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Warum die Berliner Clubs dem Stadtmarketing eine Abfuhr erteilt haben

Die Hauptstadt schmückt sich gerne mit ihrem Nachtleben, doch die Clubs haben wenig Lust, in schicken Werbefilmchen aufzutauchen. Was sinnvolle Alternativen wären, haben sie uns erklärt.
Bleiben lieber im Dunkeln: Berliner Clubs. Hier beim Atonal im Kraftwerk. Foto: Flickr/Mitch Altman/CC BY-SA 2.0

Letztes Jahr drehte die Berliner CDU einen Wahlwerbespot im Berliner Freiluft-Club Klunkerkranich. Dumm nur, dass die Partei mit dem Faible für Recht und Ordnung dafür keine Genehmigung hatte und das Video daher wieder offline nehmen musste. Die ganze Arie machte jedoch deutlich, dass sich die Berliner Politik mittlerweile gerne mit ihrer Club- und Feierkultur schmückt. Denn das Berliner Nachtleben gilt als cool und wirkt wie ein Magnet auf Touristen, Startups und Kreative. Auch die Marketingpartner der Hauptstadt sind sich dessen bewusst und versuchen, die Clubs für ihre Zwecke einzuspannen, wie eine Anfrage an die Berliner Clubcommission vor wenigen Tagen zeigte.

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Eine Tochtergesellschaft der offiziellen Agentur für Stadtmarketing bat dabei die Clubcommission um Hilfe bei einem Projekt. Man wolle gerne mit einem Club-Video zeigen, "was alles zu erleben ist in Berlin, an 365 Tagen pro Jahr und 24 Stunden pro Tag." Allerdings habe man Probleme, einen Club zu finden, der einen Dreh genehmigt. Lutz Leichsenring, Pressesprecher der Clubcommission, hat auf dieses Ansinnen eine deutliche Antwort gegeben – und diese anschließend auch öffentlich gemacht::

Das Statement liest sich, als wäre die Anfrage des Berliner Stadtmarketings anschließend mit einem großen Stempel mit der Aufschrift "abgelehnt" versehen worden. Warum diese pointierte Antwort?

Lutz Leichsenring erklärt auf Nachfrage von THUMP: "Es hat uns einmal mehr darin bestätigt, wie wenig diese Kampagnen-Macher von dem verstehen, was Berlin besonders macht." Derartige Marketingaktionen würden vor allem den Massentourismus stärken und damit diejenigen, "die sich nicht mit der Musik- und Clubszene identifizieren können, sondern nur auf Entertainment aus sind." Das Verhältnis zwischen Clubkultur und Stadtmarketing sei naturgemäß immer schwierig aber wenn die Agenturen "dann auch noch Bilder verwenden wollen, obwohl sie sich offensichtlich bewusst sind, dass es unerwünscht ist, dann muss man auch mal deutlich Stellung beziehen."

Ist eine Kooperation zwischen Clubs und Stadt also überhaupt gewollt? Einige Male gab es bereits ein gute Zusammenarbeit zwischen der Stadt, internationalen Partnerstädten und Clubs wie dem Tresor, Ritter Butzke oder Kater Blau, so Leichsenring. "Wir könnten uns sehr gut vorstellen, in einem Beratergremium regelmäßig Feedback zu geben", schlägt er vor, geht danach aber wieder sofort auf Distanz: "Ein Interesse, den Ausverkauf der Stadt voranzutreiben, haben wir allerdings nicht." Am besten beraten sei das Stadtmarketing, wenn es "auch auf Inhalte setzen würde und versucht, ein kulturinteressiertes Publikum ganz gezielt über Nischenmedien anzusprechen." Dafür fehle ihnen allerdings in der Regel das Szene-Know-How.

Was sinnvoll wäre – laut der Clubs

Überhaupt sei das beste Marketing für Clubs ihr Lineup. Ansonsten setzen die meisten Läden bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit "eher auf Understatement und sorgen dafür, dass man über sie spricht." Es werde "weniger auf bunte Bilder, Sonderangebote und Selbstverherrlichung" gesetzt. Das Berghain ist hierfür sicherlich ein anschauliches Beispiel, besteht dessen PR-Arbeit doch hauptsächlich aus der Suche nach illegal aufgenommenen Bildern aus dem Inneren des Clubs.

Die Clubs einfach machen zu lassen und ihnen gegebenenfalls unter die Arme zu greifen, ist daher für Leichsenring die beste Strategie. Schließlich sind Tresor, Watergate und Co die "authentischsten Botschafter, die auch schon für einen hervorragenden Ruf Berlins gesorgt haben, bevor es das Stadtmarketing überhaupt gab."

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