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Medien

Die SPÖ will ein linkes 'Unzensuriert' aufziehen

Die SPÖ-nahe Website 'Politiknews' ist nicht das Gegenteil von Propaganda – es ist nur das Gegenteil von RECHTER Propaganda. Aber wie problematisch sind solche Parteimedien wirklich?
Sujet von Politiknews. Screenshot via Facebook

Kampagnenjournalismus und tendenziöse Berichterstattung können Wahlen beeinflussen. Das wissen wir nicht erst, seitdem sich Nigel Farage vor laufenden Kameras bei Steve Bannon und

Breitbart

für die

Beihilfe zum Brexit

bedankt hat. In Österreich wird das immer dann deutlich, wenn man sich ansieht, wie viel Geld österreichische Parteien

in Form von Inseraten

in den Boulevard investieren.

Weil Inserate zwar oft, aber eben nicht immer automatisch zur erwünschten positiven Berichterstattung führen, setzen aber auch in Österreich Parteien zunehmend auf sogenannte Owned-Media, deren vorrangiger Zweck darin besteht, das Unternehmen, dem sie gehören, bekannter zu machen. Kundenzeitungen quasi, nur im Internet und im Idealfall weniger scheiße.

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Im Falle der meisten österreichischen Parteien handelt es sich allerdings nicht um unbekannte Unternehmen, weshalb auch nicht nur die Partei selbst, sondern vor allem die politische Linie gepusht werden soll. Die Strategie bleibt jedoch die gleiche: Mit Hilfe von Owned-Media sollen Kommunikationskanäle geschaffen werden, um mit den "Kunden" in Kontakt treten zu können.

Die Idee ist nicht neu – Parteizeitungen gibt es, seit es Parteien gibt. Das Problem liegt vielmehr darin, dass die Parteien zunehmend versuchen, uns ihre eigene Blattlinie als kritischen Gegenpol zu "Lügenpresse", "Mainstreammedien", "Fake News" und Co. zu verkaufen – und das, obwohl ironischerweise gerade von parteinahen Medien oft Halbwahrheiten, Falschnachrichten, oder ein bestimmtes, vorgefiltertes Weltbild verbreitet werden.

"Eigentlich haben wir zur SPÖ keinerlei Verbindungen. Außer, dass ich Sozialdemokrat bin."

Das bekannteste solche Medium in Österreich ist das FPÖ-nahe Nachrichtenportal unzensuriert.at, das zuletzt auch einen eigenen Channel für Deutschland gelauncht hat. Doch auch die SPÖ scheint seit etwa vier Monaten ein eigenes neues Nachrichtenportal zu betreiben – und zwar noch zusätzlich zum SPÖ-betriebenenen Konrast Blog.

Auf politiknews.at wird vor allem negativ über die ÖVP und Außenminister Sebastian Kurz und positiv über Bundeskanzler Christian Kern und die SPÖ geschrieben – in teils sehr spekulativer Art und Weise.

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Schaut man sich das Impressum von Politiknews genauer an, wird allerdings schnell klar, dass hier mit der Verbindung zur SPÖ nicht so offen umgegangen wird, wie eben beim Kontrast Blog. Als Herausgeber fungieren ein gewisser Robert Neiger und seine Marketingfirma Chapter 2.

Neiger arbeitete zuvor für das Echo Medienhaus, bis 2014 ein Medienunternehmen mit SPÖ-Beteiligung. Er selbst bezeichnet sich gegenüber VICE als Sozialdemokraten, erklärt aber auch, dass die SPÖ mit Politiknews nichts zu tun habe: "Eigentlich haben wir zur SPÖ keinerlei Verbindungen. Außer, dass ich Sozialdemokrat bin. Das ist aber schon alles. Die Idee zu Politiknews kam ursprünglich von Gerd Millemann, der auch Chefredakteur ist. Der ist auch Sozialdemokrat", so Neiger.

Er habe dann mit Millemann gemeinsam Politiknews umgesetzt, weil "wir etwas Ähnliches machen wollten wie unzensuriert.at, nur seriöser – beziehungsweise mit mehr von dem, was wir unter 'seriös' verstehen, weil wir natürlich schon unseren ideologischen Zugang haben", erzählt Robert Neiger.

