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Das Beste an den Neunzigern waren die American Gladiators

Kennst du noch die sonnengebräunten Halbgötter, die in Spandex gegen Amateursportler antreten? Das waren die American Gladiators und sie waren fantastisch!

Kannst du dich noch daran erinnern, als es noch cool war, alles abzufeiern was aus Amerika kam? Zugegeben, ist schon sehr lange her, aber wir alle erinnern uns gerne an die Zeiten von Cindy Crawfords Beach-Workout-Video oder einem Michael Jordan, der mit den Bulls die gegnerischen Teams regelrecht zerfleischte. Es gibt viele Dinge aus den Neunzigern, die man abfeiern kann. Eines bleibt mir aber besonders in Erinnerung: und zwar die extravaganten Gameshows dieser Zeit. Allen voran die American Gladiators. Die ultimative Show, die alles vereinte, was Amerika zum damaligen Zeitpunkt ausmachte. Stärke, Coolness, Ausdauer und Willen. USA! USA!

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Die American Gladiators verkörperten den Amerikanischen Traum in Reinform. In dieser Show konnte sich zum ersten Mal in der Fernsehgeschichte der gewöhnliche Durschnittsamerikaner mit Ex-Footballspielern und halbgottartigen Bodybuildern messen. Die Wettkämpfe waren eine Mischung aus Kraft-, Ausdauer- und Schnelligkeitswettbewerben. Dazu gab es einen Hindernisparcours, Schaumstoffkanonen, Dauerwellen, und eine Menge unglaublich schlechter Sprüche. Kann es etwas besseres geben?

Für mich waren die Gladiatoren die treibende Kraft dieser Show. Denn nicht nur ihre Namen waren der Ausdruck von purer Stärke und Dominanz, in ihren Rollen wurde auch noch jedes amerikanische Klischee bedient, das man sich denken konnte. Ihre Namen waren Nitro, Malibu, Storm oder Gemini, um meine Favoriten zu nennen. Neben ihnen gab es noch sechs weitere Gladiatoren. Und auch ihre Namen waren ein Ausdruck des amerikanischen Lebensgefühls, inspiriert von allem, was Kraft ausstrahlen sollte oder gefährlich klang. Sind wir mal ehrlich, wie kann jemand, der einen Namen trägt, der so etwas verkörpert, nicht verdammt lässig sein? Auch die unterschiedlichen Charaktereigenschaften, welche die Gladiatoren versuchten, mit ihrem limitierten schauspielerischen Talent zu verkörpern waren Unterhaltung vom aller feinsten. Zugegeben, keiner von ihnen schien ziemlich helle, doch für mich war es vom Showcharakter wie Wrestling, nur besser.

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Die Kandidaten, die höchstens als mittelmäßige Amateursportler durchgingen, zeigten immer wieder, dass sie den überlegen wirkenden Gladiatoren durch ihre Hartnäckigkeit Paroli bieten und sie in den verschiedenen Disziplinen besiegen konnten. Antrieb dafür waren meist die 10.000 Dollar, die dem Gewinner winkten. Vielleicht war es aber auch der Adrenalinstoß, der die Kandidaten heimsuchte, wenn sie von einem Malibu oder Gemini mit dem Schaumstoffpratzen eine durchs Gesicht gezogen bekamen. Doch Malibu, Nitro, Storm und Gemini waren oft trotzdem nicht das Maß der aller Dinge und genau das machte diese Show so spannend.

Mit dem Ertönen des fanfarenartigen Intros fühlte man sich wie in einen Bann gezogen. Vielleicht schon reizüberflutet von der übertriebenen Lichtshow und der geballten Ladung Amerika, die auf einen einrieselte. Doch man konnte es nicht erwarten, was das nächste Statement von Malibu war, wenn er von einem Kandidaten besiegt wurde oder zu sehen wie die Gladiatoren sich auf die nächste Aufgabe vorbereiteten. Man freute sich auf die Wettkämpfe, wie den „Joust", einen Kampf mit überdimensionalen Q-tips auf einer drei Meter hohen Plattform. Oder auf die Kletterwand, „The Wall", die die Kandidaten erklimmen mussten, während die Gladiatoren Schaumstoffgegenstände auf sie hinabwarfen. „Breakthrough & Conquer" war ein Spießrutenlauf durch fünf Gladiatoren, die den Kandidaten mit dicken Schaumstoffgegenständen um jeden Preis davon abhalten wollten, ans andere Ende zu kommen. Ihr kennt nur Takeshis Castle? Ihr habt nicht gelebt! Denn die American Gladiators waren der Urvater aller Gameshows und ihre Challenges ein überdimensionaler Spielplatz und Traum meiner Jugend.

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Die Idee für das Konzept eines ultimativen Kampfes zwischen Superatlethen und Amateursportlern wurde von Dan Carr und John C. Ferraro entwickelt und zum ersten Mal an einer High School in Erie, Pennsylvania ausgetragen. Sie verkauften ihre Idee an die amerikanische Filmfirma MGM, die daraus in kurzer Zeit die American Gladiators kreierten.

Somit war eines der erfolgreichsten Show-Formate der Neunziger geboren. Die American Gladiators liefen von 1989 bis 1996, in sieben Staffeln und in über elf Ländern, darunter Deutschland, Japan, Italien und Großbritannien. Und trotz eines simplen Konzepts schafften die Produzenten es, diese Show nie langweilig werden zu lassen und das Format immer wieder neu zu erfinden. Nach dem in der ersten Staffel ausschließlich der Durchschnittsamerikaner zu den Kandidaten gehörte, wurde das Kandidaten- und Gladiatoren-Feld erweitert. Nun machten auch internationale Teilnehmer mit, in einer Folge sogar zwei Deutsche.

Darauf folgte die Gold Medal Challenge, in der ehemalige Olympiateilnehmer es mit Malibu, Storm, Nitro und Co. aufnahmen. Gefolgt von Spezial- Ausgaben, in denen zum Beispiel die New Yorker gegen die Polizei von Los Angeles antrat. Auf ihrem Höhepunkt wurde in Orlando Florida sogar eine Dinnershow mit einem Teil der Gladiatoren veranstaltet. Sie waren die Superhelden ihrer Zeit, denen auch ein Cartoon gewidmet werden sollte. Aber klar, es waren die Neunziger—Thunder Cats, Transformers… Klingelt's?

Die Absetzung der Show 1996 markierte für viele der Gladiatoren einen entscheidenden Wendepunkt in ihrem Leben. Ein Großteil von ihnen wollte die Show als ein Sprungbrett für eine Karriere in der Film-Industrie nutzen, doch nur für die wenigsten erfüllte sich dieser (amerikanische) Traum. Vielmehr hörte man immer wieder Geschichten von gescheiterten Karrieren. Gladiatoren, die in der Porno-Industrie landeten oder im Drogensumpf der Vorstädte verschwanden.

Gerüchten zufolge war auch dies einer der Gründe für die Absetzung der Show. Der übertriebene Fitness-Wahn der Gladiatoren, die sich größtenteils mit Steroiden auf die Größe eines Hulks aufpumpten, förderten das Bild, das leistungssteigernde Substanzen zum Sport dazugehörten und das war mittlerweile ganz und gar nicht mehr amerikanisch. Dagegen war der Aufstieg und Fall der American Gladiators jedoch in vieler Hinsicht auch ein Zeichen dafür, dass auch der Amerikanische Traum irgendwann ein Ende finden sollte.

Folgt Jermain auf Twitter: @jayraff