Pauschalurlaub in Nordkorea: So geht's

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Pauschalurlaub in Nordkorea: So geht's

Wir zeigen dir, wie einfach du ins Land der Kims reisen kannst.

Foto: imago | Kyodo News

Eine Reise in die sozialistische Diktatur und das abgeschirmteste Land der Welt ist nicht gerade etwas für den Durchschnittstouristen. "Als ich meinen Freunden erzählt habe, wo ich meinen Urlaub verbringen will, haben sie mich für verrückt gehalten", erzählt Mandy Raasch, Webdesignerin und Reisebloggerin, VICE gegenüber. Sie besuchte Nordkorea im Jahr 2014, um mal dort Urlaub zu machen, wo keiner ihrer Freunde vorher schon war, genau wie Patrick Schappert, der einen Elektromarkt in Nordrhein-Westfalen leitet: "Ich wollte nach ein paar persönlichen Schicksalsschlägen einfach mal raus und was erleben. Das Leben ist kürzer, als man denkt." Ein bisschen Mut musst du also haben für einen Trip nach Nordkorea. Ist das der Fall und du hast Bock auf skurrilen Personenkult und hässliche Freizeitparks, haben wir hier den Plan für deine perfekte Nordkorea-Reise in sechs Schritten:

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Schritt 1: Anbieter finden

Man könnte meinen, eine Reise nach Nordkorea sei ungefähr so schwer zu organisieren wie ein Schnupperpraktikum bei den Hells Angels und bestimmt auch genauso angenehm zu erleben. Im Netz aber findet man schnell einige deutsche Anbieter solcher Reisen. Und auf deren Websites sieht's eigentlich genauso aus wie auf den Seiten, auf denen du auch deinen nächsten Kroatienurlaub buchst. Termin, Inklusiv-Leistungen, Besichtigungspunkte und Zimmeroptionen sauber aufgelistet, darunter der Komplettpreis. Man muss nur noch auf "Buchen" klicken. Die Zimmer der nordkoreanischen Luxusklasse bieten dunkle Möbel, Wasserkocher und Plastikblumen, also alles, was du brauchst, um glücklich zu sein, und auch auf Tripadvisor sind die Leute begeistert: "Zum ersten Mal in meinem Leben hatten wir ein riesiges 5-Sterne-Hotel mehr oder weniger für uns."

Solltest du dich hier gerade im Auftrag deiner Oma informieren, sag ihr doch bitte, dass es auch gedruckte Reisekataloge zu bestellen gibt. Das wird sie sicher freuen.

Deutsche Reiseanbieter sind sehr auf die nordkoreanische Tourismusbehörde "KITC" angewiesen. Diese bucht, organisiert und gestaltet nämlich dein ganzes Programm vor Ort und als deutsche Reiseagentur vermittelt man eher zwischen staatlicher Behörde und Reisenden. Eine solche Reisefirma hat auch André Wittig in Berlin gegründet: "Die Idee zu "Pyongyang Travel" entstand bei einem Bier mit einem Kumpel. Wir waren zusammen in Nordkorea und hatten dann die Idee, selber Leute dahin zu bringen", erzählt der 31-jährige It-Fachmann in einem Café in Friedrichshain. "Wir mussten ein paar mal in die nordkoreanische Botschaft hier in Berlin und uns auch noch persönlich in Nordkorea vorstellen. Dann war alles klar, wir konnten mit den ersten Reisen beginnen und sind mittlerweile sogar deutscher Marktführer. 8.000 Touristen dürfen im Jahr nach Nordkorea, 500 davon kommen aus Deutschland und die meisten davon sind von uns vermittelt."

Schritt 2: Reise wählen

Solltest du zu viel Geld übrig haben, kannst du dir eine persönliche Rundreise buchen, dich rund um die Uhr von zwei nordkoreanischen Aufpassern "betreuen" lassen und dir Programmpunkte wünschen, so viel du willst. Billiger ist es aber auf jeden Fall mit einer Reisegruppe und einem vorgegebenen Programm, was aber immer leicht variiert: Möchtest du Kim Jong-il an seinem Geburtstag bei einer großen Parade huldigen, einem nordkoreanischen Fußballteam beim Training zugucken und dir anschließend noch ein Spiel im Stadion gönnen oder doch lieber eine bisschen Ski fahren?

Die Auswahl ist groß … | Foto: China Hansa Travel

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"Besonders gut gehen auch themengebundene Touren zum Beispiel für Eisenbahn-Fans, bei denen man sich öffentliche Nahverkehrsmittel ansieht", erzählt der Berliner André Wittig.

Der Geschäftsführer des Hamburger Reiseunternehmens China Hansa Travel, Jinaly Chen, sagte im Interview stolz, er hab eine sehr bunte Kundschaft: "Bei uns reisen Leute, die ein Haus an der Außenalster haben, genauso wie Sowjet-Nostalgiker oder Krankenschwestern. Das Interesse an Nordkorea geht durch alle Bevölkerungsschichten und Bildungsniveaus." Sogar eine Klassenfahrt nach Nordkorea habe er bereits organisiert, erzählt Chen, will mir aber die Kontaktdaten zu der Schule nicht geben.

