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In Österreich möchte ein Unternehmen eine Wurstfabrik auf einem ehemaligen Nazi-Arbeitslager errichten

Die Erben der ursprünglichen Grundstücksbesitzer stellen die Rechtmäßigkeit des Verkaufs in Frage.

In Österreich hat sich um die Geschehnisse in ehemaligen Arbeitslagern der Nationalsozialisten nach dem Krieg ein „Mantel des Schweigens" gesenkt: 2015 wurde eine extra wissenschaftliche Konferenz abgehalten, um die Geschehnisse im April 1945 im Arbeitslager Liebenau näher zu beleuchten – hier starben Dutzende ungarische Juden, der Ort geriet in Vergessenheit und den Opfern wurde jahrzehntelang nicht gedacht.

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Jetzt wurde ein Teil eines Grundstück, auf dem sich ein weiteres Arbeitslager der Nazis befand,an den österreichische Wursthersteller Handl Tyrol verkauft, die auf diesem Land einen neuen Standort errichten wollen. Das gefällt den Anwohnern und den Erben der ursprünglichen Besitzer so gar nicht.

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1941/42 kauften Nationalsozialisten für wenig Geld insgesamt 20 Hektar Land von Bauern in Haiming in Tirol in der Nähe von Innsbruck. Das Gelände wurde dann als Arbeitslager genutzt, wo die Gefangen eine Staumauer für ein Wasserkraftwerk bauen sollten.

Die Erben der ursprünglichen Grundstücksbesitzer stellen nun die Rechtmäßigkeit des Verkaufs an den Wursthersteller Handl in Frage. Sie meinen, dass ihre Vorfahren von der SS zum Verkauf genötigt wurden, zu sehr niedrigen Preisen und unter der Bedingung, dass das Land zum Bau eines Kraftwerks genutzt werden würde. Das geschah jedoch nie, das Arbeitslager wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges aufgelöst und das Land lang brach. Der regionale Energieversorger TIWAG verkündete vor Kurzem, dass das Land an einen der größten Wursthersteller Österreichs verkauft wurde.

Wir haben bei Handl Tyrol um Stellungnahme gebeten, jedoch keine Rückmeldung erhalten.

Ob die Erben erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten. Die TIWAG beruft sich auf die Entscheidung einer Rückstellungsoberkommission, die nach dem Krieg den Verkauf der für rechtmäßig erklärte und auch keine weiteren Entschädigungen vorsah.

Kann der Energieversorger das vorbelastete Land nun an einen Wursthersteller verkaufen? Vertreter des Unternehmens sehen da kein Problem. Umweltaktivist Markus Wilhelm zweifelt jedoch. Er meint: „Die TIWAG hat ihre dunkelbraune Vergangenheit […] nicht ,aufgearbeitet'. Und sie sitzt bis heute auf Nazi-Vermögen."