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frag eine hure

Eine Sexarbeiterin erklärt, wie du als Freiberuflerin mehr Geld aushandelst

Unsere persönliche Sexexpertin Lydia erklärt, wie du erfolgreich mit Kunden verhandelst, warum in deiner Muschi immer deine Regeln gelten sollten und was Männer zu echten Feministen macht.
Image by Cloud Studio via Stocksy

Lydia Faithfull arbeitet als Sexarbeiterin im Love-Ranch-Bordell in Nevada. Sie ist auf gute Gespräche und die Dominierung und Erniedrigung von Männern spezialisiert, küsst aber niemanden für Geld. In der Kolumne „Frag eine Hure" beantwortet sie regelmäßig intime Leserbriefe.

Liebe Lydia,

ich arbeite als freiberufliche Grafikdesignerin. Um meine Miete und meine Rechnungen zahlen zu können, ist es daher wichtig, dass ich erfolgreich verhandeln kann – meistens mit Männern. Hast du einen Rat für mich, wie ich sie dazu bringen kann, mir mehr Geld zu geben?

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Danke.
Hustlin'

Oh Hustlin',

ich beneide dich nicht um deine Situation. Als Sexarbeiterin habe ich immer die Möglichkeit, die Verhandlungen mithilfe meiner weiblichen Reize und ein paar Schmeicheleien zu meinen Gunsten zu lenken. Das würde ich dir zwar nicht raten, aber in gewisser Weise musst du dich auch selbst verkaufen. Männer engagieren Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten wollen. Ich muss meinen Tonfall ganz bewusst anwärmen, um in E-Mails herzlich zu wirken (dabei raubt mir jeder gekünstelte Smiley eine weitere Minute meines Lebens). Nichts amüsiert mich mehr als ein Mann, der nach meinem "Preis" fragt. Mein Preis ist deine Obergrenze, mein Freund. Ich sehe mich selbst gern als weiblichen Robin Hood, der den Wohlstand umverteilt.

Unsere Aufgabe ist es, ihr Budget offenzulegen, ohne direkt danach zu fragen. Dazu muss man seine Hausaufgaben gemacht haben und etwas recherchieren. Wenn meine lieben Kollegen mit einem bestimmten Klienten schon mal zusammengearbeitet haben, ist es am einfachsten, sie höflich nach ihren Erfahrungen zu fragen, um im Idealfall einen Eindruck davon zu bekommen, was er ihnen gezahlt hat.

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Steig immer mit einem hohen Gebot in die Verhandlungen ein. Dein Gegenüber mag vielleicht geschockt reagieren, aber lass dich davon nicht aus der Ruhe bringen. Fordere das ein, von dem du glaubst, das du es verdienst. Dennis Hof hat mir mal von einer Sexarbeiterin auf der Bunny Ranch erzählt, die mit einem Klienten um die Eigentumsurkunde seines Haus verhandelt hat, weil er pleite war. Die meisten Frauen hätten eingelenkt, wenn sie erfahren hätten, dass der Kunde kein Geld mehr auf dem Konto hat. Diese Frau sah darin ihre Chance und hat sie genutzt. Hut ab.

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Nachdem du deinen Preis genannt hast, musst du erklären können, wie du auf diese Zahl gekommen bist. Erklär ihnen in aller Ruhe, was sie dafür bekommen. Dann musst du deine Arbeit nur noch im besten Licht präsentieren. Außerdem ist wichtig, wann der Abgabetermin für die Arbeit ist. Wenn es besonders dringend ist und ich meine eigentlichen Pläne deswegen umwerfen muss, dann wird der Preis schon mal ganz sicher in die Höhe gehen. Lass einen unentschlossenen Mann niemals einfach so davon laufen. Ganz egal, was er sagt, er wird nicht zurückkommen.

Ich glaube aber auch, dass man seiner Stammkundschaft entgegenkommen sollte. Damit verdienst du dein Brot. Wenn ein Klient nett ist und immer wieder kommt, rechne das mit in deine Verhandlungen mit ein. Wir wollen die Kuh melken, nicht schlachten. Stammkunden machen zudem auch gute Werbung. Viele Sexarbeiter handeln zusätzlich zu ihrem Trinkgeld eine gute Bewertung raus.

Kenne deinen Wert und hab keine Angst, Kunden freundlich abzuweisen, wenn ihr euch nicht einigen könnt. Es ist auch vollkommen in Ordnung, ein kleineres, schlechter bezahltes Projekt zu machen – solange es dir nicht viel Zeit raubt. Schlecht bezahlte Aufträge sollten auch bedeuten, dass du sie mit wenig Aufwand erledigen kannst.

Mein Ratschlag an dich, Hustlin', würde daher lauten: Achte darauf, dass du viele verschiedene Einkommensquellen hast, sodass du die Freiheit hast, wenn nötig auch Nein sagen zu können. Finde einen Weg, wie du jede Menge potenzieller neuer Kunden triffst. Das muss letztendlich nicht einmal direkt was mit Grafikdesign zu tun haben. Du könntest zum Beispiel irgendein Event veranstalten. Ein größeres Netzwerk bedeutet letztendlich weniger Arbeit.