Rein spekulative Schlagzeilen sind bei Politiknews keine Seltenheit. Screenshot via politknews.at

Die Domain "politknews.at" sei damals von der SPÖ besetzt gewesen. Es habe aber keinen Auftrag von Seiten der SPÖ gegeben, diese Seite zu bespielen. Vielmehr haben laut Neiger er und Gerd Millemann die SPÖ um Erlaubnis gebeten, diese Domain benützen zu dürfen. Eine Darstellung, die auch der SPÖ-Pressesprecher Andreas Strobl gegenüber VICE bestätigt.

Neiger sieht allerdings ein, dass eine gewisse Nähe zwischen dem Projekt und der Partei besteht: "Es wäre schon gelogen, wenn ich jetzt sagen würde, dass wir nicht eine Nähe zur SPÖ haben. Wir versuchen aber schon, gewisse Dinge neutral zu sehen – wobei ich die Redaktion da ganz dem Gerd Millemann überlasse." Wenn er sich die Posts anschaue, so Neiger, müsse er aber auch sagen, dass das schon in eine bestimmte Richtung gehe.

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Sujet von Politiknews. Screenshot via Facebook

In Zukunft wollen Robert Neiger und Gerd Millemann Politiknews jedenfalls noch weiter ausbauen und kritischer werden: "Wir müssen ein bisschen Pep in die Sache bringen und neutraler und ironischer werden."

Und dann sagt Neiger noch etwas, was irgendwie doch wieder nach Parteieinfluss klingt: "Wir werden auch die Parteilinie hinterfragen. Das ist ja klar, dass eine Onlinezeitung auch kritisch gegenüber der eigenen Herkunft stehen muss."

Trotzdem: Redet man mit Robert Neiger, könnte man sofort glauben, dass es sich bei Politiknews um das Projekt zweier engagierter und überzeugter Sozialdemokraten handelt, die einen Blog betreiben, der die SPÖ zwar sicher nicht stört, von dieser aber auch nicht aktiv unterstützt oder gar initiiert wird.

Bei Andreas Strobl, Pressesprecher der SPÖ, klingt dann doch eine eindeutige Einflussnahme durch: "Die SPÖ ist nicht Betreiber dieses Projekts, das ist Chapter 2. Wir finden Politiknews inhaltlich aber gelungen und helfen ab und an bei der Ideenfindung, wenn Chapter 2 danach fragt."

Aus einem Facebookposting vom 30. April 2013 geht hervor, dass die SPÖ vielleicht doch mehr mit Politiknews zu tun hat.

Es gibt da noch einen weiteren, ziemlich eindeutigen Hinweis darauf, dass die SPÖ die Fäden hinter Politiknews zieht: Aus einem Facebookposting vom 30. April 2013 geht hervor, dass die SPÖ genau so ein Projekt ins Leben gerufen hat, wie es Neiger und Millemann nun betreiben.

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Der Name des Projekts: Politiknews. Die Facebookseite des Projekts: Die selbe Seite, wie sie heute von Neiger und Millemann bespielt wird. Der Twitteraccount des Projekts: ebenfalls der selbe wie heute.

In dem Facebookposting heißt es: "Medien arbeiten und schreiben tendenziell markt- und gewinnorientiert, müssen sich an den Werbekunden orientieren. Manchmal halten sich Großkonzerne auch direkt Zeitungen für ihre PR. […] Neben diesem Mainstream gibt es aber auch eine große Zahl an kritischen Medien mit informativen und erhellenden Beiträgen. […] Mit dem Projekt 'Politiknews' versuchen wir die Meinungsvielfalt zu stärken, kritischen Stimmen und unabhängigen Medien mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen."

Ähnlich argumentiert auch Andreas Strobl, wenn er heute über Politiknews spricht: "Es ist wichtig, das Internet nicht nur Propaganda-Seiten à la unzensuriert.at zu überlassen. Deshalb begrüßen wir, dass politiknews.at eine andere Sichtweise einbringt", erklärt Strobl gegenüber VICE.

Dabei sei vor allem wichtig, "dass allen Artikeln eine Quelle zugrunde liegt", so Strobl. Und sofern er damit sogar Quellen meint, die sich auf Fakten berufen (anstatt wie unzensuriert.at in einzelnen Fällen xenophobe Gerüchte zu berichten), ist das wirklich ein wesentlicher Unterschied zum rechten Gegenstück.

Trotzdem ist Politiknews natürlich nicht das Gegenteil von Propaganda; es ist bestenfalls das Gegenteil von rechter Propaganda. Das mag journalistisch beides ein Problem sein. Für die SPÖ scheint es zu passen, solange die Artikel wie bei Politiknews zumindest die richtige politische Färbung haben.

Paul auf Twitter: @gewitterland

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