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Ich habe mit dem Enkel von Jacques Cousteau am Boden des Meeresgrunds geskypt

Fabien Cousteau lebt über einen Monat lang in einem Unterwasser-Labor. Lang genug um jeden Tag viele Stunden am Stück tauchen zu können.
Bild: Mission 31

Am 1. Juni sind sechs Taucher knapp 20 Meter in die Tiefe getaucht, um dort Aquarius zu betreten—das vor der Küste Floridas liegende, weltweit einzige bewohnbare Unterwasserlabor. Erst nachdem sie 31 Tage lang dort unten geblieben sind, werden sie am 2. Juli wieder auftauchen.

Die Teilnehmer von Mission 31 werden damit einen neuen Rekord in Sachen Aufenthaltsdauer auf der Ozeanbasis aufstellen, während sie ausgiebig die dortigen Korallenriffen und ihre Bewohner, sowie die Auswirkungen des Unterwasserlebens an sich selbst untersuchen. In jedem Fall dürfen sie sich offiziell Aquanauten nennen, da sie lange genug unter Wasser bleiben werden, dass sich ihr Körper an den dort herrschenden Druck gewöhnt.

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Die Expedition wird von Fabien Cousteau geleitet, der damit eine lange Familientradition fortsetzt. Er ist der Enkel des berühmten französischen Ozeanografen und visionären Tauchers Jacques Cousteau, der in den 1960er Jahren ein Unterwasserhabitat mit dem Namen Conshelf Two erschaffen hat, was auch als Kulisse für seine berühmte Dokumentation World Without Sun diente.

Fabien selbst tritt nun mit seinem längeren Ausflug auf den Meeresgrund endgültig in die Fußstapfen seines Großvaters. Auf der Webseite von Mission 31 kannst du dir per Livestream anschauen, wie es ihm so ergeht. (Das Signal von einem der Video fällt gelegentlich aus, aber ich kann dir versichern, dass da unten trotzdem alles in bester Ordnung ist. Vermutlich geht auch das Leben auf dem Meeresgrund nicht ohne die ein oder andere Panne über die Bühne.)

Ich habe mich mit Fabien für ein Skype-Gespräch verabredet—und das funktionierte ziemlich einwandfrei, zumindest solange der Wellengang nicht zu stark wurde. In Florida war es gerade 6:30 morgens und die ersten Lichtstrahlen erreichten den submarinen Lebensraum. Während wir skypten konnte ich durch das Fenster gemächlich einige Fische an Fabien vorbeiziehen sehen.

Ich habe Fabien ein wenig über seine wissenschaftliche Arbeit und das Leben unter Wasser ausgefragt, während seine Kollegen von der Florida International University (die Aquarius auch betreiben) schon in der Umgebung umher tauchten.

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MOTHERBOARD: Warum hast du dich entschieden einen ganzen Monat Unterwasser zu leben?

Fabien Cousteau: Zunächst mal haben wir dadurch einen ganzen Mondzyklus lang Zeit für unsere wissenschaftliche Arbeit. Das ist eine sehr seltene, wenn nicht gar einzigartige Sache, insbesondere hier in Verbindung mit dem einzigen maritimen Unterwasserforschungszentrum der Welt.

Es ist sehr, sehr effizient an der letzten Grenze der Menschheit zu leben, auf dem Meeresgrund. Es erlaubt uns an 31 Tagen Daten zu sammeln, für die du mit einem Boot ein ganzes Jahr brauchen würdest.

Außerdem möchte ich gerne auch symbolische Gründe anführen: Mein Großvater hat 1963 das Unterwasserdorf Conshelf Two gebaut und sein Team lebte und arbeitete dort 30 Tage lang, um alle möglichen Daten und Proben aus der Unterwasserwelt zu sammeln. Wir wollen nun Informationen finden über die Auswirkungen des Klimawandels, zum Thema Verschmutzung, sowie zu Fragen von Jäger-Beute-Verhalten. Hierfür arbeiten wir mit der Florida International University, der Northeastern University und dem MIT zusammen.

Fabien Cousteau. Bild: Mission 31

Was hat sich verändert seit den Expeditionen deines Großvaters?

Bestimmte Dinge haben sich gewandelt, während andere gleich geblieben sind. So ist der grundsätzliche Ansatz zum Unterwasserdasein in einem dafür entwickelten Habitat ziemlich ähnlich geblieben. Damals wurden zum Beispiel bestimmte Druckkochtöpfe verwendet, um Equipment trocken und ohne Einwirkungen des Drucks nach unten zu transportieren. Wir machen heute genau dasselbe, nur dass unsere Druckkessel wesentlich robuster sind.

