetzte Jacke, auf der Exploited, Cro-Mags und D.R.I. verewigt sind (und die vorher von Rihanna getragen wurde) nicht aus einem Promi-Modeshop. Sie entstand im Wohnzimmer von Noel Austin, einem 40-jährigen Mann aus Seattle, dem DAN Fashion Designs gehört. Noel hat keine Ahnung, wie Breezy an seine Jacke gekommen ist. „Ich bin nicht immer ganz nüchtern. Manchmal sehe ich Sachen, von denen ich nicht mal mehr weiß, dass ich sie gemacht habe.“ Früher hat sich Noel geweigert, anderen seinen Kram zu verkaufen. „Haut ab und macht euch selbst was, hab ich immer gesagt.“ Aber als er irgendwann mal Geld für die Miete brauchte, gab er nach. Heute macht er Jacken für Promis für 6.000 Dollar das Stück, wenn er nicht gerade Gratis-Teile für Poison Idea und D.R.I. herstellt. „Ich will meine Sachen an Promi-Deppen verkaufen“, sagte er. Und Noel fügt hinzu, dass Rapper und R&B-Künstler den authentischen Look bevorzugen—wie Punks. „Sie wollen wild und abgerissen aussehen, als würden sie nach Whiskey und Zigaretten stinken.“ Der australische Illustrator James Jirat Patradoon, der das Gegenteil von Chris Browns Punkjacke gebastelt hat, indem er eine Battle Jacket mit Namen von R&B-Künstlern besetzte, klärt uns auf: „Das ist eine subkulturelle Bewegung. Es ist leichter, von einem Look zum nächsten zu wechseln.“ Während man bei manchen Rappern an der Musik hören kann, dass sie das mit dem Punk verstanden haben, machen andere nur auf Show. „Wenn ich Jungs mit Lederjacke und Irokesenschnitt sehe, denke ich, das ist ne Boygroup“, sagt James. „Vielleicht gilt es heutzutage als rebellisch, einen dreiteiligen Anzug zu tragen.“