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entscheidend ist im geldbeutel

Kommerz und Fanprostest in vier Akten—Wie die gelbe Wand schwarz wurde

Der BVB malte über ein Zitat einer Legende vor dem Stadion eine Werbebotschaft—die Fans sorgten für einen Shitstorm und Dortmund ruderte zurück. Ein Zeichen für die Sensibilisierung von Vereinen oder bleiben die Fronten verhärtet?
Screenshot Facebook

Es brodelt im Hause Borussia Dortmund. Während die BVB-Mannschaft auf dem Platz Sieg für Sieg einstreicht, gibt es neben dem Platz neuen Ärger zwischen Fans und Verein. Auf einer Wand zu einer Parkplatzeinfahrt direkt vor dem Signal Iduna Park, wo am Spieltag tausende Anhänger vorbeilaufen, konnten die Fans bis vor kurzem noch Schwarz auf Gelb ein Zitat von BVB-Legende Adi Preißler lesen: „Entscheidend ist auf'm Platz."

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Screenshot Facebook

Vor dem Heimspiel gegen Leverkusen am Sonntag hatte die Marketing-Abteilung des Vereins den Spruch jedoch übermalen lassen—schließlich ist es ein wertvoller und schmucker Platz für Werbung. Der offizielle BVB-Premium-Partner Opel sollte fortan die Einfahrt zieren.

Tausche legendären Spruch gegen Werbebotschaft. Traurig @BVB #AdiPreißler #€chte€iebe (Foto©BVB Away-Sups Werdohl) pic.twitter.com/p8bEJNIKfs
— Timo (@erfolgimteam) 20. September 2015

Womit der BVB jedoch nicht gerechnet hatte: Die Fans sorgten in den sozialen Netzwerken für einen kleinen Shitstorm. Vorwurf: Man verkaufe sich selbst und die Tradition des Vereins immer mehr. Auf Twitter und Facebook versuchte der Verein dauraufhin seine Fans zu beruhigen. Die Botschaft: „…bei der Gestaltung der Wand ist etwas schiefgelaufen".

.@BVB_Sued_11 Keine Sorge! Es handelt sich hier nicht um die finale Version. Das Zitat wird weiterhin (gelb auf schwarz) dort stehen, (1/2)
— Borussia Dortmund (@BVB) 21. September 2015

.@BVB_Sued_11 (2/2)…inkl. eines viel kleineren Auftritts von Opel weiter unten. Gegen Darmstadt wird die angedachte Lösung zu sehen sein.
— Borussia Dortmund (@BVB) 21. September 2015

Die Fans hielten die Stellungnahme jedoch für eine fadenscheinige Ausrede. Hauptschuldiger ist für viele Fans BVB-Marketing-Direktor Carsten Cramer, der unter anderem für den bundesweit bekannten BVB-Slogan „Echte Liebe" zahlreiche Preise gewann. Am Dienstagmorgen tauchten dann Bilder von der mittlerweile schwarzen Wand auf, die von Fans kurzerhand selbst umgestaltet wurde. „Sorry uns ist da ein Fehler unterlaufen! (Carsten Cramer)", stand nun dort. Kurz darauf wurde die Botschaft wieder schwarz übermalt.

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Die „Neugestaltung" gefiel mehreren Tausend Fans auf Facebook. Zu weiteren Umgestaltungen der Wand wird es aber nicht kommen. Carsten Cramer erklärte nun den „Ruhr Nachrichten": „Wir haben die Sensibilität der Thematik im Vorfeld der Leverkusen-Partie falsch eingeschätzt. Das war nicht in Ordnung. Natürlich werden die Worte Adi Preißlers auch in Zukunft zu sehen sein."

Nach den groß angelegten Protesten gegen die „Instrumentalisierung der Flüchtlinge durch die Bild-Zeitung" und dem Boykott wegen zu hoher Ticketpreise in Hoffenheim provozierte jetzt die Werbebotschaft den dritten Fan-Ärger binnen weniger Tage. Die Vereine haben gemerkt, dass sie dies nicht ignorieren können. Vor allem Klubs wie Borussia Dortmund, die sich als fannahe Traditionsvereine verstehen, müssen den Spagat zwischen den Interessen der eigenen Anhänger und den eigenen Finanzen in Zusammenarbeit mit den Sponsoren schaffen. Die Opposition besteht nicht mehr nur aus den Ultras, sondern auch den Sitzplatzdauerkarteninhabern oder Schreibtischtätern in den sozialen Medien. Sie sind Gegenpol zur Kommerzialisierung des Profifußballs und wollen den eigenen Verein immer wieder sensibilisieren und ihm die Grenzen aufzeigen. Die Zukunft wird zeigen, wie sehr sich die Fronten verhärten und wohin sich der Fußball entwickelt.

Das Problem ist: Fanliebe bereichert nicht unmittelbar das Konto, Sponsorengelder schon.

Folgt Benedikt bei Twitter: @BeneNie