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Insgesamt ist unsere Technologie natürlich sehr viel moderner. Dass du 20 Meter unter dem Meeresspiegel per W-Lan chatten konntest, so wie wir es gerade tun, war damals undenkbar. Wir können so von hier aus ein kleines Bildungsprogramm durchführen, und mit Schulen, Universitäten, Aquarien und Museen überall auf der Welt kommunizieren.

Erstmals können die Erfahrungen einer Cousteau-Expedition in Echtzeit mit der Welt geteilt werden. Ein unbezahlbares Werkzeug, dass für uns als Landbewohner selbstverständlich ist. Aber als Meeresbewohner weißt du diese Möglichkeiten wirklich zu schätzen.

Was sind die größten Herausforderungen, wenn du am Meeresgrund lebst?

Wir haben ziemlich wenig Platz. Aquarius hat ungefähr die Größe eines klassischen Schulbus: 13 Meter lang und 2,5 Meter breit. Darin müssen wir sechs Bewohner und alles, was wir für 31 Tage Unterwasser brauchen, Platz finden. Aber bis jetzt kommen wir mit den Herausforderungen ziemlich gut klar. Auch dass wir nur bei ruhiger See W-Lan Empfang haben ist eigentlich kein Problem.

Die Aquanauten von der Aquarius. Bild: Kip Evans

Wie sieht dein Alltag aus?

In den vergangenen Tagen sind wir meist zwischen vier und sechs Uhr morgens aufgestanden. Dann tauchen wir zwischen sechs und zehn Stunden und gehen um 11 Uhr Abends wieder ins Bett. Natürlich gibt es über den ganzen Tag verteilt auch immer wieder die verschiedensten Aufgaben zu erledigen.

Wir verwenden die neuesten wissenschaftlichen Technologien, wie zum Beispiel handliche dreidimensionale sonografische Echolot-Systeme, mit denen wir Videobilder durch die Audiosignale machen können. Wir brauchen also kein Licht, um ein Bild eines Korallenriffes zu machen. Das ist großartig, denn es greift weniger in die Umwelt ein und wir können die Riffe mit einer nie dagewesenen Methode untersuchen.

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Nach 18,5 Stunden sind wir wieder kompatibel mit euch Landbewohnern.

Woran forscht ihr aktuell?

Wir arbeiten an mehreren für unsere Spezies bedeutenden Projekten. Da wären zunächst einmal die Auswirkungen des Klimawandels, die Verschmutzung der Weltmeere und die Folgen für die Korallenriffe—die Regenwälder des Meeres.

Wir analysieren auch die Angstreaktionen in Räuber-Beute-Beziehungen. Wie reagieren Fische, die Futter für Raubtiere sind? Und wann ergreifen diese die Chance sich das Essen zu schnappen?

Abgesehen davon untersuchen wir natürlich auch uns selbst. Ich habe hier meine Schlafuhr am Handgelenk, mit der wir unsere Schlafzyklen analysieren. Wir haben nur sehr begrenzt Licht hier unten, und das beeinflusst natürlich die Schlafmuster. Und natürlich gibt es viele anekdotische Analysen dazu, wie sich das Leben eines Menschen bei so einem langen Zeitraum Unterwasser verändert.

Fabien Cousteau kommt auf Aquarius an. Bild: Kip Evans

Du hast erwähnt, dass du für bis zu zehn Stunden pro Tag tauchst. Wie ist das in dieser Tiefe möglich, ohne krank zu werden?

Das abenteuerlichste am Leben in einem Unterwasserhabitat, besteht eigentlich darin, dass du dich an den Druck gewöhnst, und das ermöglicht dir das Tauchen über solch lange Zeiträume ohne die Schwierigkeiten, die du hättest, wenn du von der Oberfläche aus tauchen würdest. Wenn du von oben heruntertauchst bleibt dir nur eine sehr begrenzte Zeit am Meeresboden aufgrund all der notwendigen Pflichten der Druckentlastung.

Der Nachteil an der Sache ist natürlich, dass wir hier unten für die ganze Länge unsere Mission bleiben müssen, wenn wir einmal hier sind. Und dann müssen wir einen sehr langen Prozess der Dekompression durchlaufen. Nach 18,5 Stunden sind wir wieder kompatibel mit euch Landbewohnern.

Noch stehst du am Anfang deiner Zeit da unten. Wie würdest du sagen, läuft es bisher so?

In den ersten vier Tage habe ich erstmal langsam erfahren, was mich überhaupt erwartet, wie ich Dinge fühlen kann, und wie die Alltagsroutine auf so engem Raum mit sechs Menschen aussieht. Ich denke, dass wir langsam an einen Punkt kommen an dem wir sehr effizient mit unserer Zeit umgehen: Wir sind ziemlich schnell im Anlegen unsere Ausrüstung und wir sammeln viele wissenschaftliche Daten. Und wir machen alles in allem ziemlich viele coole Bilder, die wir alle live auf unsere Webseite mission-31.com teilen.