Auf der Haustiermesse verschmelzen Mensch und Tier zu einem grotesken Gesamtkunstwerk

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Auf der Haustiermesse verschmelzen Mensch und Tier zu einem grotesken Gesamtkunstwerk

Hunde im Kinderwagen, Ratten aus der Kühltruhe und Heuschrecken-Schokobrunnen: Das war die Haustiermesse 2014.

Alle Fotos von Stefanie Katzinger

​ Vergangenen Sams- und Sonntag gehörte das Messezentrum Wien fast ganz den Tieren. Als ich von Hundewassersport, Hundetanzturnieren, Bauernhof-Gehegen und Alpacas gehört habe, wusste ich, dass ich dort auch sein muss. Ich habe mich mit einer gesunden Portion Tierliebe (und einer ungesunden, an Fanatismus grenzenden Katzenliebe), einer schaulustigen Freundin und ​der vielleicht besten Fotografin der Welt bewaffnet auf die Haustiermesse begeben, um zu sehen, wie Mensch und Tier zu einem weirden Organismus zusammenwachsen und ob die Ausstellung „der zweite Wiener Wirbellosentag" nicht vielleicht doch der Parteitag einer gewissen Partei ist, die ich zur Vermeidung einer Unterlassungsklage namentlich nicht erwähnen werde.

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Kennt ihr die Bilder und Videos von Automessen, bei denen die Leute eigentlich nur aufkreuzen, um mit ihrem tiefergelegten, neongelben VW-Golf anzugeben? So in etwa müsst ihr euch die—zum größten Teil von Hunden dominierte—Haustiermesse vorstellen, wo einfache Besucher mit Hunden herumstolzieren, die so aussehen als würde ihr Stammbaum bis in den Hof von Ludwig XIV zurückgehen. Dabei gehen Hund und Besitzer eine bizarre Symbiose ein und verschmelzen zu einem grotesken Gesamtkunsterwerk.

Angefangen bei Kaninchenspielplätzen haben wir uns zu Enten, Gänsen und Ziegen vorgearbeitet. Zum ersten Mal überkommt uns der Drang, ein Tier einzustecken. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Erstes Highlight: Ein Esel mit Weihnachtshaube. Esel sind eigentlich ziemlich niedlich, besonders weich aber nicht. Eher struppig wie ein Besen. Aber wenn sie weich wären, dann gäbe es auch Eselsmäntel. Also auch irgendwie besser so.

Vorbei an kleinen süßen Schweinchen, auf die man gerade eine Meute wilder, bürstenschwingender Kinder losgelassen hat, sind wir in das große Marktstand-Verkaufslabyrinth gegangen. Auf der achten Wiener Haustiermesse gibt es nämlich nicht nur Tiere in allen Farben sondern auch mindestens genau soviele Stände. Dabei ist es prinzipiell egal, was man verkauft. Tierfutter, Tierzubehör, aber auch Menschen-Futter, Fünf Euro-Slushies in einer Plastik-Palme, Katzenmützen, Türabtreter mit Mopsgesichtern im Stil von Volksschul-Freundschaftsbüchern und Tierhaar-Bürsten, die von einem Mann verkauft wurden, der wohl professioneller Teleshopping-Präsentierer ist. Diese Menschen entwickeln im Laufe der Zeit ein gewisses Talent, sich weder wie ein normaler Mensch zu bewegen, noch auch nur annähernd so zu sprechen. Neben Artikeln, die zumindest entfernt noch was mit Tieren zu tun haben, wurden auch Staubsauger-Roboter, Rasenmäh-Roboter und gravierbare Messer verkauft. Der nächste Terminator-Film hätte jedenfalls auch hier spielen können.

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Am Hunde-Catwalk (versteht ihr? Catwalk, und Hunde … ) tänzeln nach der Reihe Hunde und hundeähnliche Kreaturen über den Laufsteg, während eine in die Jahre gekommene Dame im Dauerfeuer jede Menge Wuffi-Trivialwissen raushaut und die Besitzer und Zuschauer gleichermaßen beeindruckt oder einschläfert. Mittlerweile haben wir auch ziemlich Hunger bekommen. Am besten wäre jetzt ein Hotdog …

