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Popkultur

'Suicide Squad' wird jegliche Hoffnung zerstören, die du noch für Comic-Verfilmungen hattest

Der überraschend freudlose Film ähnelt mehr einem zweistündigen Trailer für zukünftige Franchise-Ableger als einem eigenständigen Werk.
Mit freundlicher Genehmigung von Warner Brothers

Die Helden von Suicide Squad sind Harley-Quinn-Cosplayer, heranwachsende Emo-Goths und Gamer, die auch die präzise kalkulierte Zielgruppe der neusten DC-Comicverfilmung darstellen. Die Bösewichte von Suicide Squad sind die zynische Marketingkampagne, die auf besagte demografische Gruppe abzielt, sowie ein Studio, das auf Teufel komm raus beeindrucken möchte. Und zwar so sehr, dass es auf einen plakativen Soundtrack zurückgreift, der einem mit dem Vorschlaghammer "Sympathy for the Devil" und "Bohemian Rhapsody" um die Ohren haut, anstatt Atmosphäre organisch aufkommen zu lassen.

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Die Ausgangslage von Suicide Squad ist so ziemlich die gleiche wie in fast allen Superheldenstorys—mit nur einem großen Unterschied: Anstatt einer gutartigen Regierungsbehörde, die Helden wie Captain America im Kampf gegen die Feinde der Nation ausrüstet, haben wir es hier mit einer zwielichtigen Regierungsbehörde zu tun, die die Geschichte ins Rollen bringt. Und anstatt eines Superhelden bekommen wir gleich sechs abgründige Superschurken vor die Nase gesetzt. Das ist eine beachtliche Menge an Figurenetablierung und so besteht die erste Hälfte des Films aus ständigen Rückblenden-Unterbrechungen, Off-Erzählungen und hochkomprimierten Charaktereinführungen à la: "Schaut her! Nur dass sich auch alle auskennen, das ist Slipknot, der Mann, der sich aus allem befreien kann."

Will Smith ergeht es als Deadshot da schon besser. Sein Charakter ist ein Auftragskiller, der seine Tochter über alles liebt. In einer Szene hilft er ihr bei den Geometriehausaufgaben, indem er sich vorstellt, wie eine Kugel von der Hypotenuse abprallt. Außerdem darf er direkt am Anfang des Films gegen Batman kämpfen—wenn auch nur in einer Rückblende. Der frühere Fresh Prince ist natürlich ein derartig netter Kerl, dass du diesen Film gar nicht gesehen haben musst, um zu wissen, dass kein Team mit Smith jemals wirklich böse sein kann—auch wenn es sich ganz viel Mühe gibt.

Für einen Film, in dem so viele vermeintliche "Bad Guys" vorkommen, ist es durchaus bezeichnend, dass von uns, den Zuschauern, an keiner Stelle verlangt wird, für jemand wirklich Unangenehmes Sympathien aufzubringen oder uns auf moralische Abstriche einzulassen, die sich aus dem Handeln der Protagonisten ergeben könnten. Da sind wir in unserem Alltag mehr gezwungen, Nachsicht und Verständnis aufzubringen, als in diesem Film.

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Diablo (Jay Hernandez) zum Beispiel ist ein Pyrokinetiker, der jeglicher Gewalt abgeschworen hat. Sein zutätowierter Körper soll wahrscheinlich an die Ästhetik des mexikanischen Tag der Toten erinnern, aber in meinem Kopf höre ich immer wieder die Stimme von Rapper Stitches, der mich neugierig fragt, was ich denn jetzt mit dem "Brick" in meinem "Face" machen werde. Und auch Jai Courtney als Captain Boomerang, der australisch angehauchte Widersacher von The Flash, könnte nur schwer vorstellbar eine Gefahr für die Welt darstellen. Adewale Akinnuoye-Agbaje spielt das wortkarge Gangster-Reptil Killer-Croc, während ein paar der Squad-Aufpasser, Goldjunge Rick Flag und das geheimnisvolle Samurai-Mädel Katana irgendwie komplett auf der Strecke bleiben.

Am wichtigsten ist allerdings Margot Robbie als Joker-Gehilfin/Gespielin Harley Quinn—ein Fanliebling, der von der Batman-Zeichentrickserie übernommen wurde. Kurz nach ihrer Rekrutierung werden die Squad-Mitglieder zu einem Militärstützpunkt gebracht, wo ihnen ein Beutel mit all ihren auffälligen Kostümen und Actionfigur-Accessoires ausgehändigt wird. Harley packt einen Baseballschläger und einen Donkey-Kong'esquen Holzhammer aus, den sie natürlich bald benutzen wird, um eine Zombie-Armee niederzuknüppeln. Aber hat sie—abgesehen davon, ein übersexualisierter Clown zu sein—eigentlich irgendwelche Superkräfte? Ihre Hauptaufgabe scheint es zu sein, semi-unterhaltsame One-Liner abzuliefern und den Joker irgendwie in die Handlung mit einzubauen.

