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Ich habe versucht, eine Nutte in Amsterdam zu lieben

Ich wollte ihr beweisen, dass ich anders bin als die anderen Freier. Und habe erstmal mehr Kohle hingeblättert.

Ein Semester lang studierte ich Jura an der Universität von Amsterdam. Dabei ist mir im Rotlichtbezirk folgende Geschichte passiert. Vielleicht findest du es widerlich, was ich über das älteste Gewerbe der Welt zu erzählen habe, aber irgendwie sind wir eh alle Prostituierte. Ich zum Beispiel prostituiere mich für diesen Artikel, indem ich meine Sexkapaden als Journalismus verkaufe. Geht's noch schlimmer?

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Es gibt zwei Arten von Städten—in Städten wie L.A. oder New Orleans sind alle sehr nett zu dir, in anderen Städten wie New York oder Paris sind alle die reinsten Arschlöcher. Und Amsterdam gehört auch dazu.

Dafür sind diese Städte der zweiten Sorte aber auch schöner, und Amsterdam ist da keine Ausnahme. Die Stadt ist wie ein Irrgarten, atemberaubend schön und exklusiv. Die Amsterdamer Grachten breiten sich kreisförmig von der Stadtmitte aus wie Schallwellen von einem Lautsprecher. In der Mitte dieser Anlage erstreckt sich ein großes Bordell über viele verwinkelte Gassen. Das ist das Rotlichtmilieu der Stadt.

Prostituiere im Rotlichtbezirk kannst du in mehrere Kategorien unterteilen; sie bilden so etwas wie kleine Bezirke im Bezirk. Auf dem großen Straßenstrich findest du die „Normalen"; nicht richtig sexy aber auch nicht richtig schräg. Die sehen ganz OK aus, vielleicht ein kleines bisschen kaputt. In den Seitengassen findest du die „Spezialisten": alt und blond, Frau mit Schwanz, die Molligen zum Liebhaben. An der Ecke, wo die großen schwarzen Frauen rumstehen, ist immer am meisten los.

Und dann gibt's noch den Schnäppchenstrich.

Als ich ganz neu in Amsterdam war, hatte ich Schlafprobleme. Eine Nacht hatte ich genug davon, mich in meinen kratzigen IKEA-Laken hin und her zu wälzen und ging noch mal raus. Ich war auf der Suche nach einem Coffeeshop. Die machen alle um 3 Uhr morgens zu; ich war 10 Minuten zu spät dran. Vor einem Hostel traf ich auf zwei freundliche Italiener, die verkauften mir immerhin einen Joint. Ich zündete ihn mir an und machte mich auf in Richtung Rotlichtbezirk.

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Dort war einiges los. Es war laut. Viele Touristen waren unterwegs, die sich hier mal umkucken wollten. Es waren auch Einheimische da, die mittleren Alters waren und hier ihre schmutzigen Besorgungen erledigten. Ich schlenderte 45 Minuten lang herum und betrachtete dabei die Frauen, wie sie in ihren roten Schaufenstern saßen, manche hübsch, manche weniger. Plötzlich stand ich in einer Gasse, die irgendwie anders war. Sie war enger gebaut, vielleicht nur einen Meter breit. Das Eingangstor war mit buntem Graffiti verziert. Es war eine Sackgasse, an deren Ende ein Neonschild über einem Stripclub hing. Zum Ende der Gasse wurde sie wieder breiter, aber der Club war geschlossen. Neben der Eingangstür befand sich aber halb versteckt noch eine winzige Passage, die woanders hinführte. Ich ging hinein.

Es eröffnete sich mir ein Netzwerk von überdachten Gassen, die mit Holz verkleidet waren. Noch mehr rote Schaufenster, aus denen Nutten rausschauten und lächelten. Sie winkten mir zu, aber ich zog weiter.

Da kam ich an einer Brünetten vorbei. Sie hatte türkisblaue Augen und langes schwarzes Haar. Schöne Haut und einen schwarzen Bikini. Nach einer weiteren Runde stand ich wieder vor ihr. Ich schaute genauer hin. Vielleicht 1,65 m groß, zierliche Gestalt, große Brüste und einen flachen Bauch … makellos. Sie lächelte und öffnete mir die Tür zur ihrer kleinen rote Welt.

Sie zog die Vorhänge zu. „50 Euro", sagte sie knapp.

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„Was bekomme ich dafür?", fragte ich.

„Blasen und ficken." Sie war ganz ruhig. Ihr Gesicht passte zu ihrem perfekten Körper: feste Wangen, volle Lippen, sie sah noch jung und frisch aus. Sie kam aus Bulgarien.

„Für 100 Euro kannst du eine halbe Stunde haben", sagte sie. „Willst du?" Ich kramte in meinem Geldbeutel. Ich hatte 70 Euro dabei.

„Ich will, aber ich hab nur 70. Sorry, mehr hab ich nicht." Ich zeigte ihr die zerknitterten Geldscheine in meiner Hand. „Können wir es für 70 machen?"

„Nein! Dafür kriegst du nur 15 Minuten!"