Schritt 3: Geduld und Geld haben

Billig wird dein Nordkorea-Trip nicht, so viel steht fest. Für eine einwöchige Reise mit allem Drum und Dran musst du locker mal 1.000 Euro, eher aber 2.000 Euro einplanen. Das liegt vermutlich daran, dass jeder was vom Kuchen abhaben will und ausländische Währungen in dem wirtschaftlich schwachen Staat sehr willkommen sind. Außerdem solltest du etwas Zeit mitbringen: "Ein Vorlauf von mindestens fünf Wochen ist üblich. Wir müssen ja zunächst den Reisenden in Nordkorea als Tourist anmelden und dann das Visum beschaffen", sagt André Wittig. Für den Touristen ist das aber überhaupt nicht aufwändig, erinnert sich Mandy Raasch: "Ich musste nur ein Formular ausfüllen mit meinen persönlichen Daten, versprechen, dass ich keine Journalistin bin, und eine Kopie meines Reisepasses mitschicken. Der Rest wird vom Reisebüro geregelt." Auch Patrick Schappert, der Elektromarkt-Besitzer, war erstaunt, wie einfach die Einreise war: "Ich bin leichter nach Nordkorea gekommen als in die USA."

Schritt 4: Richtig Packen

Bevor es dann losgeht, bekommt ihr von der Reiseagentur natürlich ausführliche Infos dazu, was ihr mitbringen solltet und was lieber nicht: Deine Klamotten sollten nicht zu auffällig sein, eher schlichte gedeckte Farben, sodass sie zum grauen Gesamtbild passen. Außerdem solltest du eine ordentliche Portion Imodium und Kohletabletten einpacken, denn nordkoreanischen Hundefleischauflauf packt nicht jeder Magen. Gerne gesehen sind auch kleine Geschenke, die du deinem Taxifahrer oder Reiseführer mitbringen kannst. Am Liebsten etwas aus der Heimat und auch gerne Alkohol in allen Varianten. Zuletzt solltest du an genügend Bargeld denken, denn nur damit kannst du bezahlen und Geldautomaten gibt es nicht. Auf keinen Fall aber solltest du Literatur über die politische Situation Nordkoreas mitbringen. Auch südkoreanische oder US-amerikanische Flaggen könnten dir zum Verhängnis werden, genauso wie Radios oder zu professionelles Film- und Fotoequipment.

Schritt 5: An die Regeln halten und nicht zu viel erwarten

"Die Reise selbst war leider nicht so abenteuerlich, wie ich es erwartet hatte. Natürlich war es wahnsinnig spannend, diese fremde Kultur zu erleben, aber Kontakt zu Einheimischen hatten wir durch die ständige Beobachtung unserer Reisebegleiter nie wirklich und das volle Programm hat mich ziemlich an eine Klassenfahrt erinnert. Es war nie Zeit, mal was auf eigene Faust zu erkunden, da man von Programmpunkt zu Programmpunkt gefahren wurde. Heute denke ich am liebsten an die skurrilen Momente der Tour zurück", erzählt Mandy Raasch. "Als wir das Kim-Mausoleum besucht haben, mussten wir uns alle dreimal vor den einbalsamierten Führern verbeugen, und ich fand das so wahnsinnig komisch, dass ich mir echt das Lachen verkneifen musste. Die Nordkoreaner haben das auch so wahnsinnig ernst genommen, was die Situation noch schlimmer gemacht hat. Ich war echt froh, als ich da wieder raus war und loslachen konnte." Mandy Raasch in Pjöngjang | Foto: Privat Patrick Schappert war abenteuerlustig und filmte alles, was er interessant fand, mit seinem Camcorder, manches auch heimlich. Solche Aktionen sind aber verdammt gefährlich, denn wer sich nicht an die Regeln des Regimes hält, wird auch mal eben zu mehreren Jahren Arbeitslager verurteilt. "Generell gilt: Immer das machen, was die staatlichen Reisebegleiter dir sagen, dann kann nichts passieren", meint Schappert.

Schritt 6: Moralische Bedenken abschalten

Dein Geld geht über die Touristenbehörde indirekt auch an das Regime. Letztlich unterstützt du damit also eine menschenverachtende Diktatur, die Atomtests macht und Arbeitslager für Regimekritiker unterhält. Solltest du dich mit diesem Gedanken nicht anfreunden können, bleibt dir immer noch die Ausrede von André Wittig: "Wenn man Tourismus und Politik nicht trennt, könnte man doch in sehr viele Länder nicht mehr reisen. Ich finde, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben muss, überall hin zu reisen, wo er Land und Leute kennenlernen will, unabhängig von der politischen Situation."

Fazit

Wer genug Geld, keine Skrupel und Lust auf Reaktionen wie "Waaas?! Da warst du?" hat, der kann noch heute seine Reise nach Nordkorea buchen.