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Hardcore-Bakterien zwingen die NASA zur Entwicklung neuer Putzmittel

Die NASA sucht neue Wege, Ihre Raumfahrzeuge zu reinigen, denn manche Bakterien überleben hartnäckig alle bisherigen Mittel.

Mit dem Unterdruck des Staubsaugers säubern wir die Fußböden unserer Wohnung. Doch nicht einmal absoluter Unterdruck—das Vakuum des Alls—kann bestimmten krassen Bakterien etwas anhaben, die auf unseren Raumfahrzeugen per Anhalter durch das Sonnensystem fahren.

Heftige Temperaturen, die zum Beispiel im Erdorbit zwischen -250 und +250 Grad Celcius schwanken, und starke Raum- und Sonnenstrahlung verleihen dem All seine bekannte Lebensfeindlicheit. Trotzdem scheinen manche Bakteriensporen wie dafür gemacht auch unter solchen Bedinungen zu überleben. Neue Untersuchungen zeigen nun, dass Raumfahrtbehörden neue Mittel finden müssen, um ihre Raketen vor interplanetaren Missionen zu desinfizieren.

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Als bekannt wurde, dass Bärtierchen (Tardigrada) das Vakuum des Alls überleben können, hat das viele neue bedeutende Fragen aufgeworfen: Wenn sie im All überleben, kommen sie vielleicht von dort? Wie viele überlebensfähige Wesen befördern wir eigentlich nach da oben? Und wie weit?

Vorsichtshalber sterilisiert die NASA schon lange alle ihre Planetensonden. Denn der UN-Weltraumvertrag verbietet Kontamination von potentiell fruchtbaren Welten durch irdische Keime. Außerdem wäre es auch ziemlich peinlich, auf einem fernen Planeten Leben zu entdecken, um dann festzustellen, dass man es selbst mitgebracht hat. Deshalb gilt im All: nicht nur sauber sondern rein heißt gleichzeitig lebensfrei.

„Beim Säubern von Forschungssatelliten herrscht immer noch die Annahme, dass die anvisierten Lebensformen die heftigen Bedingungen im Raum nicht überleben." erklärte Kasthuri J. Venkateswaran, ein NASA Forscher, im Interview mit Keith Cowing von Astrobiology. Venkateswarans eigene Untersuchungen haben jedoch Bakterien gefunden, die sich in Sporen einkapseln und so sogar an einer 7-monatigen Reise zum Mars oder einem 5-jährigen Flug zum Jupiter-Mond Europa unversehrt teilnehmen könnten und dort, im vermuteten Ozean unter dem Eis, erneut aufleben.

Die Sporen von Bacillus pumilus SAFR-032 hatten besonders starke Widerstandskräfte gegen übliche Raumfähren-Putzmittel wie ultraviolette Strahlung, Wasserstoffperoxid-Duschen und Vakuum-Behandlungen. Außerdem überlebte der Einzeller 18 Monate im Vakuum in einer kleinen Kammer an der Außenhülle der ISS, vor allem durch seine hohe Proteinkonzentration im Zellinnern. Aus dem gleichen Zeug sind sich auch die Verwandten vom Typ Bacillus subtilis 168 beschaffen.

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Vor dem Hintergrund, dass außerhalb unseres Planeten bisher kein Leben gefunden wurde, erscheint dieser Putzwahn vielleicht hypochondrisch. Aber ein sauberes Raumfahrzeug ist nunmal die Bedingung dafür, ausserirdisches Leben zu finden, von schmutzigen Aliens mal abgesehen. Und was eine Kontamination eines anderen Ökosystems mit unseren Bakterien anrichten würde, probiert man lieber gar nicht erst aus.

Trotzdem hat die NASA bisher „nur eine zertifizierte Methode um Raumfahrzeuge zu sterilisieren—Dry Heat Microbial Reduction", kurz: trocken erhitzen. Das aber vertragen die heutigen kleineren, leichteren Satelliten und Sonden nicht. „Wir nutzen heute Materialien, die nicht für trockene Hitze gemacht sind." sagte Karen Buxbaum, selbst NASA Forscherin, in einem Interview mit Space Daily. „Die Elektronik, bestimmte Kleber, optische Oberflächen und synthetische Materielien sind nicht kompatibel mit dieser Form der Sterilisation."

Also sucht die NASA nach neuen Mitteln, um ihre Vakuumgefährte sauber zu kriegen. Manche Astrobiologen, wie Alberto Fairén von der Cornell University und Dirk Schulze-Makuch von der Washington State University, behaupten jedoch, dass dieses Vorgehen dem Geld aus dem ISS-Fenster werfen ähnelt:

„Wenn die Erforschung von Planeten unter einem schmalen Budget leidet, dann ist es dringend notwendig, unnötige Kosten zu verhindern und die begrenzten Gelder der Steuerzahler in Missionen zu stecken, die uns wirklich etwas über andere Planeten lehren."

Die Wissenschaftler vermuten, dass Bakterien zwischen Mars und Erde schon seit Milliarden Jahren ausgetauscht werden und die NASA sich unnötig den Kopf zerbricht, besonders über die nahe Zukunft. Aber je weiter sich unsere Ambitionen in die Ferne richten, desto gefährlicher könnte diese Argumentation werden. Auf dem Jupiter Mond Europa könnte es durchaus außerirdische Lebensformen geben und in deren Vorgarten will man vielleicht nicht gleich mit den ultimativen Kampfbakterien einfallen.