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Sex

'Cabaret Desire' ist feministischer Porno

Frauen können auch Pornos machen, nur sehen die etwas anders aus. Auf alle Fälle pädagogisch wertvoll!

Könnt ihr euch noch erinnern, wie Cloe Sevigny damals als freundlicher Geist dem alten Haudegen Vincent Gallo einen gelutscht hat, und für uns Spätzünder die Grenzen zwischen Pornographie und Filme, die man sich auch ganz ohne Handcreme anschauen kann, gesprengt wurden. Als neulich Cabaret Desire kam und unsere fragenden Blicke über die Federn, Pferdepeitschen und Eyes-Wide-Shut-Masken in der Boxen glitten, kam die unausweichliche Frage: Ist das ein Porno?!

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Ja, ist es. Die  Schwedin Erika Lust (Nein, nicht irgendeine versaute Tante von unserem Markus) hat einen Erwachsenenfilm abgeliefert, nur eben einen, der etwas mehr das weibliche Geschlecht bedient. Ein Femmisten-Porno, das klingt paradox, so als wenn Sasha Grey in der Volksschule vorlesen würde … Moment. Nein, in Wirklichkeit sehen in Cabaret Desire die Burschis einfach nur besser aus, so skinny, mit Muskeln und schwer behangen am Penis-Weihnachtsbaum.

Letztlich eine ganz nette Abwechslung zum bladen Ron Jeremy und seinen ständigen Cum-Backs. Die Mädels dieses Kunstfickfilms sind dafür alle total toll, selbstbewusst, haarig, tätowiert und haben "Sex and the City" Monologe im Kopf ablaufen. Unter dem Deckmantel der unisexuellen Unbeschwertheit regieren in diesem Film aber in Wirklichkeit die Mädels, nein, die Frauen. Nicht korrekt, aber wurscht und durchaus erregend.

Die "Rahmenhandlung" (bitte trotzdem weiterlesen) spielt in einem Cabaret, das vermutlich Desire heißt. Ein katalanischer Laden, in dem es aussieht wie bei einer After-After-Party von unseren Rhinoplasty-Kumpels. Da schnuppern Typen mit Augenklappen hinter spanischen Wändern hervor, Travestie regiert und alle lesen in einem sehr seltsamen, polierten Englisch erotische Geschichten vor. Wirklich, und ich meine, wirklich unnötige Musik-Performances animieren zum Vorspulen und ein bisschen denke ich zurück an Foxy Fantasies, dass dann zum Glück zu Californication mutierte.

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Diese äußerst anstrengend-erscheinende Erstbesteigung bringt uns auch die erste Geschichte. Eine unbesiegbar-mollige Barkeeperin hält sich zwei Sex-Untergebene, die beide Alex heißen. Das findet sie anscheinend geil. Alex 1 ist der drahtige Algerier, der meiner Meinung nach bombenschwul sein muss, denn heterosexuelle Männer, die so aussehen (wollen), gibt es nicht. Babyweich ganzkörperrasiert, wie alle Männer in diesem Film, bekommt er Konkurenz von Alex 2, eine leicht dümmlich-schauende Lesbe. Der Strap-On spielt mit, aber ist das nicht kontra-produktiv bei solch übergeschlechtlicher Erotik-Moral? Die blonde Barfrau verliert jedenfalls bald wieder das Interesse und kauft sich einen Windhund. Eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt, wenn es zwei Flaschen Rosé intus hat.

Der Augenklappenmann erzählt dann von seiner Mama, die eine Meisterdiebin war. Der schauen wir dann zu wie sie bei ihrem Mentor-Autoren einbricht und den dann in ihrer Hinkebein-Stretch-Verkleidung ordentlich her nimmt, ganz ohne Überraschung zu sagen. Er sieht dabei ein bisschen aus wie der junger Sartre. Als die Porno-Diebin ihn zum zweiten Mal deep-throated, ist aber die letzte Skepsis verpufft. Ein bisschen grindig sieht sie aus in ihrer engen Maske, wie ein gelifteter Lord Voldemord. Aber irgendwie hatte die Episode etwas, auch wenn das Artsy-Element an der Kameraführung und der Musik immer wieder zum Schmunzeln animiert.

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Hier bekommt die Glückliche einen blonden Deckrüden zum 30. Geburtstag. Präcoital sieht der aus wie aus einer 5000-Euro-Armbanduhr-Werbung. Die Kollegin selber nervt ein bisschen, weil sie halt ständig geil ist und das vor sich herträgt wie einen verdammten Kriegs-Banner. Ich kenne die Art, aber immer anrüchig zu sein und die ganzen lippenbeißenden Doppeldeutigkeiten werden auch mit der Zeit langweilig. Im weiß-betuchten Lagerhaus wird sie dann endlich versorgt. Gut, wenn ich sehe wie eine permanent geile Jennifer von ihrer Geburtstagsgesellschaft mit Stranger-Fuck-Dates versorgt wird, werde ich vielleicht etwas neidisch. Ich bekomme zum 30er sicher nur Clever-Salzstangerl und Nagellack zum Schnüffeln.

Die letzte ist mir die Liebste. Der überschreibe ich gleich meine Wohnung, wenn ich bin dem Blog-Eintrag fertig bin. Oh Gott, diese hübsche Barceloneuse hat einen Popsch für die Ewigkeit. Wenn nicht der nahtlos gebräunte Schlecko mit seinen Douchebag-Tribal-Tattoos immer an ihr herumstochern würde! Wieder merke ich, dass ich nicht unbedingt die Zielgruppe des Films bin. Ich lockere jetzt erst einmal den Gürtel um meinen Hals, sodass ich wieder atmen kann und schalte den Ton von Animal Planet wieder an. Wer geil geworden ist, soll vorbeikommen auf Milka-Schokolade mit Orios-Geschmack und einer ganzen Packung frischer Latex-Handschuhe, Zwinker, Zwinker. Oder doch Dschungelcamp?!

Ich wünsch euch nie wieder Verschleißerscheinungen und ein schönes Wochenende.

Alle Bilder Screenshots aus dem Film

Josef auf Twitter: @theZeffo