Dieser Bauer spioniert seine Kühe mit einer Drohne aus

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Technologie

Dieser Bauer spioniert seine Kühe mit einer Drohne aus

Mit einer 14 Millionen Pixel scharfen Kamera und Propellern, die die Maschine bis zu 90 m hoch fliegen lassen, überwacht die Drohne von Bauer Gareth Powell dessen Kuhherde. Sieht so die Zukunft der Milchwirtschaft aus?

Nur wenige technologische Entwicklungen rufen bei uns so viele Emotionen hervor wie Drohnen. Sie repräsentieren eine Welt, in der wir uns eigentlich noch gar nicht wohlfühlen, denn sie stehen für die Zukunft.

Als ich auf den Hof der Smith's Farm, das Zuhause der Powell Agricultural Contractors in Wiltshire, vorfahre, ist Skepsis das Letzte, das mir durch den Kopf geht, obwohl mich der Besitzer Gareth Powell mit einer ominösen silbernen Box begrüßt.

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„Hier drin ist die Drohne", sagt er.

Tagsüber sitzt Powell hinter dem Lenkrad eines großen Traktors, mit dem er Flüssigmist auf Farmen verteilt. Um sicherzustellen, dass der Flüssigmist gleichmäßig verteilt wird und dass die Rohre darunter nicht beschädigt werden, verwendet er eine Drohne.

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Sie ist nicht größer als 50 x 40 cm, geht mir etwa bis zur Mitte des Schienbeins und ist aus dünnem Plastik. Im Grunde sieht sie wie ein normales ferngesteuertes Flugzeug aus, nur dass sie die gleiche Höhe eines kleinen echten Flugzeugs erreichen kann.

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Bauer Gareth Powell (rechts) führt dem Autor seine Drohne vor. Alle Fotos von Michael Griffiths.

„Momentan ist sie ungefähr 20 bis 25 Stunden pro Woche in der Luft und schafft um die 25 Minuten am Stück", erklärt Powell. „Rechtlich gesehen darf sie nicht höher als 300 Fuß [ca. 91,5 m] fliegen, weil es sonst zu einer Störung mit Flugzeugen und Helikoptern kommen könnte. Theoretisch könnte sie aber mehr."

Die Drohne hat außerdem eine eingebaute Kamera mit einer Auflösung von 14 Millionen Pixel, die Powell mit seinem Smartphone synchronisiert, um seine 150 Kühe große Herde zwischen dem Melken zu überwachen. Wenn ein Tier beispielsweise angeschlagen ist, kann er es so von einer zentralen Stelle aus beobachten, ohne aufs Feld hinaus gehen zu müssen und den Rest der Herde zu stören. Die Kamerafunktion setzt er außerdem dazu ein, Strukturen auf dem Feld selbst zu erkennen, die eventuell auf eine Bodenverdichtung oder auf unterschiedliche Fruchtbarkeit hinweisen.

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„Wenn wir Fotos machen, müssen wir aus Sicherheitsgründen jeden, der auf dem Bild zu sehen ist, um Erlaubnis bitten", fügt Powell hinzu.

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Powells Bauernhof ist vermutlich einer der wenigen im Land oder gar Europa, der diese hochmoderne Technologie einsetzt. Während aber in Großbritannien die Milchpreise weiterhin sinken, ist alles, was dem Bauern und somit seinem Produkt einen Vorteil verschafft, etwas Positives.

„Es spart Zeit, in der man sich um das Wohlbefinden der Tiere kümmern kann", sagt Amanda Ball, Leiterin der Marketing- und Kommunikationsabteilung von AHDB Dairy, einer Non-Profit-Organisation, die für die britischen Milchbauern tätig ist. „Wie in jedem Geschäft haben auch Milchbauern ihre Geschäftsziele und KPIs. Es geht darum, die Produktionseffizienz messen zu können."

Bell betont, dass die Technologie neu ist und dass „Drohnen nicht die Lösung für die derzeitigen finanziellen Herausforderungen", denen Milchbauern gegenüberstehen, sind.

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Der Einsatz von Drohnen ist jedoch symptomatisch für das Verlangen der Branche nach Innovation. Während sich die Technologie immer weiter verbreitet und sich die Bauern damit immer wohler fühlen, sollen Drohnen in naher Zukunft verwendet werden, um Kühe zu treiben und zu lenken.

Wenn man sich die Drohne von Powell ansieht, hält man das vielleicht erst einmal für unwahrscheinlich. Wenn man sie aber hört, versteht man es besser—das Geräusch liegt irgendwo zischen einer Alarmglocke und einem flammenden Wespennest. Ich hatte das Gefühl, wenn sie nur wollte, könnte sie mich angreifen und ich würde den Kampf nicht gewinnen.

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Als Powell und ich die Drohne ausprobieren, verspüren die Kühe der Maschine gegenüber eine Mischung aus Ambivalenz und Angst. Die Kälber weichen ihr aus und trippeln zurück in ihren Stall. Ein ältere Kuh beäugelt sie anfangs neugierig, kehrt dann aber auf ihren Platz in der Herde zurück.

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Hannah Chard, Hof-Leiterin der Smith's Farm in Wiltshire.

Keiner auf der Farm kennt die Kühe besser als Hannah Chard, die seit 20 Jahren die Farm leitet. Nach einer Tour durch den Bauernhof, inklusive frisch geborenem Kalb, kommen wir zum Milchstand. Jeden Tag werden dort etwa 3.400 Liter Milch gemolken, die allesamt an Cadbury gehen und zu Schokolade verarbeitet werden.

„Oft bin ich schon um vier Uhr wach und um zehn am Abend immer noch draußen", sagt Chard, während sie Kühe streichelt und Euter an die Melkmaschine anschließt. „Ich habe die Landwirtschaft im Blut."

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Wie dem auch sein mag: Moderne Technologien wie Drohnen haben einen großen Einfluss auf den Arbeitsalltag von Bauern wie Chard. Wenn man seine Herde aus der Distanz überwachen und Problemen mit der Erde vorbeugen kann, hat man mehr Zeit, um sich um die Tiere selbst zu kümmern.

„In der Zeit kann ich Hufe pflegen oder mich um die Kälber kümmern", sagt Chard. „Eine glücklichere Kuh produziert bessere Milch."

Angesicht der Tatsache, dass sich die Zahl der Milchbauern in England und Wales in den letzten zehn Jahren halbiert hat, könnte es an der Zeit sein, neue Technologien aufzugreifen—egal, wie unwohl wir uns anfangs damit fühlen.

Alle Fotos von Michael Griffiths.