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Dylan Harris will dich zum Partymachen nach Nordkorea, Äthopien und Kurdistan bringen

Als Party- und Reiseveranstalter ist Harris erfahren, was das Aufspüren von Musik an “schwierigen Orten” angeht.

Es ist wieder soweit: Das Jahr neigt sich dem Ende. Dein Posteingang quillt über, dein Gehirn weicht immer mehr auf, dein Körper ist immer geschundener und deine Batterien sind noch leerer als sonst. Also sitzt du da, scrollst dich durch die Billigflüge ins Nirgendwo, so wie du es schon hunderte Male getan hast, ohne deine Trägheit auch nur ansatzweise zu verstecken. Du wolltest vor sechs Monaten keinen Zehn-Euro-Flug nach Malle und ehrlich gesagt willst du ihn jetzt auch nicht. Was für ein trauriges Dasein du doch fristest.

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Aber wäre es nicht schön, aus deiner Lethargie gerissen zu werden? Wäre es nicht schön, irgendwo hinzufahren, wo es wirklich neu, frisch und aufregend ist? Aber du weißt gar nicht, wo du anfangen sollst. Was für ein trauriges Dasein du doch fristest.

Und weil du so ein trauriges Dasein fristest, geben dir Männer wie Dylan Harris so ein schlechtes Gefühl. Er ist der Kopf hinter Lupine Travel, einer besonderen Reiseagentur, die Touren an einige der faszinierendsten, abgelegensten und "schwierigsten" Orte der Welt anbietet und das zu wirklich erschwinglichen Preisen. Er hat bereits eine Menge Events, Partys, Clubnächte und Gigs veranstaltet und das überall—von Westafrika bis Nordkorea. Sein Twitter-Account ist eine Angelegenheit stiller Schönheit, eine ungezwungene Dokumentation eines Lebens, das ihn an einige der abgelegensten Ecken der Welt geführt hat, und das mit der Sorglosigkeit des "Fichtelgebirge '92"-Albums deiner Oma bei Facebook.

Harris ist, wie du dir sicherlich denken kannst, ein beschäftigter Kerl, also war ich etwas unruhig, als ich ihn während eines kurzen Abstechers in seine Heimatstadt Wigan anrief. Wir sprachen über Musik, die unendlichen Freuden des Reisens und warum es keine gute Idee ist Bez, den legendären Tänzer der Happy Mondays, ausgerechnetnach Nordkorea zu bringen.

THUMP: Ich würde gerne die Geschichte hinter Lupine Travel erfahren. Wo hat alles angefangen?
Dylan Harris: Also im Prinzip habe ich Lupine Travel 2008 gegründet. Davor habe ich eine Musikfirma betrieben, die Clubnächte veranstaltet und ein kleines Plattenlabel gemanagt hat. Es begann Anfang der 2000er mit der Indieszene und Gigs in Wigan—Bands wie Arctic Monkeys, Foals, Pete Doherty. Anfangs waren die Clubnächte nur in Wigan, dann auch in Manchester und Liverpool.

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Einer der Clubs warf 1000 Pfund die Nacht ab, und dieses Geld erlaubte es mir, eine Menge zu reisen und meine Kontakte auf der ganzen Welt aufzubauen. Mitte der 2000er lief das ziemlich gut. Ich hatte zu dieser Zeit recht viel Freizeit, also bin ich viel gereist und zwar an immer ungewöhnlichere Orte. Ich glaube, es war um 2007, bei einem Trip nach China, als ich es zum ersten Mal nach Nordkorea rein schaffte.

Als ich zurückkam, dachte ich, dass es mehr Leute geben muss, die daran interessiert sind. Und ich fing an, all die Kontakte zusammenzutragen, die ich auf der Welt hatte. Die ersten Reisen waren Nordkorea, die transsibirische Eisenbahn und einige andere. Es hat wirklich alles damit angefangen. Seither haben wir immer mehr Ziele hinzugefügt. Versucht, interessante Sachen an "schwierigen" Orten zu entdecken. Es dreht sich alles darum, Vertrauen und Verbindungen zu Leuten in den Ländern, in die wir reisen, aufzubauen.

Harris im irakischen Teil Kurdistans

Wo treffen die beiden Welten aufeinander, dein Leben in der Musik und das als Reiseveranstalter?
Ich versuche immerzu sie zu verbinden. Wir versuchen immer in die örtlichen Musikszenen der Länder einzutauchen, die wir besuchen. Das wird meine dritte Reise nach Sierra Leone und ich denke, ich werde es endlich schaffen, einige lokale Musiker aufzuspüren, was natürlich toll ist.

