Auf der Dachterrasse eines Beiruter Clubs stehen zwei mit Planen abgedeckte Autos, im Hintergrund sind Palmen zu sehen; ein Fotograf hat die Überreste von Beiruts Nachtleben im Libanon dokumentiert
Die Aussicht vom beliebten Beiruter Club "The Gärten" | Alle Fotos: Anthony Saroufim
Popkultur

Fotos: In den Ruinen von Beiruts zerstörtem Nachtleben

Der libanesische Fotograf Anthony Saroufim zollt den Clubs Tribut, die durch die verheerende Explosion im Hafen 2020 schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Seit Anfang des vergangenen Jahres reiht sich für den Libanon eine Katastrophe an die nächste. Jahrzehnte der Korruption haben den Mittelmeerstaat in den finanziellen Ruin getrieben: Das Bruttoinlandsprodukt ist im Keller, und 74 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Das hat dazu geführt, dass Ende 2019 viele Libanesinnen und Libanesen auf die Straße gingen und eine Revolution forderten. Doch dann wurden diese politischen Bestrebungen – die immerhin zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Saad Hariri führten – durch die Corona-Pandemie wieder unterbrochen. Das tägliche Leben im Libanon kam durch die verhängten Lockdowns quasi zum Erliegen.

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Dann folgte am 4. August 2020 die riesige Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut, durch die 218 Menschen starben, rund 300.000 Leute ihr Zuhause verloren und materielle Schäden im geschätzten Wert von 3,5 Milliarden Euro verursacht wurden. Die Explosion verschärfte zudem nochmals die politische Krise im Libanon, da die nachfolgenden Ermittlungen ergaben, dass es ohne die grobe Fahrlässigkeit seitens der Behörden wohl nicht zu der Explosion gekommen wäre.

Zu den durch die Druckwelle schwer beschädigten Gebäuden gehörten auch einige von Beiruts beliebtesten Nachtclubs. In internationalen Clubbing-Kreisen wird das Nachtleben von Beirut oft in einer Liga mit Berlin, London und New York gehandelt. Techno-Legenden wie Sven Väth, Gerd Janson oder Henrik Schwarz traten in Clubs wie AHM oder The Gärten auf.

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Aber selbst in vielen der Clubs, die von der Explosion verschont blieben, hat die Party zumindest ein temporäres Ende gefunden. Da man im Libanon täglich mit einer massiven Treibstoff-, Wasser-, Strom- und Medikamenten-Knappheit zu kämpfen hat, steht Clubbing gerade nicht auf der Prioritätenliste. Wer keinen Generator besitzt, muss teilweise sogar mit nur einer oder zwei Stunden Elektrizität am Tag auskommen.

In Zeiten, in denen sich die Situation im Libanon immer weiter verschlimmert, erscheint es wie ein Luxus, sich Gedanken über die Zukunft der Musikszene von Beirut zu machen. Aber Clubs wie B018 und Ballroom Blitz geben den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt auch weiterhin einen Ort, an dem sie loslassen und sich frei ausdrücken können. Dort zu feiern, ist mehr als nur nachts in einem großen, dunklen Raum Musik zu hören und dazu zu tanzen. 

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Im März 2021 habe ich mich in den Ruinen der Clubs umgesehen, die mir früher so viel bedeuteten. Die dabei entstandenen Fotos habe ich mit einer analogen Kamera und allen möglichen Filmen geschossen. Da die libanesische Währung quasi nichts mehr wert ist, kann man nichts importieren. Fotoequipment ist somit nur sehr schwer zu bekommen, und man muss nehmen, was man kriegt. Einige meiner Filme für diese Fotoreihe waren deshalb schwarz-weiß oder bereits abgelaufen.

Ich verspürte einen gewissen Druck, diesen Clubs etwas zurückzugeben – auch wenn dort derzeit nichts los ist. Die Lichter sind vielleicht ausgegangen und die Musik ist erstmal verstummt, aber ich hoffe, dass das Leben eines Tages an diese Orte – und nach Beirut – zurückkehrt.

In einem kaum beleuchteten Club stehen verschiedene Dinge auf mehreren Wandregalen, es stehen verschiedene alte Möbelstücke herum

Der Club "Grand Factory" hat während der Pandemie sehr gelitten und wurde durch die Explosion im Hafen stark beschädigt. Den Besitzern ist es durch die schwierige wirtschaftliche Lage nicht möglich, den Club wieder auf Vordermann zu bringen. Er ist auch heute noch geschlossen

Vom Inneren eines Nachtclubs außer Betrieb aus überblickt man mehrere Gebäude

"The Gärten" in der Innenstadt von Beirut war früher einer der beliebtesten Clubs der Stadt. Heute sind die Türen dort weiterhin zu

Vor einem Metallzaun sammelt sich verschiedener Schrott, Matratzen und eine Affenstatue

Hinter dem Gebäude von "The Gärten" stapelt sich der Schrott – und eine King-Kong-Statue

Ein Metallkonstrukt steht auf einem Platz, es ist der Eingang zu einem Bunker/Nachtclub

Der Club "B018" – quasi das Berghain von Beirut – wurde 1994 eröffnet. Seit Kurzem herrscht dort wieder Betrieb, zudem gibt es inzwischen einen Ableger in Dubai

Eine Luftaufnahme zeigt einen großen Platz, auf dem sich der Eingang zu einem Bunker/Nachtclub befindet; im Hintergrund sind Kräne zu sehen

Beiruts berühmtester Nightlife-Bunker von oben

Das Häuserskelett eines ehemaligen Nachtclubs, überall liegt Schutt herum

Das "AHM" öffnete 2017 seine Türen. Weil der Club so nah zum Hafen lag, wurde er durch die Explosion komplett zerstört

Auf der Bar eines zerstörten Nachtclubs steht eine Flasche Wein

Die Überreste der Bar im "AHM"

Die Innenausstattung eines dunklen Nachtclubs in Beirut

Das "Ballroom Blitz" gehört zu den wenigen Clubs, die die Explosion unbeschadet überstanden haben. Seit Kurzem können die Leute dort wieder feiern

Vor der Garderobe eines Beiruter Nachtclubs stehen zwei Barhocker

Die Garderobe im "Ballroom Blitz"

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