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Deep Shit: zwischen Kunst, Arbeit und Handwerk

Der einfache Versuch des technischen Museums Wien, diese Dinge - ohne Schaß - zu thematisieren.

Kunst ist an sich zwecklos und erfüllt gerade deswegen einen Sinn, während Arbeit einem Zweck dient, der nicht unbedingt Sinn haben muss. Insofern waren schon immer Menschen und Institutionen bemüht, dem Zweck, der Produktion von Gütern, einen tieferen Sinn zu geben. Ob wir nun an die starken Arbeiterarme sowjetischer Skulpturen denken oder an verzweifelte Zwitterwesen, die ihr Handwerk mit Kunst anreichern und sich Graphikdesigner nennen; das ist völlig egal. Die Kunst wird zweckdienlich. Die Arbeit (bei ersteren) oder der Konsum bzw. das banale Werben (Beispiel: Grafikdesign-Hipster) wird sinnerfüllt. Die Kunstwelt ist aber bereits selbst dieser Sehnsucht nach etwas Konkretem, einem Zweck erlegen. Zum einen geschieht dies aus der Faulheit heraus, sich mit gegenwärtiger Kunst auseinandersetzen zu müssen. Zum Anderen geschieht es aus einer Angst heraus, die auf wackligen Beinen des Fetischs stehende Kunst von Freunden, Bekannten und Stars der "Szene" zu erschüttern und auf den Boden der totalen Willkür fallen zu lassen. Dort, wo diese Kunst oft entstanden ist. Und so wie jedes Handy ein Computer wird, und jeder Computer ein Telefon, so versuchen sich auch manche Künstler den Umhang des Konkreten, z.B. des Kurators umzuhängen, während die Kuratoren sich gierig den des Künstlertums umhängen. Dass den meisten Kuratoren dieser Kunst-Umhang genauso gut passt wie ein greller Morgenrock und Plateauschuhe einem napoleon-komplex-behaftetem Joe Pesci ist meist eine Folge davon. Auf der Dokumenta holte z.B. Carolyn Christov-Bagarkiev den Quantenphysiker Anton Zeilinger in die Ausstellungsräume, um total pädagogisch zu erklären, dass auch die Naturwissenschaft von vordergründig irrationalen Paradigmen ausgehen muss, um die Rationalität, die irdischen Gesetze erklären zu können. Es ist genauso schade, wenn aufgrund in die Sackgasse gelangter Kunst, die Documenta einen Anton Zeilinger im "White Cube" nötig hat, wie es erfreulich ist, was sich in diesen Tagen im Technischen Museum Wien abspielt. Ohne fingerzeigende Besserwisserei schafft man es dort - unterstützt durch die Erste Stiftung - der Kunst einen historischen Museumsraum zu eröffnen. Kein White Cube für Kunst, sondern zwecklose Sinnhaftigkeit ist dort zwischen Schwungräder und anderen technischen Errungenschaften gestreut worden. Überzuckerte Schulklassen treffen dort auf Installationen und Videos von u.A. Ulrike Lienbacher oder Harun Farocki. Die Ausstellung At your Service - Kunst und Arbeitswelt ist Teil des diesjährigen "Arbeit"-Themenjahres, nachdem sich das Technische Museum letztes mal dem Abenteuer Alltag verschrieb. Durch die Hallen eines Museums zu laufen und statt nervöser Hornbrillen-tragenden Gallerie-Besucher überzuckerte Schulklassen zu sehen, die in Zukunft allesamt irgendwie in unsere Arbeitswelten integriert werden sollen, motiviert einen aber noch viel mehr die Antworten und Fragen in den ausgestellten Kunstwerken zu suchen und den Weg ins Technische Museum Wien anzutreten. Abseits der ausgetretenen Avantgarde-Pfade der Wiener Gallerien.

Die Ausstellung „AT YOUR SERVICE – KUNST UND ARBEITSWELT“ läuft noch bis zum 02. März 2013. KünstlerInnen wie Pavel Braila, Anna Jermolaewa, Daniel Knorr und Ulrike Lienbacher wurde dazu vom Technischen Museum Wien eingeladen, zum Thema Arbeit Installationen zu produzieren. Videos von Harun Farocki, Adrian Paci und Anne Tallentire ergänzen das Spektrum.