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28 Zoll

Dieser Ex-Radprofi wurde bei der Tour de France zwei Mal absichtlich Letzter und ist cooler als du es jemals sein wirst

Rennradlegende Gerhard Schönbacher erklärt, wie man als provokanter Jugendlicher zu einem der bekanntesten Sportler weltweit wird.
Fotos von Karo Pernegger

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Heineken entstanden.

Als Zehnjähriger baut er sein erstes Fahrrad aus angeschwemmten Fahrradteilen. Mit 12 Jahren leistet er sich dann—durch Kinderarbeit, wie er sagt—sein aller erstes Fahrrad um 2860 Schilling. Mit 17 fuhr er ohne Führerschein nach Marokko, um sich dort für seine Profi-Radkarriere in Belgien vorzubereiten. Jahre später erfüllt er sich den Traum einer Teilnahme an der Tour de France. Drei Mal nimmt er Teil, zwei Mal wird er Letzter. Absichtlich.

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VICE: Gerhard, du bist zweimaliger Träger der „Roten Laterne" der Tour de France. Wieso war es dir wichtig, als Verlierer aus dem Rennen zu gehen? Gerhard Schönbacher: Eigentlich war ich gar kein Verlierer. Die anderen 90 sind ausgeschieden und ich war 79. und damit halt Letzter. So schlecht ist das gar nicht.

OK, und wie kam es dazu?
Das war 1979. Während einer Besprechung kam ein Journalist auf uns zu. "Irgendwer von euch muss Letzter werden—einer, der mehrere Sprachen spricht, lustig ist und reden kann!" Dann haben alle mich angeschaut. Ich hab mich am Anfang dagegen gewehrt. Dann bin ich während einer Etappe gestürzt und war Drittletzter. Ich hab mir dann gedacht: "Jetzt ist's eh schon wurscht. Dann mach ich das mal."

Dem Tour-de-France-Direktor, Felix Levitan, war das nicht ganz so recht und die Regeln wurden strenger. Trotzdem hast du es 1980 ein zweites Mal geschafft. Wie?
Der war stocksauer. In einem Interview mit Paris Match habe ich gesagt, dass die Tour de France eigentlich gar nicht schwer sei und es ein schöner Fahrradausflug mit toller Landschaft ist. Darin hab ich auch erwähnt, dass der Levitan der Zirkusdirektor, ist, der das Geld einkassiert und wir Fahrer, die Affen sind, die sich den Arsch aufreißen. Dann war Feuer am Dach.

Wenn alle über die Ziellinie gefahren sind, dann richtet die Kameras nicht weg, weil dann komme ich.

Und wie war das dann, als du Letzter wurdest?
Naja, ich sag mal, ich war schon ein bisschen provokant in jungen Jahren. Am letzten Tag kam das französische Fernsehen auf mich zu und ich hab ihnen gesagt: Wenn alle über die Ziellinie gefahren sind, dann richtet die Kameras nicht weg, weil dann komme ich.

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Und dann?
Dann bin ich 100 Meter vor dem Ziel abgestiegen und bin damit ganz langsam Richtung Ziel gegangen. Auf die Fragen der Journalisten hab' ich geantwortet: „Hört mal, ich bin jetzt drei Wochen durch Frankreich gefahren, ich will die letzten 100 Meter einfach mal genießen. Das ist so schön hier!" Dann hab' ich mich hingekniet, den Boden geküsst und gesagt: „Danke lieber Gott, dass ich das erleben darf!"

Schönbacher 1976 in Belgien

Gab's für den Letzten mehr Geld?
Bei der Tour de France verdient man nichts, aber danach gibt es Showrennen. Ich habe 40 Verträge erhalten und pro Rennen zum Beispiel 1000 Mark bekommen. Ich hab sicher mehr verdient als der Zehnte der Tour de France.

In einem Interview mit dem Kurier sagst du, dass du dich aufgrund mancher Medikamente, die du konsumiert hast, nicht mehr daran erinnern kannst, ob du gedopt hast. Kann man das so stehenlassen?
Schon, ja.

Also hast du nicht nur mit Bananen gedopt?
Naja, Doping geht auch mit ganz normalen Vitaminpräparaten—unter anderem auch Bananen. Wirklich extrem leistungssteigernde Mittel gab's damals gar nicht. Im Grunde genommen, haben wir nichts anderes genommen als Studenten heute nehmen.

Wenn ich sagen würde, ich habe gedopt, hätte ich auf der Stelle eine Sammelklage aller Pharmariesen wegen schlechter Nachrede am Hals.

