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Todesstrafe

Eine deutsche Pharmafirma versucht, amerikanische Hinrichtung zu stoppen

In Nebraska soll eine Todesspritze verabreicht werden. Das deutsche Unternehmen Fresenius Kabi klagt dagegen.
Foto: imago | UPI Photo

Der Verurteilte liegt festgeschnallt auf dem Rücken. Der Vollstrecker des Todesurteils nähert sich und verabreicht die erste von insgesamt drei Spritzen. Durch das Narkosemittel schläft der Verurteilte langsam ein. Nun folgt ein Muskelrelaxans, das so hoch dosiert wird, dass es die Atemmuskulatur lähmt. Zuletzt spritzt der Vollstrecker dann Kaliumchlorid. Darauf stoppt das Herz. Der Verurteilte ist tot, das Urteil erfüllt. Ein Tag von vielen in den USA.

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Doch für die amerikanischen Gefängnisse und Behörden wird es seit Jahren zunehmend schwieriger, die Todesurteile zu vollstrecken. Verschiedene Narkosemittel stehen auf der Anti-Folter-Verordnung der EU, die den Export verbietet. Zusätzlich wehren sich Pharmaunternehmen mittlerweile dagegen, dass mit ihren Wirkstoffen Menschen umgebracht werden. Das deutsche Unternehmen Fresenius Kabi will jetzt eine geplante Hinrichtung per Todesspritze aufhalten. Es wehrt sich gegen Pläne des Bundesstaates Nebraska, das Herz eines zum Tode verurteilten Häftlings mit Kaliumchlorid aus ihrer Herstellung zu stoppen.

Dass die amerikanischen Behörden bei der Hinrichtung Kaliumchlorid und ein Muskelrelaxans aus ihrer Herstellung einsetzen wollen, stellt für das Pharmaunternehmen laut FAZ eine "erhebliche Rufschädigung" dar. Auch wenn Fresenius Kabi selbst keine Haltung zur Todesstrafe einnehmen wolle, lehne es das Unternehmen ab, wenn seine Arzneimittel für solche Zwecke verwendet werden, teilte es in einem Pressestatement mit. Erst im Juli klagte der US-Pharmazeut Avolgen im Bundesstaat Nevada gegen die Verwendung seines Narkosemittels bei einer Hinrichtung. Die Tötung wurde ausgesetzt.


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Im Bundesstaat Nebraska wurde die letzte Person 1997 hingerichtet – allerdings auf dem elektrischen Stuhl. Die sogenannte Todesspritze sollte erstmals 2011 eingesetzt werden. Das scheiterte jedoch, weil das indische Unternehmen, über das Nebraska die Wirkstoffe bezogen hatte, die pharmazeutischen Standards nicht erfüllte. Ähnlich begründet Fresenius Kabi die eigene Klage. In einem Statement stellt das Unternehmen fest: Die Justizvollzugsanstalt hat das Mittel weder von Fresenius direkt noch einer Vertriebsfirma gekauft. "Wir müssen schlussfolgern, dass die Arzneimittel von einem nicht-autorisierten Händler gekauft wurden", so das Unternehmen. Solche Händler könnten Transport und Lagerung nicht sachgemäß durchführen, daher seien die Mittel häufig in ihrer chemischen Zusammensetzung verändert, so das Statement weiter. Klingt gefährlich – ist es auch. Wirkt einer der drei eingesetzten Komponenten nicht richtig, können die zum Tode verurteilten Personen qualvoll ersticken.

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Denn die amerikanischen Behörden werden immer kreativer, um zum Tode verurteilte Menschen per Injektion hinrichten zu können. Nachdem die EU die Ausfuhr der bevorzugten Narkosemittel verbot und auch weitere internationale wie amerikanische Pharmafirmen die Nutzung untersagten, versuchte man, auf andere Narkotika umzusteigen – sogar auf solche, die eigentlich benutzt werden, um Tiere einzuschläfern. Eine deutsche Firma wurde erst im Juli dabei erwischt, wie sie Zolldokumente gefälscht haben soll, um das entsprechende Mittel in die USA verkaufen zu dürfen.

Aber auch wenn das Gericht im Sinne von Fresenius Kabi entscheiden sollte: Inwiefern damit nachhaltig Vollstreckungen von Todesurteilen verhindert werden, ist zweifelhaft. Und ob Fresenius Kabi erneut klagen will, sollte ein weiterer Bundesstaat ihre Wirkstoffe bei Hinrichtungen einsetzen, wollte das Unternehmen auf Anfrage nicht beantworten.

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