Was dann kam, war weniger befriedigend als Masturbation. Erst hatte ich ein Kondom über und sie blies mir einen, dann hatten wir 3 Minuten lang Sex. Dabei zeigte sie null Gefühl oder Interesse. Sie wollte einfach nur das Ejakulat aus mir rausquetschen, wie man ein totes Tier im Schlachthaus ausbluten lässt. Und das Schlimmste: Sie bekam es nicht mal hin.

Als mir meine Brille aufs Bett fiel, sah ich sie an. Sie kicherte und ich auch. Dann sagte sie: „Zeit vorbei." Ich wollte protestieren aber das brachte nichts.

Ich zog mich an. Ich war frustriert und noch nicht fertig. „Weißt du, du könntest dir schon ein bisschen Mühe geben. Wenn du diesen Job machst, kannst du ihn auch gut machen."

„Nein", war ihre Antwort, „das ist egal. Niemand geht zweimal zum selben Mädchen. Die Männer wollen immer eine Andere, eine Neue."

Ich wollte ihr das Gegenteil beweisen.

Langsam hatte ich mich in Amsterdam eingelebt. Ich fuhr mit meinem Rad durch den Regen. Ich aß Stroopwafeln und trank Bier in Cafés. Aber ich konnte sie nicht vergessen.

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An einem schönen Mittwoch verließ ich um 20 Uhr meine Wohnung. Mir war langweilig und ich war geil. Mit dem Rad sauste ich über das Kopfsteinpflaster, bis ich plötzlich wieder im Rotlichtbezirk stand.

Wie üblich zu dieser Zeit schlenderten Familien durch die Straßen. Die Väter grinsten schmutzig, die Mütter wirkten etwas nervös und die Kinder kicherten verschämt.

Es dauert nicht lange, sie zu finden. Ein paar Fenster den Schnäppchenstrich entlang und da war sie: stolz und still. Die Brust rausgestreckt, die Beine nach hinten und einen Anflug von einem Lächeln auf den Lippen. Wieder betrat ich ihre kleine rote Welt.

Abgesehen davon, dass das hier ein Strich ist, war es schön, aus dem Kalten ins Warme zu kommen—besonders, wenn eine nackte und wunderschöne Frau neben dir liegt. Ich wollte wissen, wie sie heißt. Olivia. Und ob sie sich an mich erinnert.

„Oh. Das ist so lange her. Andere Männer … waren hier", sagte sie.

„Was, hast du etwa auch mit anderen Männern geschlafen?", sagte ich. Sie musste lachen.

Dieses Mal wollte ich es besser machen, also gab ich ihr 150 Euro. Ich wollte mir ein bisschen Intimität erkaufen und das klappte auch. Sie stöhnte, wälzte sich hin und her, sie legte meine Hände auf ihre Hüften.

„Wie willst du mich haben?", fragte sie, auf allen Vieren. Sie sah wunderbar aus und lehnte sich ein kleines bisschen zurück. Sie stützte sich auf ihre Hüften, ihre braune Mähne fiel ihr auf den Körper. Mir schossen die Hormone durch den Kopf wie Lachse einen Bach hinaufschießen.

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„Genau so", sagte ich.

Danach war noch Zeit auf meiner Uhr. Von den vereinbarten 45 Minuten hatte ich nur drei oder vier benötigt. Peinlich. Wenn ich gleich noch mal wollte, dann könnten wir noch mal, sagte sie. Wir saßen auf ihrem Bett und redeten.

Ich wollte wissen, warum sie nicht einfach einen reichen Typen heiratet. Irgendwie habe das bei ihr nie funktioniert. „Es gibt Mädchen, die haben Glück. Sie treffen einen Typen und es klappt. Ich hatte immer Pech."

Ich sagte ihr, dass sie in New York viel mehr Geld verdienen könnte. Sie wollte mehr wissen und ich schrieb ihr auf eine Serviette: „Emperor's Club", „Five Diamonds" und „Girlfriend Experience". Zur Sicherheit schrieb ich noch „Eliot Spitzer" dazu.

Ich machte einen Versuch: „Wollen wir uns mal treffen und rumhängen? Keinen Sex, nur etwas trinken? Ohne Hintergedanken? Nur so als Freunde?" Ich fand den Gedanken toll, mit einer wunderschönen Nutte aus Amsterdam befreundet zu sein. Auch wenn ich riskierte, mir was zu holen oder von einem Zuhälter eins aufs Maul zu kriegen.

Sie musste lachen. „Nein, einfach weil wir uns hier kennengelernt haben. Mit so jemandem kann ich nicht befreundet sein."

„Warum denn nicht?", wollte ich wissen.

„Darum. Es geht nicht."

Wir redeten noch 20 Minuten, während wir auf einer großen Abdeckplane lagen. Wie ein ganz normales Liebespärchen in seinem Liebesnest. Ich zog mich wieder an, umarmte sie und dann lächelte sie mich an. Sie öffnete die Tür. Ich schaute noch mal zurück, sie zwinkerte mir ein letztes Mal zu.

Auf meinem Nachhauseweg machte ich Halt bei FEBO, einem holländischen Fast-Food-Laden, wo du dir das frittierte Zeug direkt aus den Plastikeimern greifst. Keine Bedienung, kein „Der Kunde ist König"—einfach nur ein Fressschuppen. Nur kannst du dir in diesem Schuppen die warme Befriedigung mit nach Hause nehmen.