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Wie viel würde Trumps nur in Amerika hergestelltes iPhone kosten?

Während des Wahlkampfs kündigte Trump an, dass die Produktion von Apple-Produkten aus China abgezogen werden müsse. Wir haben durchgerechnet, was passiert, wenn er ernst macht.

Die Apple-Aktie befindet sich noch immer im Abwärtstrend. Seit Donald Trump am 08. November zum nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde, hat der Technologie-Riese bereits fünf Prozent an der US-Börse verloren. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Während des Wahlkampfes hatte Trump wiederholt schwere Vorwürfe gegen Chinas Währungspolitik erhoben und Strafzölle für chinesische Importe angedroht. Sollte Trump diese Drohungen nun wahr machen, könnte das massive Verkaufsrückgänge für Apple bedeuten—diese Sorge schlägt sich nun offensichtlich an der Börse nieder.

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So hatte der designierte US-Präsident unter anderem behauptet, China stehle den Amerikanern die Jobs und warf dem Land gar eine „Vergewaltigung" der amerikanischen Wirtschaft vor. Trump erklärte, diese Ungerechtigkeit im Falle einer gewonnen Wahl rächen zu wollen und kündigte an, chinesische Importe mit bis zu 45 Prozent Strafsteuer zu belegen.

Ganz im Sinne seines Wahlslogans „Make America Great Again" kündigte Trump an, nach einer gewonnenen Wahl Apple zu zwingen, seine „verdammten Computer und andere Geräte" in den USA statt in anderen Ländern herzustellen. Das erklärte er unter anderem bereits im Januar dieses Jahres bei einer Rede an der Liberty University in Virginia. Trumps Gedankengang ist dabei ziemlich eindeutig: Würden amerikanische Hersteller Produkte wie das iPhone oder Apple TV in den USA produzieren, würden amerikanische Arbeitsplätze geschaffen und die Wirtschaft gestärkt. Als netten Nebeneffekt könnte man auch noch China abstrafen. Wie genau er Apple und andere Firmen dazu bringen will, ihre Produktion in die USA zu verlagern, führte Trump allerdings nicht genauer aus.

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Da Trump die US-Präsidentschaftswahl für sich entscheiden konnte, müssen wir uns nun fragen: Wie viel würde ein iPhone, das nicht in China, sondern den USA produziert wird, den Kunden am Ende überhaupt kosten?

„Eigentlich haben wir das alles schon einmal durchgespielt", erklärt Wayne Lam Motherboard am Telefon. Lam ist Chefanalyst für Telekommunikationselektronik bei dem Forschungsunternehmen IHS Technology. Seine Firma analysiert auch, wie viel Apple die Herstellung eines iPhones kostet. So kostet das iPhone 7, das für rund 760 Euro verkauft wird, in der Produktion umgerechnet ungefähr 200 Euro. „Es wäre ziemlich verrückt, die Bestandteile für ein Apple-Produkt einmal um die halbe Welt zu schiffen. Das würde den Herstellungsprozess unnötig verkomplizieren, wenn doch in Asien bereits alles leicht verfügbar ist."

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„Es ist nicht unmöglich, Apple-Produkte in den USA zu fertigen. Die Frage ist eher, ob die Konsumenten bereit sind, mehr für die Produkte zu zahlen"

Zu den Bestandteilen, die in die USA verfrachtet werden müssten, gehören laut Lam Bildschirme, Speichermedien und Gehäuseteile, die allesamt aus Asien stammen.

Trump ist bisher nicht näher darauf eingegangen, ob er Apple nur dazu zwingen will, seine iPhones in den USA zusammenzubauen oder ob er ihnen tatsächlich auferlegen möchte, iPhones nur noch aus amerikanischen Bestandteilen herzustellen. Das wäre jedoch kaum möglich, ohne die weltweite Lieferkette für Elektronikprodukte auf den Kopf zu stellen.

Daher konzentrierten wir uns auf die Frage, wie viel ein iPhone, das in den USA zusammengebaut wird, den Kunden Kosten würde. Also setzten wir uns mit Kyle Wiens, dem CEO vom Reparaturexperten iFixit, in Verbindung. Wir baten ihn um eine grobe Schätzung.

