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Einer unserer Autoren hat sich eine Woche lang nur von Alkohol ernährt

Eine Alkoholdiät verwandelt zwar deinen Stuhlgang in blutige Fontänen, hilft dir aber definitiv nicht beim Abnehmen.

Es gibt wenige Sachen auf dieser Welt, die so befriedigend sind, wie sich nach der Arbeit ein kühles Bier aufzumachen oder einen leckeren Cocktail einzuschenken. In diesem winzigen Augenblick, kurz bevor der Alkohol deine Lippen berührt, scheint alles möglich zu sein und die Welt erscheint dir wie ein reichgedeckter Gabenteller. Was ist aber, wenn dieser Moment für immer anhält?

Jules, einer unserer Autoren und unser hiesiger „Ich probiere alles aus“-Typ, hatte sich die bescheuerte Idee in den Kopf gesetzt, für fünf Tage eine Alkoholdiät einzuhalten. Er ging dafür sogar so weit, sich einen detaillierten Ernährungsplan zusammenzustellen (den du hier unten betrachten kannst), der sicherstellen sollte, dass er mit allen Nährstoffen versorgt wird, die er braucht. Im Grunde ist es also wie die Soylent-Diät—nur mit Schnaps.

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Wenn man Jules allerdings so reden hört, waren diese fünf Tage die mit Abstand schlimmste Zeit seines Lebens. Irgendwann ließ er den Essensplan fallen und begann, einfach so Shots runterzukippen, um die Zeit rumzubekommen. Er kackte Blut, verlor einen Teil seines Sichtfeldes und verbrachte die meiste Zeit der Diät in einer dunklen, trunkenen Vorhölle.

VICE: Du hattest dir einen sehr detaillierten Ernährungsplan zusammengestellt. Wie hat sich dieser von deiner üblichen Essensroutine unterschieden?
Jules Suzdaltsev: Es ist wohl wichtig, zu erwähnen, dass ich keine geregelte Essensroutine im herkömmlichen Sinne habe. Den Tag über esse ich in der Regel viel zu wenig, dann kiffe ich irgendwann und haue mir am Stück 1.200 bis 1.500 Kalorien rein. Ich esse richtig, richtig schlechtes Zeug, aber ich esse einfach nicht genug davon, um fett zu werden. Das war jetzt wahrscheinlich das erste Mal überhaupt, dass ich mich an einen strickten Essensplan gehalten habe. Der lässt sich am ehesten als sehr eingeschränktes Saftfasten mit Alkohol beschreiben. Ich habe einfach versucht, täglich zwischen 1.500 und 2.000 Kalorien zu mir zu nehmen und das auch etwas auszubalancieren, damit ich nicht nur Kohlenhydrate und Zucker in mich reinstopfe. Leider ist Alkohol selbst nicht sonderlich nahrhaft, deshalb hing alles von der Zusammensetzung der verschiedenen Mixgetränke ab: Drinks auf Bierbasis, Bloody Marys … Ich glaube, die Bloody Marys waren auch das, was mich am Leben gehalten hat.

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Wie hast du dich nach dem ersten Tag gefühlt? Hast du lange Sitzungen auf dem Klo gehabt? Musstest du oft pinkeln?
Ich glaube, am ersten Tag habe ich unterschätzt, wie viel ich eigentlich trinken muss, da ich kaum etwas gespürt habe. Am ersten richtigen Tag dann war meine Kacke ziemlich normal und auch sonst war nichts Ungewöhnliches festzustellen. Am zweiten Tag kaufte ich eine Flasche Sekt und musste sie auch austrinken … ich hatte sie ja schon geöffnet. Das hat mich ziemlich betrunken gemacht; das und der Tequila. Jedes Mal, wenn ich Tequila trank, fühlte ich mich betrunken—und das nicht auf die angenehme Art. Er machte mich jetzt nicht sturzbesoffen, aber ich spürte ihn definitiv. Kein anderes Getränk schaffte das in so kurzer Zeit. An dem zweiten Tag des Experiments kackte ich die Bloody Mary wieder so aus, wie sie reingekommen war, und musste unglaublich viel pissen. Ich war durchgehend damit beschäftigt, zu pinkeln oder Scheiße aus meinem Hintern zu pissen.