Ein Paar Sacherwürstel später maneuvrieren wir uns an mehr Hunden im Kinderwagerl vorbei und schlendern zur Katzenausstellung. Auf diesen Moment habe ich gewartet. Wenn ich Katzen sehe, überkommt mich der Drang, sie zu streicheln und mich in ihre weichen Bäuche zu legen. Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich mich beim Anblick von 200 Rasse- und Flauschekatzen gefühlt habe wie Roseanne bei der großen internationalen Kuchenmesse. Die Katzen sitzen in Käfigen die mit Futter, Wasser und Katzenklo ausgestattet sind und sehen dabei ziemlich genervt aus. Die Katzen, für die man teilweise bis zu 5.000 Euro hinblättern muss, werden abwechselnd von internationalen Richtern nach Wuscheligkeit, Ohren, Augenpartie und weiteren katzistischen Merkmalen bewertet. Von sehr wuschelig bis haarlos, Maine Coon-Flauschbrummer bis zarte Birma-Katze war alles dabei. Nach zirka 20 Minuten habe ich Angst, dass mein Kopf in einer zuckersüßen Regenbogenwolke explodiert und wir irren weiter in andere Bereiche. Mittlerweile finden wir auch vereinzelt hinterlassene Hunde-Lackerl und in der Messehalle riecht es nach nassem Hund, Katzenstreu, Meerschweinchen, heißen Würstchen und karamellisiertem Popcorn. Zumindest hoffe ich, dass es Popcorn war.

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Vorbei an proletoidem Meidlinger Hundegeschirr sind wir im Schnelldurchlauf an Hunden vorbeigegangen, die mit Frauen im Nonnenkostüm zu „Ain't no Mountain High Enough" tanzen und bei den Spinnen und Insekten gelandet. Schnecken in Tupperware, dicke Tausendfüßler und mehr Spinnen als in meinem Keller ließen mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen und mich schnell vergessen, dass ich vorher noch süße Watte-Kitties gesehen habe. Der Mehlwurm- und Heuschrecken-Schokobrunnen war bei unserer Ankunft leider schon außer Betrieb, sodass wir uns mit Spinnenhalten und toten Ratten aus der Tiefkühltruhe begnügen mussten. Eine XL-Ratte ist mit 2.5 Euro nicht nur größer als ein Käsekrainer-Hotdog, sondern auch billiger. Für die Schlange mit Geschmack.

Es gab noch viele Stände, die einem mal mehr, mal weniger Aufmerksamkeit entlockten. Therapiezentren für Problemhunde, Aqua-Scaping, eine Backstube für Hundekekse und eine ziemlich lahme Katzentrick-Vorführung—aber vielleicht hätte ich auch meine Erwartungen von einer magischen Katze mit Zauberhut ein bisschen der Realität anpassen sollen. Alles in allem ist die Haustiermesse zum größten Teil eine Hundemesse, bei der man als Bonus kleine Schweinchen streicheln, grantige Katzen hinter Gitter begutachten und nach einem Insektenmahl jede Menge Merchandise mitnehmen kann (und soll). Ich weiß nicht, ob meine Kirsch-Blaubeer-Apfel-Slushie-Palme wirklich fünf Euro wert war, aber sie war verdammt gut. Okay, eigentlich war sie picksüß und ich hatte danach Bauchweh. Alpacas gab es übrigens aus „tierrechtlichen Gründen" anscheinend auch keine. Trotzdem war es ein ziemlich lustiger Ausflug in eine Bizarro-Welt aus Tierverrückten und ihren vier- oder tausendbeinigen Gefährten, die präsentiert wurden wie der edelste Shit, den es gibt. Und irgendwie haben sie damit auch ein bisschen Recht.

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_Legt euch mit Adrian in weiche Katzenbäuche: ​@doktorSanchez_


Kaninchen, ein guter Start zur Messe.

Tote Ratten eher nicht so.

Dieser Esel trägt ein Weihnachtsgeschirr. Deal with it.

Aqua-Scaping—designe dein eigenes, filmtaugliches Aquarium.

Hinter Gittern: Im Kaninchen-Knast.

Eine sündhaft teure Bengalkatze und ihre Züchterin in passendem Outfit.

Die Kitty fährt ziemlich auf Essen aus der Tube ab.

Noch einmal tote Ratten. Fast schon friedlich schlummern sie in der Kühltruhe.

Ja, das bin ich. Mit passendem Messe-Swag.

Zwei Hunde, drei Augen.

Katzen gibt es auch ohne Haare. Staubsaugen war gestern!

Halsbänder für den Hund mit Stil—oder für Paris Hilton.

Ohne Worte.

Ja, dieser Hund trägt Schuhe.

Hundekekse. Für Hunde.

Mehr Hundekekse.

Die feineren Vierbeiner.

Willkommen in Meidling.

Katzenmasken für die nächste Freakshow.

Ein frisierter Hund…

…und sein noch zu frisierender Bruder.

It doesn't matter if you're black or white.

Tausendfüssler in der Tupperware und Schnecken, die Kartoffeln essen.

Eine Ragdoll von vortrefflicher Flauschigkeit.

Hundestaffel.

Die Spinne im Glaskasten weiß nicht, was um sie herum geschieht.

Viele Hunde liegen einfach so am Boden rum und beobachten das Treiben.

Was sich dieser Hund wohl denkt?