Thai-Massage mit Happy End
Foto: imago images | Frank Sorge

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Sex

Wie ich aus Versehen ein Happy End bei der Thai-Massage bekam

Unser Autor wollte nur den Rücken massiert bekommen und bezahlte am Ende für einen Handjob. Ist er jetzt ein Freier?

Um es vorweg zu nehmen: Ich war noch nie im Puff. Bordelle machen mich einfach nicht geil. Außerdem fehlt mir das Geld für den Champagner. Als ich dann doch einmal etwas Geld hatte, war ich kurz davor, einen sündhaft teuren Escortservice zu nutzen. Einfach, um auch diese Erfahrung auf meiner inneren Liste abzuhaken. Ich zog dann aber doch den Schwanz ein.

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Gänzlich unbefleckt in dieser Hinsicht ging ich vor einigen Wochen in den Thai-Massage-Salon in meiner Straße in Berlin-Friedrichshain. Nähere Angaben möchte ich nicht preisgeben, denn trotz allem kann ich die Massage dort nur empfehlen. Also bis zu einem gewissen Punkt.


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Nur um das hier mal festzuhalten: Im Schaufenster blinkt keine dauerbeleuchtete Glitzerwerbung, stattdessen prangen dort kleinteilige Massageanleitungen inklusive möglicher Schmerzpunkte auf einem menschlichen Rücken. Der Salon erschien mir also ausreichend seriös.

Als ich ihn jedoch betrat, warf mir eine der drei Hipster-Frauen, die vor dem Hipster-Friseursalon nebenan rauchten, einen merkwürdigen Blick zu. Eine Mischung aus abschätzig und verurteilend. Weil dieser Blick allerdings so vielen jungen attraktiven Frauen mit junger und attraktiver Mode am Körper eigen ist, dachte ich mir nichts weiter dabei. Und weil niemand da war, bekam ich auch gleich einen Termin für eine Stunde Ganzkörpermassage, Preis: 59,90. Deal.

"Ausziehen, bitte, ja?", bat mich die Masseurin und ich tat es bis auf die Boxershorts. Zu diesem Zeitpunkt war ich sicherlich mehr als 20 Mal in meinem 33-jährigen Dasein bei einer Thai-Massage gewesen und hatte dabei niemals meine Unterbuchse ausziehen müssen. Was sie aber in dieser Situation nun nahelegte. Schon klar, ich hätte vielleicht stutzig werden sollen, wurde ich aber nicht, vielleicht weil ich vom Duft der Räucherstäbchen leicht benebelt war und auf ein flächendeckendes Handtuch des Hauses hoffte. Was ich auch bekam. So lag ich da: nackt unter einem Handtuch, alles im grünen Bereich. Die Massage begann, ich dachte an den Nieselregen zwei Meter Luftlinie entfernt und ließ mich fallen.

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Nach etwa 45 Minuten, Nacken, Rücken, Beine und Füße – für Beine und Füße holte die Dame eine zweite in den Raum. Die Masseurin bat mich, mich umzudrehen, und lüftete das Handtuch. Das mir, so glaubte ich, nachdem ich mich auf den Rücken gedreht hatte, unauffällig und mit der gebotenen Geschwindigkeit über mein Gemächt gelegt werden würde. Was allerdings nicht passierte. Stattdessen fragte eine der Damen: "Gut, ja? Jetzt Ficki, Ficki, ja?"

Sie sagte wirklich "Ficki, Ficki". Ich war zu perplex und antwortete reflexartig: "Äh, nein danke. Bitte nur Massage!"

Als ich ihre überrascht-beleidigten Gesichter sah, dachte ich kurz über die Situation nach. Du wurdest massiert. Jetzt bietet sie dir Sex an. Hast du da Bock drauf? Was sollst du jetzt machen? Aufstehen und gehen? Liegen bleiben und abwarten? Entrüstet die übrigen 15 Minuten einfordern? Die Damen fragen, wo zum Geier sie das blinkende "24 hours open"-Schild versteckt haben? Ich entschied mich, keinen Sex haben zu wollen und liegen zu bleiben. Doch die Masseurinnen, eine etwa 45-jährige Thailänderin mit ihrer etwa 30-jährigen Kollegin, ließ nicht locker, zog sich Hose und Höschen aus und präsentierte sich stolz und fragte erneut: "Ficki, Ficki nein? Du Ficki mit uns beide!"

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Aber ich, immer noch blank und nun gänzlich uninteressiert, blieb hart. Wurde aber neugierig: "Äh, nein, vielen Dank! Bitte nur Massage. Äh, nur für den Fall: Was hätte denn Ficki, Ficki extra gekostet?"

Als sie diese Frage verstanden hatte, schüttelte sie den Kopf, nein, nix Extra, alles inklusive. Ich staunte über das Preis-Leistungsverhältnis und bat höflichst um die Fortführung der Massage. Dabei wurde ich offenbar missverstanden.

Zwar schickte die Chefin ihre Kollegin raus, zwar träufelte sie sich ordentlich Öl in die Hände, zwar hatte sie sich inzwischen wieder ihre Hose angezogen, doch statt mir die Decke über den Schwanz zu legen, begann sie plötzlich, eben jenem einen Handjob zu verpassen. Die Sache schien mir langsam aus den Händen zu gleiten. Aber mehr als ein erstaunter Blick war zunächst nicht drin.

