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Drogen

Marlene Mortler hat ihre erste kluge Entscheidung getroffen

Die Drogenbeauftragte will Naloxon-Nasenspray nach Deutschland holen. Das könnte Opioid-Konsumenten nach einer Überdosis das Leben retten.
Collage bestehend aus: Marlene Mortler imago/Müller-Stauffenberg Narcan: imago/ZUMA Press

Warum es in Bayern die meisten deutschen Drogentote gibt: unklar. Warum Cannabis in Deutschland verboten ist: weil illegal. Warum Alkoholkonsum unbedenklich ist: weil Kulturgut. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), hatte eine Menge Auftritte, in denen sie überfordert, schlecht informiert oder einfach ziemlich weltfremd wirkte. Nach vier Jahren Amtszeit und einer erfolglosen Petition für ihren Rücktritt, sorgte sie nun endlich für eine positive Überraschung: Mortler will, dass es Naloxon als Nasenspray bald auch in Deutschland gibt. Das könnte einigen Menschen das Leben retten.

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Mit Naloxon kann man einer Überdosis von Opioiden wie Tramadol, Fentanyl, Heroin oder Methadon entgegenwirken. Das Mittel ist ein reiner Opioid-Antagonist, das heißt, dass es Opiate von den Opiatrezeptoren im Körper verdrängen kann und so deren Wirkung aufhebt. Die Atmung setzt wieder ein und das Mittel holt Menschen selbst nach einer normalerweise tödlichen Dosis zurück ins Leben. Lässt die Wirkung des Naloxons nach, schwebt der Konsument allerdings wieder in Lebensgefahr, falls sich dann noch Opiate in seinem Körper befinden. Mortler setze "große Hoffnungen in Naloxon als Nasenspray, um Leben zu retten und so die Zahl der Drogentoten weiter zu reduzieren", sagte sie bereits bei einer Pressekonferenz im Mai, über die dpa am Mittwoch berichtete. Ab September sollen Konsumenten und Ersthelfer das Spray auf Rezept in Apotheken kaufen können. In Bayern führen es bereits 600 Menschen aus verschiedenen Zielgruppen mit sich. Sie nehmen seit Beginn des Jahres an einem Modellversuch teil, der noch bis 2020 läuft und anschließend von der Universität Regensburg ausgewertet wird.



In den USA, wo die Opioid-Krise so rasant immer mehr Tote fordert, dass selbst Donald Trumps alternative Fakten bei Twitter nicht mithalten können, tragen mittlerweile sogar Polizisten das Spray bei sich. Die New York Times schätzte in einer Hochrechnung für das Jahr 2017 die Zahl der Opioid-Toten in den USA auf knapp 62.500. Im Vergleich dazu wirkt die Zahl in Deutschland erstmal gering: Laut dem Institut für Therapieforschung in München starben 2017 insgesamt 848 Menschen an einer Überdosis oder an den Langzeitfolgen des Opioid-Missbrauchs.

Doch auch wenn die Zahl der Todesopfer in Deutschland zum Glück niedriger ist als in den USA, läuft der derzeitige Einsatz von Naloxon nicht optimal. Die Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert, dass Naloxon in Deutschland oft nicht verfügbar sei, wenn es wirklich drauf ankommt. Noch wird Naloxon nämlich gespritzt. Für Menschen, die überdosiert haben und oft nicht mehr orientierungsfähig sind, wird Selbsthilfe da schwierig. Naloxon als Nasenspray könnte schneller helfen. Ein Nasenloch verfehlt man nicht so einfach wie eine Vene.

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