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Durchgeknallt die Augen zu verdrehen, einen lila Trenchcoat ohne Hemd darunter zu tragen und sich—man könnte es ja immer noch nicht kapiert haben—auch noch das Wort "Damaged" auf die Stirn zu tätowieren, bringt dich im Leben auch nur bis an einen gewissen Punkt.

Mit Jared Letos ziemlich pimp-hafter Joker-Darstellung sind wir ja bereits länger vertraut (Regisseur David Ayer beschrieb ihn mir gegenüber als "ein ausgezehrter Joker")—mit seinen crazy Tattoos und dem goldenen Gebiss-Grill. Und du hast bestimmt auch davon gehört, wie Leto selbst in den Drehpausen seinem Charakter treu blieb—seine Kollegen sogar mit Ratten und einem toten Schwein erfreute. Ganze coole Aktion eigentlich. Ich hätte mir nur gewünscht, dass dieser Joker im Film auch mehr so gewesen wäre. Durchgeknallt die Augen zu verdrehen, einen lila Trenchcoat ohne Hemd darunter zu tragen und sich—man könnte es ja immer noch nicht kapiert haben—auch noch das Wort "Damaged" auf die Stirn zu tätowieren, bringt dich im Leben auch nur bis an einen gewissen Punkt.

Eine Sache, die der Film an keiner Stelle hinterfragt, ist die Aufrichtigkeit der Liebe zwischen dem Joker und seiner Handlangerin. Die Vorstellung eines Jokers, der von den Qualen der Leidenschaft getrieben nur noch weiter aus dem Ruder läuft (und die Tatsache, machen wir uns nichts vor, dass die beiden ein ziemlich heißes Paar abgeben) untermauert seine Performance auch über das obligatorische Gekicher und die relative Irrelevanz für die eigentliche Handlung hinaus.

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Harley und der Joker funktionieren, wenn sie denn gemeinsam auftreten dürfen—natürlich meistens in Rückblenden—, einfach wunderbar miteinander. Eine ästhetisch überladene Version von Mickey und Mallory Knox aus Natural Born Killers könnte man meinen. Aber selbst in seinem Juggalo-Aufzug schafft es Leto noch, diese emotionale Last zu kommunizieren, die sein Charakter tief im Herzen trägt. Es ist fast wie damals, zu den friedlichen Tagen von Willkommen im Leben, als es hieß: "Er schließt immer die Augen, als würde es ihm schmerzen, Dinge anzuschauen."

Wenn die Ambitionen des Jokers, Harley zu befreien, den Hauptplot von Suicide Squad ausgemacht hätten, anstatt diesen Handlungsstrang auf einen Nebenschauplatz zu degradieren, hätte das erstklassige Unterhaltung ergeben können. Stattdessen ist der Film ein einziger, ermüdender Gewaltmarsch militärischer Rettungsaktionen geworden, der seinen Höhepunkt im Endkampf gegen ein CGI-Monstrum namens Enchantress findet (eine ursprüngliche Teamkandidatin, die sich der Programmierung aber entzog). Dieser Kampf erinnert obendrein auch noch schwer an den Original-Ghostbusters-Showdown mit Gozer—inklusive Todesstrudel auf dem Dach eines Wolkenkratzers.

Ursprünglich hatte man das Suicide Squad ja für klandestine Spionageaktivitäten rekrutiert und da ist es schon eine Schande, dass die Pseudobösewichte gegen eine leichtbekleidete 08/15-Zauberin antreten müssen, anstatt politische Gegner "verschwinden" zu lassen. Aber der Weg zum unabdingbaren Cliffhanger und der obligatorischen Post-Abspann-Szene ist auch mit ein paar lichten Momenten gespickt.

Da wäre zum Beispiel eine Barszene, die Ayer mir als ein professionelles "Muss" beschreibt. Sie etabliert die für den Regisseur typische Kameraderie zwischen den einzelnen Mitgliedern der "Ad-hoc-Familie"; außerdem liefert Harley am Hubschrauber des Jokers eine geradezu bezaubernde Luftakrobatikeinlage ab; Viola Davis ist großartig in ihrer Rolle als Regierungsbeamte, die das Trüppchen zusammenstellt; und dann ist da noch eine Szene, in der die Heiße-Hexe ihre Gegenspieler in Versuchung bringen möchte. Sie zeigt ihnen, wie entspannt ihr Leben doch sein könnte, wenn sie die Bösewichter-Outfits wieder zurück zu Hot Topic bringen würden. Und ja, das ist hier durchaus rührend.

Diese Anflüge von Menschlichkeit werden allerdings von einer Maschinerie zermalmt, die uns eindeutig nicht mehr zutraut, als leichtverdaulich portionierte Reisband-Anarchie zu konsumieren. Und damit wird dann automatisch auch jegliches Potential für ein tatsächliches Chaos im Keim erstickt. Und damit, jeder Comic-Nerd weiß das, geht der Wert dieses aufgeblasenen Spektakels gegen null.