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Popkultur

Jesse Eisenberg spielt in The Double seinen eigenen Doppelgänger

Unsere Doku blickt hinter die Kulissen des neuen Films von Richard Ayoade. Erfahrt, mit welchen Techniken die Macher von The Double die albtraumhafte Welt aus Fantasy und Science-Fiction und den darin gefangenen Protagonisten erschaffen haben.

Fotos: Dean Rogers, Videogame-Stills: Framestore

Der Bürokrat Simon James (Jesse Eisenberg) ist ein echter Niemand. Und er sieht sich doppelt. Ein neuer Arbeitskollege in seiner Firma geht ihm im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut. Er läuft wie Simon. Er spricht wie Simon–und für seine Freunde und Mitarbeiter (darunter Simons Schwarm, gespielt von Mia Wasikowska) ist er auch Simon. Nur Simon selbst merkt es. James Simon (ebenfalls gespielt von Jesse Eisenberg) der personifizierte Albtraum.

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Wir sprechen hier von The Double, dem neuesten Film von Regisseur Richard Ayoade, in Zusammenarbeit mit Magnolia Pictures. The Double basiert auf einem Roman von Dostojewski aus dem Jahr 1846, der denselben Namen trägt (das Original lest ihr hier). Ayoade führt diese Geschichte in einen tiefen Untergrund, ein unentwirrbares Universum aus Rädchen und Spiralen mit verdächtigen Charakteren, die alle zu Simons zunehmender Verwirrung beitragen.

„Es ist kein reiner Horrorfilm. Es ist keine reine Komödie. Ich denke, das Buch ist eine Art Abstieg in den Wahnsinn und es geht um eine Art aufgeblasenen Bürokraten, der sich gedemütigt fühlt, weil niemand von ihm Notiz nimmt‟, so Ayoade in unserer Doku über The Double (oben im Player). „Nur ein echtes Genie von einem Schriftsteller, das Dostojewski offensichtlich ist, kann dich emotional so packen. Wenn man so etwas liest, wird man süchtig danach, und will immer weiterlesen.‟

Regisseur Richard Ayoade im Gespräch mit Schauspieler James Fox

Bevor er mit dem Dreh beginnen konnte, musste Ayoade noch den richtigen Schauspieler finden, der gleichzeitig Simon James und James Simon spielen konnte. "Es geht im Wesentlichen darum, dass es körperlich keinen Unterschied zwischen diesen beiden Charakteren gibt. Dennoch fühlt sich jeder vom Einen mehr angezogen als vom Anderen. Wir brauchten jemanden, der das auf überzeugende Art und Weise umsetzen konnte. Und Jesse vermag es, zwischen den Charakteren auf subtile Art und Weise zu unterscheiden. Er ist einer dieser Schauspieler, die technisch sehr präzise und gleichzeitig emotional dabei sein können. Knifflig wird es, wenn beide in derselben Einstellung zu sehen sind.‟

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Um die makellose Interaktion Simon James und James Simon zu gewährleisten, vertrauten Ayoade und sein Team auf eine Reihe altbewährter Kinotechniken, die an die Arbeiten von George Meliés and Betty Davis als auch einige neuere Werke erinnern. Simon Whalley, leitender Produzent und verantwortlich für die visuellen Effekte (VFX): „Bei den VFX in The Double geht es hauptsächlich darum, es echt aussehen zu lassen, so als wären es wirklich zwei Leute. Die größere Herausforderung für Jesse als Schauspieler bestand darin, sich selbst gegenüber sich selbst zu spielen, wenn er gar nicht wirklich da war. Wir hatten keinerlei Greenscreen, also konnten wir ihn nicht durch Keying freistellen. Wir haben alles rotoskopiert. Wann auch immer zwei Leute im selben Bild waren, musste einer von ihnen wieder herausgeschnitten werden. Wir benutzten Körperdoubles, die dann wieder entfernt und durch Jesse ersetzt werden mussten. Es war sehr viel Sorgfalt und Aufmerksamkeit fürs Detail gefragt.‟