War die Farbe deiner Scheiße anders als sonst—also war sie rot oder so?
Ja, sie war rot. Es war total beängstigend. Die Scheiße war nicht nur rot, ich musste auch so oft aufs Klo, dass mein Arschloch anfing, etwas zu bluten. Es war ein richtiger Alptraum in der Art von, „Ich weiß nicht, wie viel davon jetzt Blut und wie viel Bloody Mary ist.“ Rückblickend ist jetzt nichts Schlimmes passiert. Mein Arschloch war einfach davon gereizt, dass ich 15-20 Mal am Tag kacken gehen musste. Das hat wohl etwas mit dem Saftfasten zu tun. Ich habe das zwar vorher noch nie ausprobiert, aber ich schätze, dass das nicht sehr viel anders ist.

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Hat sich deine Stimmung verändert, als du damit angefangen hast? Fühltest du dich mit der Zeit schlechter?
Oh ja, total. Ich hasste es wirklich, das durchzuziehen. Es war, als ob man mir meine Lieblingssachen weggenommen hatte: Essen und Kiffen. Die Tatsache, dass ich weder das eine noch das andere machen konnte und dazu noch durchgehend zwischen angetrunken und sturzbesoffen pendelte, war sehr deprimierend. Ich weiß, dass Alkohol generell eher dämpfend wirkt, aber es war einfach furchtbar. Ich wurde partout nicht fröhlich, egal was ich auch machte, und obendrein hatte ich durchgehend Hunger. Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, wie hungrig ich war—egal was für einen gehaltvollen Drink ich mir auch zusammenmixte. Am dritten Tag machte ich mir Eierpunsch, bei dessen Zubereitung ich mich etwas verschätzt hatte, und der dementsprechend viel zu viele Kalorien beinhaltete. Der müsste um die 1.000 Kalorien gehabt haben und ich war trotzdem am Verhungern! Ich war die ganze Zeit unglaublich hungrig.

Musstest du dich übergeben?
Ich war kurz davor. Am dritten Tag habe ich diese Sache gemacht, die in meinen Augen eigentlich auch etwas geschummelt war. Um nicht einfach Proteinshakes mit Wodka anzurühren, hatte ich mir ursprünglich fest vorgenommen, nur Sachen zu trinken, die man auch in einer Bar bestellt. Ich wollte einfach wissen, wie es ist, auf einer richtigen Cocktaildiät zu sein. Am dritten Tag also habe ich meinen letzten Drink gemäß einer russischen Trinktradition namens Sakuska eingenommen. Dabei nimmt man zum Wodka auch kleine Häppchen zu sich—ich entschied mich für eingelegte Gurken. Ich brauchte einfach irgendwas zum Beißen. Ich kippte den Wodka runter und dann, irgendwie war ich körperlich nicht darauf vorbereitet, musste ich die Gurke regelrecht runterwürgen. Daraufhin stand ich für etwa zwei Minuten vor dem Klo. Richtig gekotzt habe ich aber nicht. Gestern war ich auch kurz davor, aber das war auch … Gestern war eine richtige Hardcoresession. Ich nahm reichlich Kurze zu mir und dazu noch Bloody Mary. Daraufhin bin ich aber für den Rest des Tages einfach weggepennt. Wäre ich nicht eingeschlafen, hätte ich wohl gekotzt.

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Hast du überhaupt kein Wasser getrunken?
Doch doch, ich habe auf jeden Fall Wasser getrunken. Ich hatte fast jedes Mal zwischen den Shots ein bisschen Wasser.

Du wärst auch mit ziemlicher Sicherheit gestorben, wenn du kein Wasser getrunken hättest.
Ja, ich hätte wahrscheinlich auch viel mehr Wasser trinken können, als ich letztendlich getan habe. Wasser war jetzt bei meinem Ernährungsplan nicht ausgeschlossen.

Wie gelb war dein Urin?
Überraschenderweise sah es—du kennst doch den Spruch aus den Fitnessstudios, „Ist es Eistee bist du dehydriert; ist es Limonade, ist alles cool“?—mein Urin war komplett Limonade! Meine Pisse war total … Sie war jetzt nicht klar wie Wasser, aber sie sah definitiv gesund aus.

Du hattest vorhin erwähnt, dass du Freitag ins Klo geplumpst bist.
Also ich bin aufs Klo gegangen und der Sitz war hochgeklappt. Ich lebe hier mit lauter Mädchen zusammen, also ist der Sitz in der Regel unten und ich habe nicht darauf geachtet. Ich habe mich also hingesetzt und bin dann ins Klo gefallen. Das war dann wohl auch das Schlimmste, was mir in der Woche passiert ist. Mein unterer Rücken schmerzt außerdem schon seit einiger Zeit. Ich dachte ursprünglich, dass das davon kommt, dass ich komisch schlafe, aber dann ist mir aufgefallen, dass das ja der Bereich ist, in dem sich meine Nieren befinden. Ich hoffe, das geht auch wieder weg. Wahrscheinlich ist alles OK. Ich habe jetzt ja keine intensiven Schmerzen. Gerade fühle ich mich auch ziemlich gesund und es ist letztendlich auch nicht halb so schlimm geworden, wie es hätte kommen können. Erwähnte ich schon, dass ich spezielles Hämorriden-Klopapier kaufen musste? Ich musste einfach so oft kacken gehen, dass ich das normale Klopapier nicht mehr benutzen konnte.

