Ich habe fünf Tage lang mit allen Menschen geflirtet, die mir begegnet sind

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State of Seduction

Ich habe fünf Tage lang mit allen Menschen geflirtet, die mir begegnet sind

Michi Buchinger wollte mit seinen Flirtversuchen die Weltherrschaft an sich reißen und hat dabei nicht nur BBQ-Sauce gewonnen. 

Alle Fotos: Dominik Pichler

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Renault entstanden. 

Ich bin fürchterlich im Flirten. Wie flirtet man überhaupt? Ich selbst merke es nie, wenn jemand mit mir anbandeln möchte und denke infolgedessen wiederum, dass jeder, der auch nur ein kleines Bisschen nett zu mir ist, gerne mit mir ins Bett steigen will. Kaum bietet mir der Starbucks-Mitarbeiter einen gratis Sirup-Shot an, beginnt mein Kopf zu rauchen: Ist es zu früh, ihn zu fragen, ob er eine gemeinsame Anrufbeantworter-Ansage aufnehmen will?

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Dass ich so schlecht im Flirten bin, hat meiner Meinung nach große Nachteile. Immerhin ist es ja bewiesen, dass Leute, die viel flirten, auf Dauer erfolgreicher sind: Ihre Mitmenschen fühlen sich wohl und geschmeichelt in ihrer Gegenwart und belohnen sie, oftmals unbewusst, mit bevorzugter Behandlung, wie etwa einem Upgrade in die Business Class oder gratis Curly Fries.

Meine Mitmenschen wiederum fürchten meine Gegenwart, da sie Angst haben, sich falsch zu verhalten und dann mit einem Codenamen wie "die nervige Babsi" in einem meiner Artikel oder Videos vorzukommen. Vielleicht könnte ich viel erfolgreicher sein, wenn sich meine Mitmenschen nicht vor mir gruseln würden, als wäre ich der Bösewicht in einem James Bond-Film?

Aus eben diesem Grund habe ich beschlossen, mit jedem Menschen zu flirten, der mir in den kommenden Tagen in die Quere kommt. Ja, sogar mit meiner gemeinen alten Nachbarin, die ich liebevoll "Lady Voldemort" nenne und welche (neben dieser Ratte, die in meiner Wohnung ihr Unwesen treibt) mein größter Erzfeind ist.

Dass ich bereits in einer Beziehung bin, wird im Rahmen dieses Selbstexperiments übrigens zur belanglosen Fußnote: Immerhin möchte ich ja nicht, dass die Leute voll und ganz dem "Michi-Fieber" verfallen (wie ich den Geschlechtsakt mit mir gerne nenne) – ich möchte bloß, dass sie mich super finden und mir die Anerkennung oder die Curly Fries schenken, die ich auch verdient habe. Es kann losgehen!

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Tag 1

Da ich über das Feingefühl und die Flirtgabe eines schwerhörigen Pensionisten verfüge, nehme ich mir vor, so offensiv wie möglich an mein Projekt heranzugehen und backe daher herzförmige Kekse. Meine Logik dahinter ist, dass ich diese süßen Überraschungen einfach an meine Mitmenschen austeile, während ich selbst lasziv mit der Zunge an einem lecke, um ihnen auf unterschwellige Weise zu sagen: "Ich flirte mit dir!"

"Tamara, deine Augen bereiten mir Gänsehaut!"

Im Backwarenhandel angekommen, starte ich meinen ersten Flirtversuch und frage einen Angestellten auf eine Art und Weise, die ich rückblickend betrachtet als "supersüß und supersexy" bezeichnen würde (viele Leute aber als verstörend empfinden), ob er die von mir ausgewählte Herzform empfehlen könne. Dabei kichere ich beknackt, als wäre ich auf Drogen.

