Alles, was wir über "Harald Hitler" wissen

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Hitler-Doppelgänger

Alles, was wir über "Harald Hitler" wissen

Das Hitler-Double aus Braunau konnte am Montagabend festgenommen werden. Aber wer ist der Mann eigentlich?

Foto von Peter Palme

Am Montagabend wurde der Mann festgenommen, der seit einigen Tagen als "Harald Hitler" für Aufsehen sorgte. Mit Seitenscheitel, Hitlerbärtchen und fest geknöpftem Trachten-Outfit streifte er durch Braunau, posierte vor dem Geburtshaus von Hitler für Fotos und ließ sich sogar mit Touristen fotografieren. In einer Buchhandlung soll er durch Zeitschriften über den Zweiten Weltkrieg geblättert haben, in einer Bar habe sich der Mann laut Medienberichten als "Harald Hitler" vorgestellt. Nachdem der Verfassungsschutz wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung ermittelt hatte, konnte der Mann, der auch schon in Wien und der Steiermark amtsbekannt ist, ohne Widerstand verhaftet werden.

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Harald Z., der mehreren Medienberichten zufolge 25 Jahre alt sein dürfte, kommt ursprünglich aus der Steiermark. Früher dürfte er zumindest hobbymäßig als Model und Schauspieler gearbeitet haben, wie eine kurze Internetrecherche zeigt. Es gibt mehrere Fotos, auf denen er beispielsweise mit nacktem Oberkörper posiert, auch bei einem Fotocontest der Tageszeitung Heute hat er ein Bild eingereicht, das veröffentlicht wurde. Auch in einer Folge der Puls4-Dating-Show Messer, Gabel, Herz war "Harry" im Jahr 2013 zu sehen, wo er seiner Herzdame oben ohne ein Dessert servierte.

Screenshot via Facebook

Screenshot via heute.at

Googelt man weiter nach seinem Namen, stößt man auf einen Eintrag auf der Filmplattform IMDb, dem zufolge Harald Z. in einem Kurzfilm namens Homophobia mitgewirkt haben soll. Die Besetzung des Filmes besteht nur aus wenigen Leuten, ein Mann, der in einer Szene in einer Gemeinschaftsdusche zu sehen ist, sieht dem späteren "Harald Hitler" bei genauerem Hinsehen ähnlich, ist jedoch nie vollkommen scharf zu sehen.

Als ich bei Gregor Schmidinger, dem Autor und Regisseur des Filmes, nachfrage, ob es sich bei dem Harald Z., der in seinem Kurzfilm zu sehen ist, um "Harald Hitler" handeln könnte, sagt er: "Wir denken, dass er es ist. Wir kennen ihn nicht wirklich und hatten nach der Premiere 2012 auch keinen Kontakt mehr mit ihm. Damals haben wir online nach Statisten gesucht und er hat sich gemeldet. Wir sind gerade ein bisschen perplex." Als ich ihm schreibe, dass es leicht denkbar wäre, dass sich Harald, der sich offenbar auch als Model versucht hat, als Statist für seinen Film gemeldet haben könnte, meint Gregor: "Er hat damals ständig davon gesprochen, dass er Model werden will. Er hatte damals auch eine eigene Facebook-Fanseite, aber die scheint es nicht mehr zu geben. Er ist es ziemlich sicher."

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Obwohl es diese Seite nicht mehr gibt, gibt es noch immer einige Fotos aus dieser Zeit auf Facebook. Eines dieser Fotos wurde im Jahr 2012 von Gleichlaut, einem Schwulenmagazin mit den Worten "Male-Model Harald Z. is ab sofort auch Teil von Gleichlaut und konnte sein Talent zum Modeln bereits einige Male zum Ausdruck bringen und strebt weitere große Ziele an" gepostet. Von einem User wurde das Bild auf verschiedene Gay-Seiten gepostet.

Screenshot via Facebook

Im Jahr 2015 gab Harald Z. schließlich eine Zeitschrift namens Das Arbeitertum heraus, die VICE vorliegt. Auf der zweiten Seite findet sich eine Zeichnung, die ihm selbst sehr ähnlich sieht.

Hier wird Harald Z. als Hauptschriftleiter und Medieninhaber genannt, ruft zum "Arbeiterstammtisch" auf und schreibt unter anderem über den sozialen Aufbau in der Arbeiterbewegung und die Aufgaben des Arbeitertums. "Die Liebe zur Heimat ist immer mit der Kenntnis von der Heimat verbunden und je lebendiger und tiefgreifender sie ist, umso echter und stärker wird auch die innere Verbundenheit des einzelnen zu seinem Vaterland sein." Weiter schreibt er in einem Text mit dem Titel "Einer unter 7 Milliarden": "Es geht um das Überleben einer ganzen Volksgemeinschaft. 1. Die Rettung muss erfolgen und 2. die neue Nation wird kraftvoll erblühen wie eine steirische Eiche."

Im Mai 2016 wurde der 25-jährige Harald Z. das erste Mal von der Öffentlichkeit wahrgenommen, als er im Hitler-Look bei der Pegida-Demonstration in Graz auftauchte. Damals hieß es von der steirischen Polizei auf Nachfrage gegenüber VICE, es habe keinen Vorfall gegeben und einen Bart könne sich jeder rasieren. Seit zwei Wochen soll Harald Z. nun in Braunau gemeldet sein und dort als Hitler herummarschieren – bis Montag.

Auf den ersten Blick wirkt das alles zugegeben ziemlich seltsam und wirr. In einem Interview mit oe24.tv sagte er beispielsweise, dass uns bald das größte Ereignis des Jahrhunderts bevorstehe – worum es  sich dabei genau handle, sei jedoch noch "Staatsgeheimnis". Es wirkt, als würde hier ein junger Mann mit verschrobenen Ansichten versuchen, seine zweifelhafte Berühmtheit aufgrund der aktuellen internationalen Medienberichte – und damit auch seinen eigenen Mythos – weiter auszubauen.

Der Kriminalbeamte und Rechtsextremismus-Experte Uwe Sailer erzählt im Gespräch mit VICE, dass Harald Z. für ihn vor allem ein Mann mit gesteigertem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit sei: "Er ist schon ein bisschen neben der Spur, aber durchaus auch belesen. Er vermischt das. Er wollte auch Geld für Interviews, ihm gefiel das, dass das die Medien weltweit aufgegriffen haben. Ich bezeichne ihn als Wichtigmacher-Burschi."

Verena auf Twitter: @verenabgnr

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