FYI.

This story is over 5 years old.

News

Nordkorea hat ein riesiges Crystal-Meth-Problem

Eine neuer Bericht zeigt, wie Nordkorea über Jahrzehnte hinweg Crystal Meth, auf das sogar Walter White stolz wäre, in die ganze Welt vertickt hat. Während die staatlich überwachte Produktion seit 2005 zurückgegangen ist, hat der private Konsum...

Tanzende Mädchen in Pjöngjang (Foto via Flickr-User Leef_Smith)

Nordkoreanisches Meth ist der Wahnsinn—zumindest wenn du die beiden US-Beamten fragst, die im letzten Jahr zwei Chargen davon getestet haben. Die Päckchen mit den Kristallen wiesen eine Reinheit von 98, bzw. 96 Prozent auf. Der Anklageschrift gegen die Dealer, die 2013 verhaftet wurden, zufolge war die Droge so rein, dass „die Leute in New York total durchgedreht sind.“

Anzeige

Dr. Sheena Chestnut Greitens, Assistenzprofessorin am politikwissenschaftlichen Institut der Universität von Missouri, hat einen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass die nordkoreanische Regierung seit den 70er Jahren mit der Herstellung von Drogen und anderen dubiosen Aktivitäten versucht, die Staatskasse aufzubessern. Im Jahre 1976 wurde Nordkorea in seiner Kreditwürdigkeit herabgestuft; Dr. Greitens beschreibt, wie im gleichen Jahr „ein Dutzend nordkoreanischer Diplomaten, einschließlich des nordkoreanischen Botschafters in Norwegen, wegen illegalen Schmuggels hinausgeworfen wurden.“ Sie schmuggelten „4000 Flaschen Alkohol (hauptsächlich polnischer Wodka) und 140.000 Zigaretten in Schweden, sowie 400 Flaschen Schnaps, 4.5 Millionen Zigaretten und 147 Kilo Haschisch in Dänemark.“

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor Nordkorea seine kommunistischen Geldgeber. Dieser Verlust, zusammen mit harten Sanktionen und desaströsen politischen Entscheidungen, führte in den 1990er schließlich zur großen Hungersnot, in deren Verlauf schätzungsweise 1.000.000 Menschen starben. Fabriken konnten nicht betrieben werden, und Fischer starben im Hafen, da sie kein Öl hatten, womit sie ihre Boote hätten betanken können. In dem verzweifelten Versuch zu überleben, zwang das Kim-Regime die Bauern dazu, Schlafmohn anzupflanzen, und forderte 60 Kilo Rohopium pro Ernte. „Wir sollten Getreide anbauen, nicht Mohn“, erklärt ein Überläufer in Dr. Greitens’ Bericht. „Aber die Anweisung der Zentralregierung war die, dass wir, wenn wir Schlafmohn anbauen, das Produkt für den zehnfachen Preis verkaufen könnten, um Getreide zu kaufen.“

Anzeige

Als die Hungersnot in den 2000ern zu einem Ende gekommen war, begann man in den nordkoreanischen Fabriken, eine modernere Droge zu produzieren: Methamphetamin. „Es wird berichtet, dass sich Mitarbeiter Nordkoreas diverser verschiedener Sicherheitsdienste um den Schutz der Fabriken kümmerten“, schreibt Dr. Greitens, während in den Fabriken selbst nordkoreanische Walter Whites damit beschäftigt waren, Chemiker in der Synthese puren, hochwirksamen Crystal Meths zu schulen.

Eine Line Crystal Meth oder "Bangdu" auf Chinesich (Foto via Flickr-User Digitalcolony)

Meth und Heroin aus Nordkorea erzielten hohe Preise auf dem Schwarzmarkt. Triaden- und Yakuza-Gangs verbreiteten beides in China, Japan und den USA. „Die Banden fischten Päckchen aus dem Meer … Die Drogen wurden aber auch per Zug über die nördliche Grenze Nordkoreas nach China transportiert.“

Aber warum sollte man sich auf die Arbeit verzweifelter Gangster verlassen, wenn man über die Welt verteilt eine ganze Truppe von Agenten hat, die sich legal in den Ländern aufhalten und dazu noch diplomatische Immunität genießen? Tatsächlich wurden Mitarbeiter nordkoreanischer Botschaften weiterhin wegen verschiedenster Delikte aus ihren Gastländern geworfen. Abgesehen von Drogen schmuggelten sie Elfenbein, 500.000 gefälschte Zigaretten und gefälschte 100-Dollar-Scheine, die so täuschend echt waren, dass das US-Finanzministerium sie als Superdollars bezeichnete.