Ich denke, wir alle können uns einig sein, dass ich ihm hier extrem viel Spielraum für einen heißen Flirt gelassen habe und wir, wenn er seine Karten richtig spielt, schon bald auf einer Vespa durch die Toskana düsen könnten. Doch er antwortet nur gleichgültig mit "Weiß nicht. Bestimmt. Keksausstecher halt" und kehrt mir dann den Rücken zu. Hmm – der bekommt definitiv keinen Cookie von mir!

Tag 2

Freudig darf ich euch berichten, dass meine Kekse absolut toll geworden sind. Einige von ihnen sind etwas unförmig und sehen eher aus wie Lungen, aber ich beschließe kurzerhand, diese einfach an meine rauchenden Freunde auszuteilen. Mit einer Box voll von Flirt-Cookies mache ich mich gerade auf den Weg in eine Bar, um einen Freund zu treffen, als ich im Flur meiner Erzfeindin begegne: Nein, nicht der Ratte, sondern meiner bösen Nachbarin.

Ich wohne nun seit fünf Jahren in diesem Haus und halte es mittlerweile für wahrscheinlicher, dass ich Germany's Next Topmodel werde, als dass dieses Monster je mein freundliches "Hallo!" erwidert. Doch weil ich dieser Tage ja mit absolut JEDEM flirten möchte, biete ich ihr augenzwinkernd einen Cookie an, den sie nur äußerst zögerlich und wortlos annimmt. Beim Verzehr beobachte ich sie ganz genau und überlege kurz, währenddessen leise "Oh yeah…" zu säuseln, entscheide mich dann aber dagegen. Sie wirkt wenig entzückt, sagt dann aber "Danke" und das ist immerhin mehr, als ich je zuvor von ihr gehört habe. Ein Fortschritt!

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"Heinz, für mich riechst du nach Freiheit!"

Auch meine Gruppe an Freunden liebt meine Kekse und wundert sich, warum ich plötzlich so nett bin. Habe ich eine tödliche Krankheit und möchte ihnen auf diese Weise "Lebewohl" sagen? Sie wissen nicht, dass meine Agenda eine ganz andere ist: Über den Abend verteilt lasse ich immer wieder Sprüche wie "Tamara, deine Augen bereiten mir Gänsehaut!" und "Heinz, für mich riechst du nach Freiheit!" springen, doch stoße nur auf Gelächter.

Deshalb gestehe ich, dass ich mich in einem Flirt-Experiment befinde und meine Freunde sind fassungslos. "Michi, so flirtet man nicht! Wir dachten, du willst uns einen Bausparvertrag verkaufen!" Sie erklären mir, dass ich ein bisschen subtiler werden muss. Weniger Sprüche und Backwaren und mehr körperliche Gesten: Ich könnte mein Gegenüber unauffällig berühren, seine Gestik imitieren oder meinen Blick keine Sekunde lang von seinen Lippen abwenden.

Die Möglichkeiten sind endlos, aber eines muss ich ihnen versprechen: Keine grottigen Sprüche mehr.

Tag 3

Mit dem gut gemeinten Rat meiner Freunde ist mir, als würde sich mir eine neue Welt auftun: Ich fühle mich wie damals, als ich herausgefunden habe, dass ich all diese Jahre lang "Bruschetta" falsch ausgesprochen habe. Beim Entgegennehmen eines Pakets am Vormittag streiche ich nun dem Postboten "unabsichtlich" über die Finger und mache ihm ein kleines Kompliment: "Danke, dass Sie immer alle Pakete zu mir in den fünften Stock tragen. Die sind doch meistens sehr schwer!", sage ich und merke, dass er sich freut.

Er sagt schmunzelnd "Das ist mein Job!" und ich werfe lachend meinen Kopf in den Nacken. Oh, Postbote! Weil ich mich fühle wie am Beginn eines unheimlich schlechten Pornos, schließe ich dann doch langsam aber resolut die Tür. Auch beim Smoothie-Trinken mit einer Kollegin fühle ich mich ähnlich erleuchtet, wie manche Menschen sich wohlfühlen, wenn sie aus Indien zurückkehren.