„Es ist nicht unmöglich, Apple-Produkte in den USA zu fertigen. Die Frage ist eher, ob die Konsumenten bereit sind, mehr für die Produkte zu zahlen", erklärte Wiens Motherboard am Telefon. Wiens kam zu dem Schluss, dass Endkunden etwa 50 Dollar mehr für ein iPhone zahlen müssten, das in den USA statt in China zusammengebaut werden würde.

Dieser Preisunterschied entsteht vor allem durch die unterschiedlich hohen Lohnkosten: Laut des Economist verdienen viele chinesische Fabrikarbeiter „kaum mehr als den Mindestlohn, der mit 270 Dollar im Monat weniger als ein Viertel des amerikanischen Mindestlohns beträgt". Dieser Unterschied in den Produktionskosten müsste irgendwie ausgeglichen werden, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass Apple ihn aus eigener Tasche zahlen wird.

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„Es wäre nicht möglich, über Nacht die gesamte Produktion in die USA zu verlagern", fügte Wiens hinzu. Schrittweise könnte dieser Prozess allerdings erfolgen, und so könnte Apple schon nach kurzer Zeit einen beachtlichen Prozentsatz seiner Produkte in den Vereinigten Staaten anfertigen lassen—vorausgesetzt, der Vorstand von Apple wäre mit den erhöhten Lohnkosten einverstanden. Vielleicht kann Apple auch von der Erfahrung profitieren, die das Unternehmen durch die Produktion von MacPros gewonnen hat. Diese werden nämlich bereits heute in den USA hergestellt.

Bereits am Dienstag berichtete der US-Fernsehsender CNN über einen Zeitplan, den Trump für die ersten 200 Tage seiner Präsidentschaft aufgestellt habe. Demnach will Trump schon in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit den Druck auf China erhöhen. Sollte Trump seine frühere Drohung wahr machen und tatsächlich einen Strafzoll von bis zu 45 Prozent auf chinesische Importe einführen, müsste Apple seine Produktionsweise wohl sowieso überdenken. Sollte es Apple künftig zusätzliche 45 Prozent kosten, fertige Produkte in die USA einzuführen, könnte sich eine Produktion vor Ort durchaus lohnen. Dasselbe macht Apple bereits in Brasilien, da das Land hohe Importzölle erhebt.

Wir fragten bei IHS, was sie generell von Versprechungen wie denen von Trump hielten, wieder verstärkt Fabrikarbeitsplätze in die USA zu holen. Handelt es sich dabei nur um leeres Geschwätz oder könnte die amerikanische Wirtschaft so tatsächlich wieder zu ihren Wurzeln zurückgeführt werden?

„Wir leben in einer Weltwirtschaft. Das muss man einfach akzeptieren und danach handeln", erklärte Dan Panzica, Senior Chefanalyst für ausgelagerte Fertigung und Dienstleistungen bei der IHS, Motherboard am Telefon.

Zudem zweifeln Experten an, dass es in den USA momentan überhaupt genug qualifizierte Arbeiter gibt, um eine Produktion in dieser Größenordnung durchzuführen. Panzica war früher als Director for Quality and Engineering beim multinationalen Unternehmen Foxconn tätig. Er erzählte uns von einem drohenden Produktionsengpass, den Foxconn in China lösen konnte, indem sie 1.000 Maschinisten innerhalb weniger Tage über 1.500 Kilometer ans andere Ende des Landes schickten—ohne das Geschäft negativ zu beeinflussen. Panzica bezweifelt, dass das gleiche Szenario in den USA möglich gewesen wäre.

Es ist übrigens nicht das erste Mal in der jüngeren Geschichte, dass ein Politiker Apple bittet, seine Produktion in die USA zu verlagern. Laut der New York Times fragte Präsident Obama Steve Jobs bereits im Februar 2011, warum Apple das iPhone nicht in den USA herstellen könne.

Jobs Antwort war damals eindeutig: „Diese Arbeitsplätze werden nicht in die USA zurückkehren."