Wirklich? Es gab keine richtigen Dopingmittel damals?
Es gab schon Dopingmittel, aber nicht solche, die dich zum Gewinner machen. Nur wenn ich jetzt, mit meinen Ergebnissen, sagen würde, ich habe gedopt, dann hätte ich auf der Stelle eine Sammelklage aller Pharmariesen wegen schlechter Nachrede am Hals.

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Wie bist du überhaupt im Radsport gelandet?
Ich habe in Österreich einige Rennen gewonnen und habe dann einfach beschlossen, mit 18 nach Belgien zu gehen, um dort Profi zu werden. Im Winter davor, mit 17, bin ich nach Marokko gefahren, um mich für Belgien vorzubereiten. Ohne Führerschein. Mit einem Freund, der selbst einen hatte—gefahren bin trotzdem ich.

Die Rennradlegende Gerhard Schönbacher bei der Tour de France im Jahr 1979

In Marokko lief es aber nicht, wie erhofft.
Genau, ich habe gleich Gelbsucht bekommen und konnte dann ein Jahr lang nicht mehr Fahrradfahren. Bei der Österreichischen Meisterschaft bin ich mit einem geborgten Rad dann Zweiter geworden. Danach hab ich dann viele Verträge bekommen.

Und wie lief es dann in Belgien?
Ich bin dort fünf Rennen in der Woche gefahren und hab nur vom Preisgeld gelebt. In Österreich gab's nur Taschenlampen oder Radios für die Gewinner. In Belgien gab's Geld für jeden Platz von 1 bis 30. Ich war halt immer zwischen den ersten zehn. Einmal gab es zwei Wochen lang keine Erfolge—da musste dann eine Gans im Stadtpark daran glauben. Irgendwann habe ich dann einen Profi-Vertrag bekommen.

Wie ging es nach dreimaliger Tour-de-France-Teilnahme dann weiter?
1988 baute ich mir ein Haus südlich der Goldcoast in Byron Bay Australien. Aber bald war mir fad. Ich unterschrieb einen Vertrag als sportlicher Leiter eines Profiradteams und zog für vier Jahre nach Paris. Dann wollte ich die Crocodile Trophy organisieren - das größte Mountainbike-Rennen der Welt. Nur fehlten mir dafür Geld. Also bin ich spontan nach Australien geflogen, hab mich vor mein Haus gestellt und in mich hineingehört. Zum Leidwesen meiner damaligen Frau hab' ich dann das Haus verkauft und die Trophy damit organisiert. 1999 kam dann noch die Alpentour Trophy hinzu.

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Ich war halt immer zwischen den ersten zehn. Einmal gab es zwei Wochen lang keine Erfolge—da musste dann eine Gans im Stadtpark daran glauben.

Und bist du immer beim Radsport geblieben?
Dazwischen bin ich mal Autorennen gefahren. In den USA und Kanada nahm ich an Formel Atlantic Rennen teil. Im Winter stellte ich mich auf Skier und fuhr Geschwindigkeitsskirennen. Auch schraubte ich mich mit Skiern auf Rennautos und stellte mehrere Rekorde auf—zum Abschluss sogar beim Formel-1-Grand-Prix in Adelaide mit 248 km/h.

Wenn du selbst Autofährst, hasst du dann Radfahrer auch so sehr, wie andere Autofahrer?
Ach, ich hab' mir das immer so vorgestellt: Vor fünf Minuten hat ihm seine Freundin gesagt, sie liebt einen anderen, und jetzt ist er unkonzentriert und kann nichts dafür. Das stört mich nicht. Maximal komme ich eine Minute später an, als ich wollte. Und was mache ich bitte mit der einen Minute mehr?

Gerhard Schönbacher beim Interview

Heineken Ridentity will der Wiener Fahrradkultur Tribut zollen und ein echtes Wiener Fahrrad bauen. Stück für Stück fertigen 23 Wiener Künstler, Handwerkbetriebe und Designstudios Einzelteile, die am Ende zum Wiener Fahrrad werden. Jeder der 23 teilnehmenden Betriebe vertritt seinen Bezirk und erzählt seine Geschichte.

Präsentiert wird das Fahrrad im Rahmen der Wiener Fahrradschau, die von 21. bis 23. Oktober in der Marx Halle Wien stattfinden wird. Alle Informationen zur Entstehung des Wiener Fahrrads auf www.heineken.at/ridentity.