Die Bewegungssteuerung (motion control) war kein Kinderspiel. „Wir drehten auf Film‟, erklärt Ayoade. „Das ist nicht unbedingt das, was einem bei motion control geraten wird. Der Film flattert im Gate, das Bild verflechtet sich leicht. Um die zwei Schichten übereinander zu legen, muss man diese Verflechtung stabilisieren. Aber wir wollten es auf Film haben, um das Filmkorn und die Textur zu haben.‟

VFX-Supervisor Matt Clarke ist der gleichen Ansicht: „Es gab natürlich technische Probleme, aber Richard machte der Dialog viel mehr Sorgen. Denn wir konnten fast nichts machen, wenn die Kameraeinstellung es nicht einfing. Glücklicherweise tat sie es. Erik [Wilson, Kameramann] hat es geschafft. Ich finde, es sieht großartig aus und funktioniert richtig gut.‟

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Kameramann Erik Wilson bei der Arbeit

Ayoade und sein Team erschufen eine komplette Welt, in der der Film spielt. Sie bedienten sich dabei aus dem Reichtum der Fiktion des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Das entsprechende Universum von The Double ist eine Mischung aus Science-Fiction- und Fantasy-Tropi, die das trostlose und schräge Chaos in Simon James' Innerem perfekt widerspiegeln.

„Historisch hat es niemals so etwas gegeben und es wird es auch niemals geben‟, so Ayoade. Die Idee war, etwas zu erschaffen, das irgendwie altmodisch aussieht und gleichzeitig unentrinnbar. Etwas Undefiniertes und Verträumtes. Die Idee des Doppelgängers hat irgendwie etwas Märchenhaftes. Etwas Unausweichliches. Also wollten wir, dass die Geschichte in einer Umgebung stattfindet, die möglichst wenig Anhaltspunkte auf eine echte Welt bietet.

Um das zu erreichen, arbeiteten die Filmproduzenten mit der führende VFX-Schmiede  Framestore  zusammen. Sie erschufen die fiktionale TV-Serie The Replicator, die es nur im Film gibt, und ein Shooter-Game, das ebenfalls ausschließlich für den Film erfunden wurde.

„Mit Hilfe einer sehr spezifischen Vorlage von Richard Ayoade habe ich den Look für die Science-Fiction-Fantasy-Serie The Replicator erschaffen", so VFX-Künstler Paul O'Brien. "Das Ziel war es, den Style von 70er/80er-Jahre-Science-Fiction-Serien zu kreieren und mit aktueller Technologie die damaligen optischen und digitalen Effekte nachzuahmen. Dazu zählte das bewusste Verwenden von Green Fringing sowie Laser-Effekten und Matte-Paintings.‟ Jedes kleinste Detail hierin ist ebenso gut durchdacht wie der gesamte Film.

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"Es gibt zwei oder drei Monde am Himmel, leuchtende Boomerangs, Schilde und Laser, sowie großartige Haarschnitte‟, erzählt uns Whalley über den Science-Fiction-Noir-Film im Film. „Könnte sich stilistisch nicht deutlicher vom Rest des Films unterscheiden. Ich wüsste nicht, dass Dostojewski einen space detective in seinen Roman eingebaut hätte.‟

Seht hier einige Bilder aus dem Videospiel, das exklusiv für den Film erschaffen wurde:

Wenn man den Zeitaufwand und die Liebe zum Detail von Ayoade und seinem Team berücksichtigt, wird The Double vielleicht seine Romanvorlage als Maßstab für zukünftigen Doppelgänger-Gossip ablösen. Eines ist jedoch sicher: Solltet ihr in der Firma jemals euer Ebenbild am Schreibtisch gegenüber erblicken, ist es höchste Zeit, sich einen neun Job zu suchen.

Fotos: Dean Rogers