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Scheißheiß: Der Sommer auf VICE

Was zur Hölle geht eigentlich mit Welsen?

"Riesenwels beißt Schwimmerin", "Monster-Wels aus der Donau gezogen", "Invasion der Welse", "Fisch frisst Hund" – was zur Hölle?

Lest hier auch, warum Gelsen das Letzte sind.

"Wie viele unschuldige Dackel müssen noch sterben?" titelt der Spiegel im Oktober 2001, nachdem ein anderthalb Meter langer Wels einen jungen Rauhaardackel in einem Parkteich in Mönchengladbach verschlungen haben soll.

Es gibt ein Mords-Tamtam: Weltweit berichten Medien über den angeblichen Vorfall, der vergebliche Versuch, den Riesenwels aus dem Weiher zu angeln, wird von zahlreichen Fernsehteams begleitet, Anrainer taufen den vermeintlichen Welpenfresser-Monsterfisch folgerichtig "Killerwels Kuno", vor Ort gründet sich die Gruppe "Kunos Freunde", die Songs über Kuno aufnimmt und auf CD veröffentlicht.

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Als zwei Jahre später schließlich ein lebloser Wels an der Wasseroberfläche treibt und auf Kunos Beschreibung passt, ruft die Gemeinde ihren legendären Dackelmörder für tot aus – sehr zum Missfallen seiner Fans, die den vermeintlichen Tod Kunos einfach nicht wahrhaben wollen. Ein bisschen so wie bei 2Pac. Aber hier geht es leider nicht um 2Pac. Hier geht es um Welse.

Welse sind Raubfische, die bis zu 100 Jahre alt werden und darüberhinaus die größten Süßwasserfische, die in europäischen Gewässern leben. Über das tatsächliche Maximum an Größe, das die Tiere erreichen können, gibt es unterschiedliche Ansichten – Berichte aus dem 18. Jahrhundert erwähnen beispielsweise einen fünf Meter langen Wels, heutzutage sollen sie noch in etwa drei Meter erreichen.

Erst 2016 wurde ein 2,25 Meter langer, toter Wels mit einem Kran aus der Donau geborgen. Mit einem Kran. Kräne bauen für gewöhnlich Hochhäuser.

Der natürliche Lebensraum des Welses ist das Sommerloch. Mit fast schon traditioneller Konsequenz gibt es jedes Jahr wieder Meldungen von verstörten Badegästen, die angeben, von einem Riesenfisch gestreift, gebissen, gezwickt, angegriffen worden zu sein.

Jetzt ist es nun mal so, dass viele von uns ein kleines, ziemlich unterschätztes Problem mit natürlichen Gewässern zu haben scheinen: Wir würden es nie offen zugeben, aber ein ganz kleines bisschen scheißen wir uns schon an, vor der Tiefe der Donau, der Dunkelheit eines Badesees, der Undurchsichtigkeit des Meeres.

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Gleichzeitig reden wir ständig auf uns selbst und andere ein, wie irrational und lächerlich diese Angst in Wirklichkeit ist. In einem Online-Forum zum Thema schreibt ein User: "Natürlich ist es eher unwahrscheinlich, dass in heimischen Badeseen irgendetwas Gefährliches lauert." Aber ist es das, unbekannter User? Ist diese Angst wirklich unbegründet? Hast du noch nie oe24 gelesen? Hast du überhaupt jemals vom Angriff der Killerfische am Wörthersee gehört? Hast du?

Aber mal im Ernst: Erst 2016 wurde ein 2,25 Meter langer, toter Wels mit einem Kran aus der Donau geborgen. Mit einem Kran. Nur, damit ihr das richtig versteht: Dieser Wels (zur Erinnerung: ein Raubfisch) war dermaßen kolossal, dass er mit einem Kran aus dem Wasser gehievt werden musste. Kräne bauen für gewöhnlich Hochhäuser.

Um die Wels-Causa nüchtern betrachten zu können, wäre es vielleicht sinnvoll, einen zoologischen Blick auf die Sache zu werfen. Denn gemäß Brehms Tierleben – einem renommierten Nachschlagewerk aus dem 18. Jahrhundert – wurden auch schon mal die "Reste eines Knaben" im Magen eines Welses gefunden. Na dann!

Tatsächlich haben Welse weder Killerinstinkt noch Appetit auf Menschen- oder Dackelfleisch. Die hauptsächlich nachtaktiven Viecher werden nur dann aggressiv, wenn sie ihre meist nahe des Ufers abgelegten Eier in Gefahr sehen – und selbst dann können sie uns mit ihren Stummelzähnchen nicht gefährlich werden. Etwaige Buben- oder Hundeüberreste in Welsmägen müssen also vorher schon tot gewesen sein.

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