Anzeige

„Wenn man die Vielfalt der Produkte und die wiederholte Beteiligung nordkoreanischer Diplomaten an diesen Vorfällen bedenkt, scheinen diese Schmuggelvorgänge vor allem das Ergebnis einer Politik der Selbstfinanzierung zu sein, wobei es darum geht, dass die Botschaften ihre Operationen selbst finanzieren und gleichzeitig noch das Regime in Pjöngjang unterstützen“, schreibt Dr. Greitens.

Seit 2005 hat das Regime die Meth-Produktion offenbar stark heruntergefahren. „Die nordkoreanische Regierung hat bereits alle Labore niedergebrannt, um den Amerikanern zu zeigen, dass sie es nicht mehr verkaufen, [aber] dann haben sie es einfach an einen anderen Ort verfrachtet“, wird einer der Importeure, der letztes Jahr verhaftet wurde, in der Anklageschrift zitiert. Andernorts behauptet er: „Jetzt kriegen nur noch [Nordkoreaner] das echte nordkoreanische Produkt.“

Die Schließung der regierungseigenen Meth-Labore hat viele junge, talentierte Meth-Köche in die Arbeitslosigkeit getrieben. Viele von ihnen arbeiten nun dort weiter, was Dr. Greitens als „einen hybriden Ort zwischen dem öffentlichem und dem privaten Raum“ bezeichnet. Auf diesem grauen Markt kassiert die politische Elite des Landes einen Teil des Profits, den die Menschen in stinkenden Meth-Küchen in heruntergekommenen Häusern und verlassenen Schulgebäuden erwirtschaften.

Obwohl das Regime versichert, dass „Nordkorea [aufgrund seiner moralischen Überzeugungen] nicht die Absicht habe, Narkotika zu exportieren“, ist es ganz offensichtlich, dass den Politikern in einem Land wie Nordkorea keine wirtschaftlichen Aktivitäten von vergleichbarem Ausmaß unbekannt bleiben dürften—schließlich sprechen wir hier immer noch von einem totalitären Regime.

Anzeige

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und einige seiner Generäle (Foto via)

Es ist folglich wenig erstaunlich, dass der private Konsum von Meth extrem in die Höhe geschossen ist. Die reichen Anzugträger in den Restaurants von Pjöngjang bieten einander nach dem Dinner gern eine „Nase“ an, die Mittelklasse benutzt es wahlweise als Mittel gegen Erkältung oder Rückenschmerzen, und die Armen nehmen Meth, um ihre leeren Mägen nicht mehr zu spüren. Der Konsum der Droge ist anscheinend etwas so Alltägliches geworden, dass die Einstellung der Nordkoreaner ihr gegenüber ziemlich gleichgültig ausfällt. „Wenn wir Leute trafen, haben wir nicht selten unsere Drogen getauscht, um zu sehen, welche stärker waren“, erklärt ein geflohener Nordkoreaner in Dr. Greitens Bericht. „Wir taten es so selbstverständlich, als würden wir Zigaretten tauschen.“ Ein anderer sagt: „Wenn Leute auf dem Land  [Meth] nehmen, heilen sie damit ihre schmerzenden Rücken … Und wenn du es Menschen gibst, die gerade einen Schlaganfall hatten, werden sie wieder gesund.“

Auch wenn die Regierung das Gegenteil behauptet, geht der Meth-Export weiter. Im Jahre 2011 berichteten chinesische Behörden, dass sie in Nordkorea hergestellte Drogen im Wert von mehr als 40 Millionen Euro sichergestellt hätten. In der chinesischen Grenzregion Jilin ist die Zahl der Drogenabhängigen von 44 offiziell registrierten im Jahre 1991 auf mittlerweile 10.000 gestiegen.

Nordkoreas Beteiligung am internationalen Drogenhandel ergibt sich aus der Notwendigkeit und letztendlich aus dem Wunsch, ein autarker Staat zu sein. Tragischerweise ist diese Ideologie auch der Grund dafür, dass viele Nordkoreaner von den Drogen abhängig sind, die das Regime ins Ausland verkauft.