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Die Geschichte des rumänischen Arztes, der sich zwölf Mal erhängte

Die Experimente des Forensikers Nicolae Minovici dauerten wenige Sekunden und waren extrem gefährlich. Sie zählen zu den absurdesten Selbstversuchen in der Geschichte der Wissenschaft.
Nicolae Minovici (in der Mitte des Bildes) bei einer Autopsie
Nicolae Minovici (in der Mitte des Bildes) bei einer Autopsie | Bild: Wikimedia Commons | gemeinfrei

Gefährliche Selbstversuche haben in der Medizin eine lange Tradition. Isaac Newton steckte sich eine Nadel ins Auge. Frederick Prescott ließ sich das Nervengift Curare spritzen. Und der rumänische Arzt Nicolae Minovici erhängte sich selbst. Zwölf Mal.

Minovici praktizierte Anfang des 20. Jahrhunderts als Rechtsmediziner in Bukarest. Er stellte Untersuchungen in Anatomie, Psychologie und Anthropologie an. Auch für Kriminologie interessierte er sich sehr, ebenso wie sein Bruder, Mina Minovici, der als Gründer der Rechtsmedizin in Rumänien gilt.

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Zu einer Zeit als sich in Rumänien vor allem von der Gesellschaft ausgeschlossene Menschen wie Matrosen oder Sexarbeiterinnen tätowieren ließen, untersuchte Nicolae Minovici den Zusammenhang zwischen Tattoos und Kriminalität. Die Schlussfolgerung seiner Studie aus dem Jahr 1899: Es gebe keinen Zusammenhang. Später gründete Minovici eine Vereinigung für Rechtsmedizin in Rumänien und ein Fachjournal für Rechtsmedizin. Trotzdem ist sein Name vor allem für eine Arbeit in Erinnerungen geblieben: eine Studie über das Erhängen.

Als Gerichtsmediziner hatte Minovici häufig mit Suiziden durch Erhängen zu tun. Weil Minovici mehr über diese Todesart erfahren wollte, startete er eine Reihe gefährlicher Selbstversuche. In seinem ersten Versuchsaufbau wollte der Wissenschaftler die Blutzufuhr zu seinem Kopf durch Ziehen an einer Seilschlinge selbst unterbrechen. Nach sechs Sekunden verlor er das Bewusstsein.


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Nach mehreren Versuchen dieser Art führte er ein noch riskanteres Experiment durch: Von seinen Assistenten ließ er sich an einer Schlinge vom Boden heben. Obwohl er sich dabei am Kehlkopf und Zungenbein verletzte, ließ er auch diesen Versuch mehrmals wiederholen.

In der Studie über das Erhängen, Etude sur la pendaison von 1905, weist Minovici mehrmals auf die Gefahr seiner Versuche hin. Trotz seiner Verletzungen wertete er seine Experimente als Erfolg: Er konnte die Symptome, die beim Erhängen auftreten, detailliert beschreiben und korrigierte die bis dahin herrschende Annahme, dass Erhängte ersticken würden. Minovici schlussfolgerte, dass der Tod eintritt, weil die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen wird.

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Der Forscher hatte ein besonderes Interesse daran, den Schwachen und Armen zu helfen, die in Rumänien zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur wenig Unterstützung von den Behörden erhielten. Er gründete die erste Notaufnahme im Land und richtete Anlaufstellen für alleinstehende Mütter ein, in denen sie vor und nach der Geburt Hilfe fanden. Außerdem wurde er 1934 Bürgermeister von Băneasa, einem Stadtteil Bukarests. Dort modernisierte er die Kanalisation, Trinkwasserbrunnen und Notunterkünfte für Bedürftige.

Als Minovici im Jahr 1941 starb, vermachte er seine Villa in Bukarest und seine große Sammlung rumänischer Volkskunst dem Staat; die Villa ist heute ein Museum.

Ivan Cenzi betreibt seit 2009 den italienischsprachigen Blog Bizarro Bazar, ein Sammelsurium für alles "Seltsame, Makabre und Wundervolle". Seit 2014 erscheint Bizzarro Bazar auch in Buchform bei Logos.

Bei Depression oder akuten Suizidgedanken gibt es zahlreiche Stellen, die professionelle Hilfe anbieten und das eigene Leid lindern helfen. Die Hotlines sind Tag und Nacht erreichbar. Auch wer Opfer von Mobbing wird, findet in Deutschland bei vielen Stellen Hilfe.

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Dieser Artikel ist zuerst auf der italienischsprachigen Seite von Motherboard erschienen.