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„Hardcore Henry“ ist der erste Kinofilm der Welt mit Egoshooter-Feeling

Endlich ein Actionfilm für die Generation, die mit First-Person-Games aufgewachsen ist.
Foto: Screenshot YouTube

90 Minuten lang aus der First Person Perspektive dabei zusehen, wie ein blutrünstiger Gegner nach dem anderen aus dem Weg geräumt wird—das mag für echte Call of Duty- oder Doom-Cracks schlicht tägliche Routine sein. Doch ein neuer Film bringt die aus Egoshootern bekannte, intensive First-Person-Geballer-View nun auch ins Kino.

Am 8. April fällt der Startschuss für HARDCORE HENRY, einen anderthalbstündigen Actionfilm, der nahezu ausschließlich mit zwei GoPro-Kameras gedreht wurde, welche sich auf dem Kopf des Protagonisten befanden. Als Zuschauer erleben wir aus der Perspektive von Henry, wie dieser benommen in einem Forschungslabor aufwacht. Kaum die Augen geöffnet, setzt Henrys Frau Estelle, die ihn gerade widerbelebt hat, Henry eine bionische Unterarmprothese auf. Henry ist also eine Art Cyborg. Damit sind auch wir Zuschauer eine Art Cyborg, denn bis zum Ende des Films werden wir von der Welt nichts weiter als das sehen, was Henry mit seinen Augen erblickt.

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Ärgerlicherweise bricht nach wenigen Minuten Gangster Akan in das Labor ein, schießt auf Henry und kidnappt Estelle. Ab diesem Zeitpunkt ist die Mission klar: „Zwischen dir und deiner Frau steht eine Armee. Also lass uns sie da rausholen", raunt dir ein mysteriöser Typ namens Jimmy ins Ohr. Und dann geht es los: Henry kämpft sich mit seinen Fäusten, Gewehren, Pistolen und Handgranaten seinen Weg durch die Armada an Bösewichten, mit denen Akan die Straßen der Stadt kontrolliert. Dank GoPro sind wir bei all dem Gemetzel so hautnah dabei wie wohl nie zuvor, und genau das ist laut Regisseur Ilya Naishuller auch die Stärke des Films:

„Als ich meine Crew briefte, was wir hier eigentlich machen, sagte ich: 'Wir werden Henry sein!' Und der einzige Weg, um Henry zu sein, besteht darin, dass jede einzelne Aufnahme— ohne Ausnahme—von einem Stuntman [mit einer Go-Pro auf dem Kopf] gemacht wird. Auch wenn wir einmal nicht seine Hände sehen, muss es sich so anfühlen, als wäre man der Typ selbst. Anderenfalls gibt es keine Immersion, und wenn es keine Immersion gibt, können wir auch gleich nach Hause gehen", so Naishuller im Interview mit Slashfilms.

Und so gab es insgesamt über ein Dutzend Stuntmen, die während der Dreharbeiten in die Rolle Henrys schlüpften und bei rasendem Tempo von Motorrädern oder auf das Dach eines Vans springen, was der Zuschauer mittels mitunter ziemlich wackligen Bildern durch die Augen Henrys miterlebt.

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Insgesamt 1.800 Computer-Generated-Imagery-Einstellungen rundeten dann die harte Arbeit der Stuntmen während unzähliger Proben und Reshoots ab und erweiterten das verwendete Kunstblut um digitale Körperflüssigkeiten oder entfernten Kamera-Rigs aus dem Bild.

Finanziert hatte Naishuller, der vor Harcore Henry bereits zwei Musikvideos im First-Person-Style gedreht hatte, das Projekt zu großen Teilen über eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo, die über 250.000 US-Dollar einbrachte.

Obwohl der Film nicht nur durch die First-Person-Perspektive, sondern auch zahlreiche weitere Stilmittel (Bösewicht Akan besitzt Superkräfte, Henry kann nicht sprechen, Jimmy besitzt mehrere Leben) an einen Egoshooter erinnert, erklärt Naishuller stets, nicht die Absicht gehabt zu haben, ein Videospiel zu verfilmen.

„Ich liebe Videogames. Aber wir haben hier kein Videospiel gemacht. Es ist ein Film, der mit der Absicht inszeniert wurde, dass Leute, die gerne ins Kino gehen, den Film sehen und vollkommen überwältigt sind. Sollten sie auch noch Gamer sein, ist es für sie vielleicht ein Extra-Kick."

In der Tat, Hardcore Henry dürfte für Actionfilmfans mindestens genauso attraktiv sein wie für Gamer und spricht mit seiner visuellen Ästhetik vor allem die Generation der Kinogänger an, die mit der Ästhetik von Videospielen à la Call of Duty aufgewachsen ist.

In einer Zeit, in der Bewegtbild aus Internet und Videospielen zunehmend Einzug in Kino und TV hält, ist Naishuller nun die erste technische überzeugende Umsetzung dessen gelungen, was auch schon die Videospielverfilmung von Doom versucht hatte: den Zuschauer immersiv in die Rolle des Protagonisten zu versetzen. Was in dieser Hinsicht möglich sein wird, sobald die ersten Videospieladaptionen für Virtual-Reality-Kinos produziert werden, bleibt abzuwarten.