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Ich blicke ihr tief in die Augen, stelle viele Fragen und reibe so lasziv an meinem Strohhalm, dass ich behaupten würde, zwischen dem Strohhalm und mir wäre es "kompliziert". Ich verstehe langsam, dass Flirten etwas ist, was unterschwellig passiert und meine Bemühungen tragen die ersten Früchte: Meine Kollegin lädt mich auf den Smoothie ein und sagt, dass es heute "besonders nett" mit mir war. Wenn das so weitergeht, gehört die Weltherrschaft bald mir.

Tag 4

Mit dem Wind des Gratis-Smoothies unter meinen Flügeln verwandle ich mich heute in eine gesprächige Plaudertasche, die ein Restaurant und Café nach dem nächsten abklappert und die Kellner voll labert, als wären sie Gast in einer Talkshow. Ich mache es mir zur Priorität, so starken Blickkontakt zu halten, als würde ich versuchen, eines dieser "3D Magic Eye"-Bilder zu knacken und teile Komplimente leichtherzig aus.

"Du machst das super! Ich bin sicher, du hast schon eine lange Schicht hinter dir und wirkst noch immer so nett!" sage ich etwa bei McDonald's und finde später eine kostenfreie BBQ-Sauce in meiner Tüte. Bei Starbucks lobe ich ebenfalls die joie de vivre des Baristas, während ich ihm spielerisch gegen die Brust schlage. Obwohl ich früher immer dachte, dass die Menschen bei solchem Verhalten höchstens mit einem Griff unter den Tresen den "stillen Alarm" aktivieren würden, wird aus meinem Tall Americano plötzlich ein Grande Americano.

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Ich meine es ernst: Probiert das aus! Wenn man zu Menschen, die den ganzen Tag mit anstrengenden Kunden zu tun haben, auch nur ein bisschen nett und flirty ist, erheitert man ihnen den Tag und kann tolle Preise absahnen. WIE ZUM BEISPIEL BBQ-SAUCE!

Tag 5

Nach meinem gestrigen Fastfood-Ketten-Flirt-Beutezug streife ich heute heiter reflektierend durch die Gegend: Rückblickend betrachtet finde ich es sehr schön, für ein paar Tage anstatt meines sonstigen Menschenhasses mal Positivität, gute Laune und intensiven Augensex verbreitet zu haben.

Klar: Nicht jeder ist auf meine Flirts eingestiegen – wie etwa dieser grummelige Keksausstecher-Verkäufer –, aber ich stelle mir gerne vor, dass ich dennoch seinen Tag versüßt habe. Vielleicht ist er nach Hause gegangen, meinte zu seinem Mitbewohner "Heute wurde ich von einem Verrückten angeflirtet!" und hat dann über mich gelacht und gelacht, bis die Sonne wieder aufging.

Ich kehre gut gelaunt von meinem Spaziergang zurück, als ich im Stiegenhaus meine verhasste Nachbarin Lady Voldemort treffe. Ich mache mich darauf bereit, dass sie mich nicht grüßt oder ob der merkwürdigen Cookie-Situation sogar wie eine wütende Katze anhisst. Stattdessen schenkt sie mir heute ein Lächeln.

"Danke noch mal für den Keks, junger Mann!", sagte sie uncharakteristisch nett. "Der war super!"

Was ist los? Was passiert als nächstes? Werden Jennifer Aniston und Angelina Jolie beste Freundinnen? Ich bin so baff, dass ich gar nicht recht weiß, was ich sagen soll. Ich hatte schon damit gerechnet, dass sich das Flirten positiv auf meine Mitmenschen auswirken würde, aber dass es eine derart unfreundliche Zeitgenossin in ein zahmes Lamm verwandeln würde? Unfassbar.

"Immer wieder gerne!", entgegne ich kokett und spiele mit dem Gedanken, von nun an öfter zu flirten. Macht euch bereit, Leute.

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