FYI.

This story is over 5 years old.

Popkultur

So erschafft Hollywood den digitalen Menschen der Zukunft

Per 3D-Scanning und Motion Capture erschaffen Computeralgorithmen virtuelle Doppelgänger von Schauspielern, die sogar Emotionen täuschend echt wiedergeben können.
Bild: Activision

In ReForm, einem neuen Format von The Creators Project, treffen wir Künstler, die sich die neueste Technologie aneignen und in verschiedenen Bereichen zum kreativen Ausdruck nutzen.

Die Schauspieler, die ihr auf euren Bildschirmen, Fernsehern und Kinoleinwänden seht, verändern sich—und zwar nicht nur, weil sie älter werden. Die technologischen Fortschritte beim 3D-Scannen, Bewegungserfassung (motion capture) und digitalem Rendern gestalten die Welt des Bewegtbilds um.

Anzeige

Dank der innovativen Arbeit von Pionieren wie Paul Debevec von der University of Southern California (USC) verschwimmen bei den Protagonisten eurer Lieblingsgeschichten die Grenzen zwischen Person und Hologramm, Mensch und Maschine. Von teuren Blockbustern wie Avatar über die Entwicklung der CGI-Figur Digital Ira gemeinsam mit Activision ist Debevec dabei, der Welt die neuen digitalen 3D-Schauspieler näherzubringen. Doch während die virtuellen Modelle und Renderings jeden Tag etwas realistischer werden, bleibt eine Frage bestehen: Wie ist es, wenn man auf sein eigenes digitales Double trifft?

In der ersten Episode von ReForm, Hollywoods digitale Menschen, sprechen wir mit Ari Shapiro, einem Forscher am Institut Institute of Creative Technology (ICT) der USC. Er entwickelt gemeinsam mit Debevec und Javier van der Pahlen (Research und Development Director bei Activision) Digital Ira, ein 3D-Rendering seines eigenen, bewegungserfassten Gesichts in Echtzeit.

Ari zählt zu einer wachsenden Zahl an Schauspielern, die sich einer fast perfekten Nachbildung ihresgleichen gegenübersehen. Verständlicherweise reagierte Ari etwas unsicher, als er seinem digitalen Alter Ego zum ersten Mal begegnete.

„Sie erfassten mein Gesicht und ich lief im Büro herum, bis sie auf einmal sagten: 'Hey, guck mal, was wir mit dem digitalen Ari machen'“, erzählt Shapiro. „Ab einem gewissen Punkt war mir das alles zu intim. Sie hatten quasi eine Voodoo-Puppe, mit der sie ohne mein Wissen Dinge tun und manipulieren können.“

Anzeige

„Also schlug ich Paul vor, die Buchstaben meines Namens umzudrehen und es in Digital Ira umzubenennen, um ein bisschen Distanz zu erzeugen.“

Bild: Image Metrics

Für den Vorgänger von Digital Ira, Digital Emily, hatten Debevec und sein Team bereits 2009 ein glaubhaftes computergeneriertes Model der Schauspielerin Emily O'Brien (The Young and the Restless) konstruiert. So lebendig und authentisch das Modell auch war: Debevec erzählte uns, dass das Rendern eines einzelnen Bildes um die 30 Minuten dauerte—als sie 2012 dann Digital Ira in ein Computerspielsystem integrierten, schafften sie allerdings 30 Bilder in einer Sekunde aufzubauen.

Es ist dieses „Live“-Gefühl, das die Erschaffung digitaler Schauspieler so verführerisch macht. „Sie sind in der Lage, alle deine Ausdrucksformen zu erfassen, in 360 Grad. Jedes kleinste Detail deiner Haare ist erkennbar, sie können dich im Grunde duplizieren“, erklärt Schauspieler Stephen Lang, bekannt als Colonel Quaritch in James Camerons Avatar. Lang freut sich auf die Herausforderung, als 3D-Imitat zu spielen und ist bereit, die Konsequenzen in Kauf zu nehmen. „Es wäre seltsam, wenn ich 30 Jahre nach meinem Tod auf einmal in einem Porno mitspiele“, scherzt er.

Bild: USC Institute for Creative Technologies

Diese besondere Art des vollständig autonomen digitalen Schauspielers sei allerdings noch nicht entwickelt worden, betont Devebec: „Jede digitale Figur, die du bisher in einem Film oder Videospiel gesehen hast und deren Verhalten und Gefühle du für echt hältst, hältst du für echt, weil es ein echter Schauspieler war, der ursprünglich die Rollte gespielt hat.“

Debevec sieht in der Technologie mehr als nur ein Werkzeug für die Erschaffung realistischer Roboter-Kämpfe oder digitaler Doppelgänger: „Vielleicht ist es wirklich so, dass wir aus einem Satz von Atomen bestehen, die auf der Erde existieren und eine Notwendigkeit und Fähigkeit besitzen, etwas zu produzieren, zu geben und auf irgendeine Weise beizutragen. Das unterscheidet uns von jeder Art von Computer-Algorithmus. Vielleicht stehen wir aber vor schwierigen Fragen, wenn ein Computer-Algorithmus irgendwann auch dazu in der Lage ist oder wir einen Roboter dazu befähigen.“

„Glücklicherweise“, schlussfolgert er, „haben wir Hollywood, um uns all diese Situationen vorstellen zu können.“