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War dein Arschloch zu sehr gereizt?
Oh ja, es war viel zu gereizt. Nach dem ersten Tag ging da einfach gar nichts mehr. Ich hatte davor mal einen Magenvirus und das ist einfach das, was passiert, wenn du eine Menge scheißt. Ich würde also noch mal sagen, dass das wohl sehr ähnlich wie beim Saftfasten ist.

Hattest du einen Filmriss? Es klingt ein bisschen so, als gäbe es ein paar Sachen, an die du dich nicht erinnern kannst. Gab es einen Moment, an dem dein Hirn sich einfach verabschiedet hat und du dich an nichts mehr erinnern konntest?
Ich würde sagen, nein. Gestern hatte ich vielleicht so etwas wie einen Filmriss, aber eigentlich bin ich da nur weggepennt. Das war auch so geplant. Ich wusste ja, dass das passieren würde. Im Großen und Ganzen aber nicht … Ich erinnere mich genau so deutlich wie sonst an alles, was in der letzten Woche passiert ist. Vielleicht ein bisschen schlechter, aber ich habe definitiv keine großen Erinnerungslücken, die nicht von meinem eh schon schlechten Gedächtnis kommen.

Was war neben dem Hunger das Schlimmste? Was hat dich am meisten fertig gemacht?
Gestern hatte ich eine beschissene retinale Migräne. Das ist etwas, das ich vielleicht weniger als zehn Mal in meinem Leben bekommen habe. Dabei wird das Zentrum meines Blickfeldes zu einem blinden Punkt. Es ist genau so, wie blind zu werden, mit dem Unterschied, dass du noch alles sehen kannst, was in der Peripherie geschieht—nur nicht das, was direkt vor deinen Augen ist. Es ist wirklich beängstigend und auch nervig, wenn das passiert. Manche Menschen, die darunter leiden, haben auch Schmerzen dazu. Ich gehöre zum Glück aber nicht dazu. Ich war deswegen auch schon beim Arzt. Es hat etwas mit dem Druck hinter meinen Augen zu tun und damit, wie dehydriert ich an diesem Morgen war—das ist nämlich der offensichtliste Indikator dafür. Ich hatte die Nacht zuvor kein Wasser getrunken und bin dann in diesem Zustand aufgewacht. Das war richtig beschissen. Ich hatte es überhaupt nicht erwartet. Ich erwarte diese Migräneattacken eigentlich nie und sie sind richtig scheiße. Sie dauern zwar nur ein oder zwei Stunden, aber machen wirklich keinen Spaß.

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Vergleichen wir mal den ersten mit dem letzten Tag. Es klingt so, als wärst du am Ende in ziemlich schlechter Verfassung gewesen. Wie war dein fünfter und letzter Tag aber tatsächlich?
Das Komischste überhaupt war wohl, dass ich am ersten Tag kein bisschen betrunken geworden bin. Als ich hingegen den vierten Tag anging, habe ich mir zum Frühstück einen Coco Chanel gemacht und direkt danach wusste ich, dass ich betrunken war. Dieser Zustand hat dann auch den gestrigen Tag hindurch bis zu diesem Morgen angehalten. Jetzt gerade fühle ich mich ganz fit. Ich hatte Kaffee und ein paar Eier zum Frühstück und fühle mich definitiv wacher. Gestern war ich hingegen den ganzen Tag über sehr besoffen, was wirklich scheiße war. Den ganzen Tag, besoffen zu sein, ist—im Vergleich zu den ganzen Tag breit zu sein—einfach super langweilig. Ich fühlte regelrecht, wie die Zeit verstricht—wie sie qualvoll und frustrierend an mir vorüber zog. Es hat aber wahrscheinlich auch nicht geholfen, dass ich mich kaum an meinen Ernährungsplan gehalten habe. Ich hatte einen regelrechten Aussetzer, innerhalb einer Stunde habe ich Whiskey, Rum, Wodka und Tequila getrunken und das Ganze dann mit einer Bloody Mary abgerundet. Das war wahrscheinlich ein Fehler.

