Meinung

Warum die Volltrottel-Band Rammstein dringend untergehen muss

Wäre Till Lindemann ein paar Jahrzehnte später geboren, er würde als YouTuber vor der Kamera seine Fürze anzünden.
Deutschland: Rammstein-Sänger Till Lindemann auf der Bühne
Foto: imago | ZUMA Press

Die Volltrottel-Band Rammstein verachte ich, seit ich 16 bin. Rammstein ist ungefähr auf einer Stufe mit Nieselregen, was jetzt harmlos klingen mag. Aber ich hasse Nieselregen sehr. Rammstein ist einer von sehr vielen Gründen, warum man von Deutschland abgeturnt sein muss, dieses bräsige Schlechtwetterland auf der falschen Seite der Alpen. Es war beim Schüleraustausch, lange her, als eines Nachts dieser Spanier vor mir stand, wie eine massive Kuh, sein Atem roch nach Erdnussflips und er brüllte ansatzlos den Text von "Du hast". Du. Du hast. Du hast mich. Du hast mich. Du hast mich gefragt.

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Meine Verachtung von Rammstein kam gerade wieder hoch, als mir dieser Schnipsel aus ihrem neuen Video begegnete, das den gleichen Namen trägt wie unser düsteres Land auf der falschen Seite der Alpen. DEUTSCHLAND. In diesem Schnipsel sieht man die Bandmitglieder an einem Galgen hängen, Strick um den Hals und eine Kleidung am Leib, die unweigerlich an KZ-Uniform erinnert, erinnern muss.

Der Historiker Michael Wolffsohn bezeichnet den Ausschnitt zu Recht als "Leichenschändung". Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums empfindet die Anspielungen verständlicherweise als "beschämend". Ich sah den Spot und dachte: Was seid ihr für ehrlose Vollidioten, wärt ihr ein paar Jahrzehnte später geboren, würdet ihr als YouTuber wahrscheinlich eure Fürze anzünden oder euch mit Rape Jokes überbieten. Man wird doch noch für Werbezwecke an einem KZ-Galgen baumeln dürfen? Nein. Darf man nicht.

Rammstein steht wirklich für Deutschland, aber anders, als die Band es will

Jetzt hat Rammstein nachgelegt und das komplette Video veröffentlicht. Und es ist sehr aufwendig und opulent produzierte Scheiße. Ein bisschen Naziuniform, ein bisschen Varusschlacht, ein bisschen Staatsrat, DDR, Feuer, dunkle Wälder, Astronauten, warum auch immer. Und da rufen die ersten Kommentatoren dazwischen, wie elaboriert, die Provokation mal beiseite gelegt, dieses Video doch sei! Kunst! Hochglanz! High End! Das müsse man doch anerkennen! Und was soll man dazu sagen? Auch die Jacht der Geissens glänzt und ist sehr gut verarbeitet, aber ich muss sie deswegen nicht gut finden.

Rammstein steht wirklich für Deutschland, aber anders, als die Band es will. Ihr Sänger Till Lindemann ist genau diese Art von deutschem Herrenmenschen, der seine Besitzansprüche kalt und effizient geltend macht, ohne Gnade, ohne Grenze. Aber er ist dabei weniger das in Lederuniform und zwischen Flammen aufmarschierende Blut-Tier, das er gerne auf der Bühne darstellt. Sondern ein gewöhnlicher, engherziger, deutscher Spießer. Letztes Jahr musste im Prenzlauer Berg ein beliebtes Kiezcafé schließen, weil Lindemann als Vermieter meinte, die Miete um 35 Prozent anheben zu müssen. Werfen seine pubertären Feuershows nicht genug ab? Reichen die eingestreuten Holocaust-Provokationen nicht? Seine Ex-Freundin Sophia Thomalla sprang Lindemann sofort geifernd zur Seite und schrieb auf Instagram in der Tradition des kleinkarierten, lästernden Dörflings: Es habe im Café ein Hygieneproblem gegeben und außerdem Mäuse. Und der Kuchen dort sei ja auch nicht gut gewesen. Klar, das ist natürlich ein überzeugender Grund, Mieter nach dreizehn Jahren rauszuschmeißen.

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Rammstein, das ist kontrollierter deutscher Exzess für Dresden, Hannover, Rostock, Gelsenkirchen.

Dabei haben sich die Jungs von Rammstein doch spätestens seit "Amerika" als sensible Kapitalismuskritiker geriert, als Gegner des amerikanischen Kulturimperialismus. "Die Freiheit spielt auf allen Geigen, Musik kommt aus dem Weißen Haus. Und vor Paris steht Mickey Maus." Intellektuell rangiert das irgendwo zwischen Kollegah und Xavier Naidoo. Ihre Texte liefern genau jene Dosis düsteres Ressentiment und Verschwörungstheorie, die der Mehrheit bekommt.

Rammstein, das ist kontrollierter deutscher Exzess für Dresden, Hannover, Rostock, Gelsenkirchen (und für ähnlich hässliche Städte im Ausland: Brüssel!). In diesem Jahr, große Tournee, werden wieder Controller-Papis ihre Excel-Tabellen liegen lassen, in ihren frisch gesaugten Audi steigen und sich in eine Arena pressen für ein bisschen Feuer und autoritären Zauber. Und sie werden ihre Fäuste in den Himmel recken zum Lied "Deutschland" und sich gehen lassen, mehr noch als bei der Nationalmannschaft – und es wird ihnen so was von scheißegal sein, dass ein paar spitzfindige Feuilletonisten im Lied einen doppelten Boden entdeckt haben, nämlich die Zeile: "Deutschland, meine Liebe kann ich dir nicht geben, Deutschland." Diese Relativierung wird untergehen im Gebrüll, jede Wette. Und zurück bleibt ein Stadion voll mit dickbäuchigen Männern im Schein der lodernden Flammen, die "Deutschland" skandieren. Deutschland. Deutschland. Deutschland. Deutschland. Deutschland. Deutschland.

Sollen sie in ihrem Männerschweiß ertrinken, mir doch egal, in ihrem pubertären Krypto-Nationalismus. Dafür aber, dass sie für Promozwecke Holocaust-Opfer verhöhnt haben, so offensiv und eindeutig, dass man es im israelischen Außenministerium als beschämend empfindet, dafür sollen Rammstein in der Hölle schmoren. Ihr liebt doch Feuer, Jungs. Wobei Till Lindemann hierbleiben muss. Verpflichtendes Seminar beim Mieterverein.

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