Ich arbeite derzeit daran, ein paar Musiker mit nach Nordkorea zu nehmen. Wir versuchen auch, einige nordkoreanische Musiker hierher zu bringen, was natürlich ein sehr sensibler Prozess ist. Das ist sicherlich ein Langzeitprojekt. Vor etwa sechs Monaten dachte ich, dass ich einen Durchbruch geschafft hätte, aber mein Kontakt in der Botschaft dort setzte sich in den Süden ab. Ich kannte ihn seit Jahren, aber eines Tages verschwand er einfach. Also muss ich wieder von vorne anfangen. Sie waren allerdings überraschend angetan von der Idee.

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Die Reisegeschichten vermischen sich nicht immer mit der Musik, aber da es meine beiden großen Leidenschaften sind, versuche ich Projekte zu bekommen, wo sich beides so gut es geht überschneidet. Ich habe einige Sachen mit Bez von den Happy Mondays gemacht, habe ihn als DJ überall von Scunthorpe bis Estland mit auf Tour genommen. Ich wollte schauen, ob ich etwas in Nordkorea für ihn arrangieren könnte, nur um zu sehen, wie weit ich die Dinge treiben kann—bis mir klar wurde, dass mich mit Bez in Nordkorea nichts anderes erwarten würde als eine lange und anstrengende Haftstrafe für uns beide.

Die Musikszene welches Landes hat dich am meisten überrascht?
Der Iran gehört zu den Großen. Es gibt dort eine wirklich florierende Partyszene, trotz der offensichtlichen Herausforderungen und Gefahren. Aber auch Äthiopien ist so ein Ort. Musikalisch gesehen ist es wahrscheinlich das Highlight aller Orte, an die ich Leute bringe. Im Gegensatz zum Iran sind die Dinge nicht versteckt, es ist alles öffentlich. Es gibt Clubs, die von traditioneller Musik über Ethio-Jazz bis hin zu brandneuem äthiopischen Techno alles bieten. Es findet hauptsächlich in der Hauptstadt Addis Abeba statt, aber auch im Osten, in den überwiegend muslimischen Gegenden wie Harar kannst du kleine Underground-Clubs finden, in denen eine Menge verschiedener Sachen laufen.

Welches Land hat sich Sachen Zugang oder völliger kultureller Verschiedenheit als am schwierigsten herausgestellt?
Das ist definitiv Nordkorea. Die Abende für Touristen bestehen dort meistens aus Besuchen der Hotelbars. Es gibt auch Karaokeläden, aber das ist alles streng kontrolliert. Es sind nur Touristen dort, auf keinen Fall irgendwelche Einheimischen außer die Hostessen.

Auf privaten Ausflügen dort hatte ich weitaus mehr Zugang zu Orten abseits der Touristenpfade und nachdem ich mehr als die meisten gesehen habe, bin ich ziemlich sicher, dass es nichts wie eine verborgene Szene gibt. Es gibt schäbige Hinterhofkneipen, zu denen Touristen keinen Zutritt haben—sie sind voller Einheimischer, aber es läuft nie irgendwelche Musik dort. Das Einzige, was du hören kannst, ist das Klirren von Gläsern und laute betrunkene Stimmen, die sofort verstummen, sobald sie sehen, dass ein fremdes Gesicht eintritt.

Ich habe mit den Leuten, mit denen ich dort zusammenarbeite und zu denen ich eine enge Beziehung habe, über das Nachtleben in Großbritannien gesprochen und sie finden es schwer zu verstehen. Für sie ist das ein vollkommen fremdes Konzept und da sie keine kulturellen Referenzpunkte haben, zu denen sie es in Beziehung setzen können, finden sie es einfach schwer zu verstehen. Selbst als ich ihnen meine Arbeit als DJ erklärt habe, konnten sie nicht begreifen, warum Leute dafür bezahlen, in einem Club zu stehen und jemandem zuzuhören, der aufgenommene Musik abspielt. Ecstasy hat Pjöngjang eindeutig noch nicht erreicht.

Ich war eines Tages auf einer langen Busreise und gab dem mir von der Regierung zugeteilten Führer meinen iPod zum Hören. Ich sah irgendwann zu ihm herüber und er hatte einen Ausdruck von Schrecken und Ekel im Gesicht. Ich sah runter, um zu sehen, welcher Track gerade lief, es war "Totally Wired" von The Fall. Bevor ich das Land verließ, gab er ihn mir wieder und sagte mir, dass er sich beinahe die ganzen 80 GB in Ausschnitten angehört hatte und der einzige Künstler, den er mochte, war Michael Jackson.

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