Es war zugegebenermaßen auch recht angenehm. Draußen hatte der kalte Regen das bedauernswerte Friedrichshain fest im Griff und ich lag in einem warmen Raum und ließ mir von ebenso warmen Händen den Schwanz streicheln. Ich musste lachen, so absurd empfand ich die Situation, zum Glück hörte sie es nicht, dafür war sie viel zu sehr damit beschäftigt, mit Stöhnen und Dirty Talk eine wie auch immer geartete sexuelle Atmosphäre zu schaffen. Was grandios scheiterte. Nach wenigen Minuten beendete ich die Intimmassage, was sie sagenhaft traurig zu machen schien.

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"Nicht kommen, nein?"

"Nein, sorry. Vielen Dank."

Ich zahlte, ich ging, ich nickte den Kippen-Mädchen zu. Ich fragte mich, ob ich damit das erste Mal ein Freier gewesen war. Und ob die Legende vom – zwinker zwinker – Happy End bei der Thai-Massage doch realistischer war, als ich bislang angenommen hatte.

Also recherchierte ich im Internet nach ähnlichen Erfahrungen anderer Thai-Massage-Besucher. Und fand ein Interview auf dem Blog ilovespa.de mit der Lübecker Thai-Massage-Salon-Besitzerin Su Wanyo. Dort fragt die Betreiberin Jennifer Ospelt: "Nun haftet Thai-Massage-Studios oder Thai-Spas ja zusätzlich noch das Image an, dass die Grenzen hier gerne mal verschwimmen. Ist das ein Klischee oder bekommt man als Kunde in vielen Thai-Spas wirklich sexuelle Dienstleistungen?" Su Wanyo antwortet: "Nein, bekommt man nicht. Eher ein blaues Auge oder wenigstens einen unfreundlichen Rauswurf, wenn man aufdringlich ist. Wohl 99% der traditionellen Studios schreiben entweder 'Keine Erotik' an ihr Schaufenster oder machen schon durch ihr ganzes Erscheinungsbild und ihre Gästeansprache klar, dass da nichts läuft."

Ich habe noch einmal nachgeschaut: Das Erscheinungsbild meines Massagesalons unterscheidet sich in keiner Hinsicht zu anderen Salons, die ich bislang besucht habe, ohne dass mein Schwanz eingeölt wurde.

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"Es gibt aber", sagt Frau Wanyo weiter, "einige Erotik-Anbieter, die unter falscher Flagge segeln. Die heißen dann 'Paradiesmassage' oder 'Pattaya Wellness' und bieten für Männer das eine und für Frauen und Paare das andere an." Mein Salon hat lediglich ein "Haus" hinter dem Namen stehen und falsche Flaggen habe ich dort auch nicht gesehen.

Erfahrungsberichte aus meinem Salon gibt es nicht. Auch nicht Berichte mit einem ähnlichen Hintergrund wie dem meinem. Also: Der erstaunte Massage-Besucher wundert sich über das angebotene Happy End. Zumindest in Deutschland.

Dafür berichten Männer in Foren von ihren Erfahrungen in Thailand oder in europäischen Salons, in denen die Eier-Massage zum guten Ton gehört. Auf der Schweizer Homepage sexy-tipp.to berichtet rw54: "Eine Massage für eine Stunde gebucht und fand es recht angenehm und gut. Als ich mich dann umdrehen konnte, hat die Masseurin regelmässig und 'zufällig' mein Jahrgänger berührt, der sich schon vorher nicht versteckt hatte. Als die Zeit langsam zu Ende ging, hat sie mir von sich aus ein FM angeboten welches ich in Anspruch genommen habe. Auch hat Sie noch offeriert die Kleider abzulegen, dies jedoch wollte ich nicht, auch hat Sie erlaubt dass ich Sie berühren konnte. Am Ende dann CHF 150 bezahlt."

War ich denn nun im Puff gewesen? Hatte ich eine Prostituierte bezahlt? Ich meldete mich beim Berliner "Treffpunkt und Beratung für Prostituierte HYDRA e.V." und bat um Aufklärung. "So wie sie es beschreiben", antwortete man mir, "haben sie eine sexuelle Dienstleistung in Anspruch genommen und dafür bezahlt." Solch ein Happy End sei in nicht gekennzeichneten Salons ziemlich selten beziehungsweise werde sehr selten gemeldet. Spätestens da wurde mir klar: Ich war ein Freier.

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Ich ging noch einmal in den Salon und fragte, warum man mir nicht vor der Massage mitgeteilt habe, dass es sich um eine, zumindest zum Teil, erotische Massage handeln werde. Man wollte mich partout nicht verstehen, bot aber eine weitere Massage an. Da ging ich nach Hause. Ich klickte auf die Homepage des Ladens. Die offenbar 2003 angelegt und seither nicht weiter bearbeitet wurde. Dann, im Impressum, Schriftgröße 8, wurde ich endlich aufgeklärt: "© Rotlichtmodelle.de & BisteBaff GmbH 2016".

Biste Baff ist "Ihr Partner im Internet" für "Hosting – Design – Werbung – Fotografie" aus Berlin-Weißensee. Rotlichtmodelle.de ist eine Serviceseite "Vom Freier für Freier", in der Kategorie "Thaimassagen" ist wiederum der Salon in meiner Straße aufgelistet. Was für mich immer noch ganz harmlos klingt. Anbieter dieser Homepage ist übrigens auch die BisteBaff GmbH aus Weißensee. Bin ich baff.

Ich fühle mich trotzdem nicht so, als hätte ich eine Prostituierte bezahlt. Die zwei Minuten Schwanzmassage ordne ich unter der Kategorie Überraschungsmoment ein. Ich habe mich nicht mal getraut, Trinkgeld zu geben, damit nicht noch einer glaubt, ich hätte für den Griff in den Schritt bezahlt. Ich gehe trotzdem seither lieber wieder in andere Massagesalons. Und bin damit happy. The End.

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