Warum hast du deinen Ernährungsplan am letzten Tag über den Haufen geworfen?
Ich fühlte mich … An den anderen Tagen bin ich einfach nicht so betrunken worden, wie ich zu Anfang gedacht hatte. Vom zweiten bis zum letzten Tag fühlte ich mich eigentlich durchgehend an der Schwelle zum Betrunken sein. Ich wollt es also einmal ausreizen und schauen, wie betrunken ich werden kann und was dann passiert. Ich machte mir ziemliche Sorgen ums Kotzen. Ich dachte wirklich, dass ich nach jedem Shot kotzen würde, aber das ist nie passiert. Es waren aber auch keine richtigen Kurzen. Ich hatte diese kleinen Plastik-Pinnchen, die man von Partys kennt. Ich schätze mal, da passt nur ein halber Shot rein. Ich fühlte mich wirklich furchtbar dabei, halbe Shots zu trinken und dann daran zu denken, einen weiteren Drink zu mixen. Ich hielt mich also daran, einfach einen Kurzen pro Stunde zu trinken und dann etwas anderes, damit ich später auch wieder aufwache, falls ich wegkippen sollte. Nach dem vierten Shot allerdings, war ich nicht … Der letzte war außerdem Tequila. Es war also ein bewusstes, „Jetzt bin ich gefickt.“

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Jetzt fühlst du dich wieder normal?
Ja, ich werde später noch ein bisschen Gras rauchen und dann werde ich mich wahrscheinlich noch besser fühlen. Es wird mir bestimmt auch helfen, den Kater zu bekämpfen. Eigentlich hat es jetzt auch nur einen Tag gedauert, bis ich mich wieder halbwegs normal gefühlt habe. Letzte Nacht, ziemlich spät, habe ich einen Salat gegessen, weil ich die Idee, noch einen weiteren Drink runterzuwürgen und bis heute nichts zu essen, einfach grauenvoll fand. Ich habe immerhin noch Einiges zu erledigen.

Salat war also deine erste Mahlzeit?
Technisch gesehen war die eingelegte Gurke vom dritten Tag meine erste feste Nahrung und der Salat war meine erste Mahlzeit. Es war großartig. Eigentlich hasse ich Salat. Es war ein Caesar Salad von Crepevine und ich hatte sogar das Gefühl, dass ich vor dem Essen beten sollte. Ich war so unglaublich hungrig. Ich kann immer noch nicht fassen, wie hungrig ich die ganze Zeit war.

Hatte die ganze Geschichte auch irgendwelche positiven Seiten?
Ja, durchaus. Einmal bin ich ausgegangen. Ich wollte, dass ein Cop einen Alkoholtest mit mir macht, weil ich nicht einschätzen konnte, wie betrunken ich bin. Das müsste die dritte Nacht gewesen sein. Ja, es war am Freitag. Ich wusste, dass Cops unterwegs sein würden, also bin ich losgezogen, um einen zu finden, der einen Test mit mir macht. Als ich mich dann mit einem Haufen Menschen durch die Massen von Bar-Besuchern bewegte, die ebenfalls sehr besoffen waren—allerdings nicht so wie ich, der sich traurig und einsam betrank— hatte ich dieses Gefühl von besoffener Kameraderie. Endlich verstand ich es. Ich verstand den sozialen Nutzen von Alkohol. Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben verstand ich das. Das war dann wohl auch das Beste an der ganzen Geschichte. Ich weiß nicht—insgesamt waren es jetzt nicht so viele großartige Momente.

Ich nehme also an, dass du den Ernährungsplan nicht unbedingt weiterempfehlen würdest?
Hm … Ich würde es so formulieren: Zu allererst, auf keinen Fall! Andererseits kann ich nicht sagen, dass es mich umgebracht hätte. Ich hatte mich im Vorfeld mit vielen Leuten darüber unterhalten: dem Supermarkt-Sommelier und allen meinen Freunden. Und wirklich jeder, dem ich davon erzählte, riet mir dringend von meinem Plan ab und sagte, dass ich daran bestimmt sterben würde. Am Ende bin ich jetzt nicht halb so schlimm aus der Sache gekommen, wie ich vermutet hatte. Ich hatte erwartet, dass ich fünf Tage rotzevoll durch die Gegend stolpern würde. Ich habe allerdings zwischen den Drinks Pausen eingelegt und es nicht übertrieben. Ich bin nicht so besoffen geworden, wie alle erwartet hatten. Wenn du aber vorhast, damit abzunehmen? Dann kann ich nur sagen, dass das eine Scheißidee ist. Ich bin vor und nach dem Experiment auf die Wage gegangen und habe exakt ein Pfund verloren. Das bringt also rein gar nichts.

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