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Lydia Faithfull ist bei der Arbeit ein Meister im Verhandeln.

Liebe Lydia,

mein Freund hat ein Sexspielzeug: einen schicken, kleinen Vibrator. Er gehört ihm, er hat ihn aber mit anderen Frauen benutzt. Er sagt, dass er ihn nach jeder Verwendung immer sehr sorgfältig gereinigt hat und dass andere Frauen, mit denen er zusammen war, kein Problem damit gehabt hätten. Ich habe ihn schon gebeten, einen neuen für uns zu besorgen und das hat er auch getan, aber ich finde die ganze Situation trotzdem noch immer ziemlich befremdlich. Bin ich zu verklemmt? Sollte ich nicht einfach glücklich sein, einen Freund zu haben, dem es so wichtig ist, dass Frauen Spaß im Bett haben? Machen das Männer heutzutage so?

Hilfe!
Bad Vibes

Liebe Bad Vibes,

kein Mann darf etwas in dich reinstecken, wenn du nicht vor Begeisterung rufst: "Verdammt, ja!" Das gute Zureden von deinem Freund finde ich unangenehmer als die Frage der Hygiene. Mir ist vollkommen egal, ob seine vergangenen Sexpartnerinnen protestiert haben oder nicht. Wenn du Bedenken äußerst, sollte es überhaupt keine Diskussionen geben. Die beste Reaktion seinerseits wäre gewesen, den verfluchten Vibrator einfach in den Abfall zu werfen, dich an der Hand zu nehmen und zu sagen: "Komm, wir kaufen uns jetzt UNSER Sexspielzeug."

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Wenn jemand regelmäßig mit dir schlafen möchte, sollte es keine Diskussionen darüber geben, was du brauchst, um dich wohlzufühlen. Das Gleiche gilt für mich auch, wenn man sich in frischen, monogamen, locker gebundenen Beziehungen auf Geschlechtskrankheiten testen lassen möchte. Wenn ein Mann die Nase rümpft wegen der Kosten, dann darf er auch seinen Schwanz nicht in mich reinstecken. Deswegen hatte ich mit 34 Jahren auch noch nie eine Geschlechtskrankheit (und im Übrigen auch noch nie Angst davor, schwanger zu sein). Ich lasse es nicht zu, dass Männer meine Grenzen rücksichtslos übertreten. Aussagen wie "nur die Spitze" machen die verzweifelte, sexuelle Idiotie deutlich, der wir ausgesetzt sind. Hast du schon mal einen Mann angebettelt, etwas in ihn reinstecken zu dürfen? Nein? Ich auch nicht.

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Was die Hygiene betrifft: Ich habe dieselben Sexspielzeuge auch schon mit verschiedenen Klienten benutzt. Wir verwenden jedes Mal Kondome, die wir drüber ziehen. Selbst wenn ich ihn mit meinem Strap-on kneble, ist ein Kondom Pflicht. Das wirkt vielleicht total uncool, aber ich bin auch in romantischen Beziehungen ein großer Fan von Kondomen. Meine Muschi, meine Regeln.

Liebe Lydia,

als Mann, der versucht zu lernen, weniger bevormundend zu sein, wollte ich fragen, ob es irgendwelche subtilen Dinge gibt, die "nette Typen" tun, weil sie denken, es wäre verständnisvoll, progressiv oder positiv, aber eigentlich ganz anders rüberkommen?

Danke für deine Zeit und deinen Rat!
TryingToChange

Lieber TryingToChange,

Debatten wie die um "Nein heißt Nein" haben dafür gesorgt, dass es vielen Männern unglaublich wichtig ist, Frauen in den sozialen Medien zu versichern, dass sie "einer von den Guten" sind. Dieser Mist bringt aber rein gar nichts. Männer verdienen kein Abzeichen dafür, niemanden zu vergewaltigen. Hashtags wie #notallmen machen mich wirklich sauer, weil sie das Leid der betroffenen Frauen herunterspielen. Betroffene verdienen Mitgefühl, keine Abwehrhaltung. Wenn Männer feministische Verbündete sein wollen, sollten sie damit anfangen, anderen Männern zu sagen, dass sie niemanden vergewaltigen sollen.

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Süßholzraspeln macht mich genauso wütend. Es kommt oft vor, dass Männer versuchen, meinem Ego zu schmeicheln und mir sagen, was ich ihrer Meinung nach gerne hören würde, um mich zu entwaffnen. Es gibt nichts schlimmeres als die anwidernde Lobhudelei eines Fremden. Ein Freund von mir hat mir mal verraten, dass er nie mit Frauen an ihrem Arbeitsplatz flirtet, wenn sie dafür bezahlt werden, nett zu sein. Das fand ich immer einen sehr aufgeklärten Ansatz.

Am wichtigsten ist aber, dass du Frauen zuhörst. Wenn du einer Frau mit deinen unterbewussten Erwartungen zu Nahe trittst, frag sie, wie du anders hättest reagieren können und merk dir das für die Zukunft. Es scheint aber, als würdest du das sowieso schon tun. Weiter so.


Titelfoto: imago | Michael Weber