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​Straches öffentliche Auftritte waren schon immer zynisches Kabarett

Ein Strache-Auftritt in Spielfeld mit polarisierenden Sagern sorgt aktuell für Aufregung. Doch die Reden des FPÖ-Chefs waren schon immer eher eine Art rassistisches Kabarett voller Zynismus.

Screenshot aus dem YouTube-Video des Strache-Aufrittes in Spielfeld

Vor kurzem berichtete DerStandard.at von einem Auftritt von Heinz-Christian Strache in Spielfeld. Vor rund 1.000 Sympathisanten sprach der FPÖ-Chef 15 Minuten lang über jene Themen, mit denen er das Publikum besonders effektiv mitreissen kann: Islamistische Schläfer, vergewaltigende Flüchtlinge, linke Gutmenschen und unter dem Druck der hiesigen Meinungsdiktatur geächtete Krone-Journalisten.

Das überrascht jetzt mal niemanden. Auch nicht, dass er „ganz brutal gesagt" davon sprach, dass in islamischen Kindergärten in Wien „die radikalen, islamistischen Kopfabschneider auch für die Zukunft gezüchtet" werden, das Ganze später auf seiner Facebook-Seite abstritt und als „reißerisch, hetzerisch und politisch motiviert" bezeichnete. Dass vor allem das Zitat um islamische Kindergärten tatsächlich so gefallen ist, belegten später ein Audio-Mitschnitt und ein YouTube-Video (ab Minute 2:20).

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Ich habe Heinz-Christian Strache im September 2009 auf einer kleinen Bühne im oberösterreichischen Perg gesehen. Damals erinnerte der Auftritt eher an eine fremdenfeindliche und zynischere Version von Mario Barth als an eine Rede eines Politikers. Dafür verantwortlich war wahrscheinlich auch die Zeltfest-Stimmung und das nicht mehr ganz nüchterne Publikum.

Damals ging es jedenfalls ebenfalls um das Thema Asyl—konkret um den Fall der Familie Zogaj, was zu einer gewissen Zeit ja den FPÖ-Aufreger schlechthin darstellte. Dementsprechend stimmte Strache eine seiner Pointen darauf ab, dass er andeutete, er würde die Familie Zogaj selbst in den Kosovo kutschieren, wenn es der Staat Österreich nicht auf die Reihe bekommt. Belohnt wurde er dafür mit viel Applaus und Gelächter. Keine Pointe.

Ein ähnlicher Schenkelklopfer mit ziemlich identischen Reaktionen ist auch im aktuellen Video des Spielfeld-Auftrittes ab Minute 6:10 zu hören, wenn der FPÖ-Obmann über den Familiennachzug bei Flüchtlingen sinniert. Hier stellt Strache die Frage in den Raum, ob „linke Gutmenschen" vielleicht bald diskutieren werden, welche der vier Frauen denn nun kommen dürfe, wie viele Kinder dabei sein werden und ob auch Sex mit Minderjährigen erlaubt sein wird, sobald junge, männliche Asylbewerber ihre Familie nachholen dürfen.

Bei all der Aufregung—sowohl unter Kritikern als auch Anhängern von Strache—rund um polarisierende Auftritte wird leicht übersehen, dass genau das natürlich alles Strategie ist und es sich nicht etwa um rhetorische Ausrutscher oder aus dem Kontext gerissene Zitate der „Lügenpresse" handelt.

Strache fährt im Bierzelt-Ambiente eine andere Schiene als bei TV-Auftritten im Wahlkampf und wird wohl auch in Zukunft sehr genau zwischen den Formaten unterscheiden, in denen er seine Äußerungen tätigt. Das geht so weit, dass er seine Anhängerschaft im einen Fall sogar zu Demonstrationen auffordert, obwohl er diesen Straßenaktionismus sonst eher vermeidet (rechte Wutbürger-Aufmärsche waren PR-technisch ja selten Erfolge).

Strache und Kickl wissen, wie sie bei ihren Anhängern zynisches Gelächter ernten und gleichzeitig bei Medien für empörte Berichterstattung sorgen. Besonders jetzt scheint dieses Rezept besonders gut aufzugehen. Umso wichtiger ist es, dass Medien sich nicht vor den PR-Karren spannen lassen und ihre Beobachterrolle als Kontrollinstanz jetzt gewissenhafter wahrnehmen als je zuvor. Denn genau das, was Strache gerne nur im kleinen Rahmen gesagt hätte, sollte im großen Raum des Internets gehört und gesehen werden, damit sich die Menschen ein ganzheitliches Bild von ihm machen können.

Raphael auf Twitter: @raphschoen