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„Eddie The Eagle": Der schlechteste Skispringer aller Zeiten kommt ins Kino

Wohl keiner verkörperte so glaubhaft das olympische „Dabei sein ist alles"-Credo wie Eddie Edwards. Darum wurde ihm jetzt ein filmisches Denkmal gesetzt.
Image via YouTube

Die Olympischen Winterspiele 1988 wurden genauso bekannt für ihre glorreichen Sieger wie für die, die es nur versucht haben. Neben der allerersten jamaikanischen Bobmannschaft bei Olympia, die 1993 den Film „Cool Runnings" inspirieren sollte, gab es damals im kanadischen Calgary noch einen weiteren herrlichen Underdog. Und der hat es jetzt—fast 30 Jahre später—in die US-Kinos geschafft (und wird Ende März auch in Deutschland anlaufen). Die Rede ist vom Feelgood-Sportfilm „Eddie The Eagle" über den britischen Skispringer und Olympiateilnehmer Michael „Eddie" Edwards. Der Streifen ist häufig lustig, häufig bewegend und konsequent im Stile der 80er. „Eddie" Edwards fehlte es zwar an allen Ecken an dem nötigen Talent, weswegen er im Wettbewerb auch abgeschlagen Letzter wurde. Doch in den Herzen vieler Menschen landete Eddie ganz vorne.

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Taron Egerton spielt Michael Edwards, einen nerdigen britischen Jugendlichen, der von olympischer Gloria träumt, aber in Wirklichkeit nicht viel auf dem Kasten hat. Eddie hat einen Vater, der von einem Urlaub in Blackpool sowie einem neuen Van für seine Maurerfirma träumt, und eine Mutter, die davon träumt, dass ihr Mann und ihr Sohn glücklich sind. Ihr Charakter wird im Film noch weniger ausgearbeitet als der des Vaters, der wenigstens als authentisch langweiliger Typ rüberkommt. Unser Leinwandheld hingegen ist anfangs ein ziemlich anständiger Ski-Abfahrer, der es fast sogar in die britische Olympiamannschaft geschafft hätte, wenn er es—im Film—nicht in einem viel zu durchschaubaren Gag verkackt hätte. Doch auch danach ist Eddie überzeugt: Ich will zu Olympia.

Um sich diesen Traum zu erfüllen, wechselt er einfach zum Skispringen, wohl wissend, dass dort—mangels Konkurrenz im eigenen Land—eine Qualifikation viel leichter möglich ist. Natürlich muss er sich erst noch noch mit einer pikanten Schlafplatzwahl und beim Saunabesuch blamieren, bevor er einen lächerlich kurzen Spring hinlegt. Bis Eddie mit Bronson Peary einen richtigen Bilderbuchami—gespielt von Hollywood-Star Hugh Jackman—kennenlernt, dessen Saufeskapaden ihm Jahre zuvor seinen Platz im US-Skisprung-Team gekostet hatten. Der magische Trinker schafft es, sich selber genug am Riemen zu reißen, um Eddie zu trainieren, ohne ihm falsche Hoffnungen für den Wettbewerb zu machen.

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Die eigentlichen Olympischen Spiele sind dann fast nur noch filmisches Beiwerk, bei all den Trainingssequenzen. Schade ist, dass die einzelnen Charaktere eher platt bleiben und im Laufe des Film kaum an Profil gewinnen. Schön ist hingegen, dass mit Iris Berben auch eine bekannte deutsche Schauspielerin mitspielt: als Petra, eine verführerische Kneipenbesitzern, die Eddie ein paar Details über seinen Trainer-Mentor verrät.

Der Film wäre übrigens vor 10 bis 15 Jahren niemals entstanden, weil man damals noch nicht auf 3D-Computergrafik setzen konnte. Die macht es heute möglich, dass man einen Skisprungfilm drehen kann, ohne die Gesundheit von einem Haufen Stuntmen riskieren zu müssen. Trotz aller technischer Möglichkeiten kommt aber zu keiner Zeit dasselbe Gefühl fliegerischer Ekstase auf wie beim Klassiker Die große Ekstase des Bildschnitzers Steiner aus dem Jahr 1974. Kein Wunder, schließlich ist der Film aus der Feder des großen Werner Herzog entsprungen und handelt von der Schweizer Skisprung-Legende Walter Steiner—und eben nicht vom schlechtesten Skispringer in der olympischen Geschichte.

Zumindest die Schauspieler machen einen guten Job. Taron Egerton überzeugt mit seiner Eddie-Edwards-Interpretation: ein liebenswürdiger Angsthase, der sich in einer Tour auf die Lippe beißt und am Ende doch über sich hinauswächst—ohne jemals in die Weltspitze springen zu können. Mit seinem Schnauzer und seiner dickgläsrigen Brille wirkt Eddie im Film wie auch im wahren Leben richtig kultig. Auch Jackman spielt die undankbare Rolle des Bronson Peary erwartungsgemäß gut. Es ist nicht Jackmans Fehler, dass Peary als ziemlich seichter Charakter daherkommt. Und auch Christopher Walken hat einen kurzen Cameo-Auftritt.

Garmisch-Partenkirchen dient übrigens als Austragungsort der Olympischen Spiele in dem Film. Dass gerade in Garmisch die Nazis ihre Winterolympiade 1936 ausgetragen haben, ist eine nicht ganz unproblematische Tatsache. Für Garmisch spricht, dass nur 60 km entfernt, in Oberstdorf, der echte Eddie den nötigen und entscheidenden Qualifikationssprung bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften gestanden hat. Denn mit seinen 73,5 Metern wurde er zwar Letzter, stellte aber einen britischen Rekord auf und hatte so sein Ticket für Olympia in der Tasche. Und für Garmisch spricht außerdem die herrlich-szenische Kulisse.

Es gibt mehrere Gründe dafür, warum der Film in den US-Kinos bisher eher ein Flop war. Angefangen damit, dass er genau zwischen den Winterspielen 2014 und 2018 rausgekommen ist—zeitlich weiter entfernt zu Original-Wettkämpfen ging also nicht. Zudem hilft auch nicht, dass gefühlt schon zu jeder Sportart und jedem noch so unwahrscheinlichen Sporthelden irgendein Streifen gedreht wurde. Da konnte also nicht mal das Endorsement mehrerer NFL-Superstars helfen.

Und das ist verdammt nochmal schade. Denn trotz seiner Unzulänglichkeiten hat der Film das Zeug, das Herz der Zuschauer zu erobern. Jede einzelne Person in meinem Kinosaal hatte in der Schlussszene Tränen in den Augen. In meinem Fall war es zwar nur ein Ein-Mann-Publikum, aber selbst kleine Erfolge sind immer noch Erfolge. Wer weiß das besser als Eddie Edwards, der schlechteste Skispringer aller Zeiten—aber eben auch der beste, den Großbritannien jemals hervorgebracht hat.