#MioMioGate: Wie die 'Titanic' offenbar die 'Bild'-Zeitung verarscht hat
Kevin Kühnert und sein angeblicher E-Mail-Verkehr | Montage: VICE | Foto: imago | Jörg Schüler 

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#MioMioGate: Wie die 'Titanic' offenbar die 'Bild'-Zeitung verarscht hat

Die 'Bild' berichtete über eine angebliche Schmutzkampagne von Juso-Chef Kevin Kühnert. Jetzt verspottet das Land die Boulevardzeitung.

"Manches sieht von außen professioneller aus, als es von innen betrachtet tatsächlich ist" – das sagt der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert über die Arbeitsweise deutscher Medien.

Seit Kühnert zum Frontmann der Anti-GroKo-Kampagne wurde, musste er einiges an abenteuerlicher Berichterstattung über sich ergehen lassen: Eine Sat1-Reporterin befragte mit einer salzstreuergroßen Kühnert-Puppe Leute vor der SPD-Zentrale, wie sie Kühnerts Aussehen beurteilen. Die Bild-Zeitung wiederum titelte "Dieses Milchgesicht will Merkel stürzen" und "Wieso heißt der Juso-Chef ausgerechnet KEVIN?". Bei einem Kühnert-Artikel hat das Boulevard-Blatt aber nicht nur die Grenzen des Geschmacks überschritten, sondern offenbar auch die der Realität. Anscheinend ist die Zeitung einem Fake aufgesessen. Der Urheber: die Satireredaktion der Titanic.

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Am Donnerstag vor einer Woche wittert Bild eine "neue Schmutzkampagne bei der SPD", schreibt von einem "irren Politikkrimi" und "heiklen Vorwürfen". Mitten drin: Kevin Kühnert und eine Russe namens "Juri".


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Bild schreibt, ein Juri soll dem Juso-Vorsitzenden seine Hilfe bei der #NoGroKo-Kampagne angeboten haben. Er schlug demnach vor, eine mit Bots arrangierte Schmutzkampagne gegen Martin Schulz in sozialen Netzwerken zu lancieren und gezielt Facebook-Werbung zu schalten. Kühnert hätte sich für die zweite Option entschieden und um Diskretion gebeten. Eine Person namens "J." soll den Kontakt vermittelt haben. Als eine Art Codewort zwischen Kühnert und Juri hätte J.s Lieblingsgetränk fungiert: Mio Mio Mate Ginger.

Die Geschichte erinnert an den Verdacht, US-Präsident Donald Trump habe im Wahlkampf mit Russland kooperiert. Statt auf zahlreichen Hinweisen, Mitschnitten und tatsächlich stattgefundenen Treffen basiert #MioMioGate allerdings auf einem einzigen "unfassbaren E-Mail-Wechsel", der der Bild "exklusiv vorliegen" soll. Mittlerweile können nicht mehr nur Springer-Mitarbeiter diesen angeblichen E-Mail-Wechsel einsehen, sondern die gesamte Welt.

Das Satiremagazin Titanic behauptet, die falsche E-Mail-Datei erstellt zu haben, und präsentiert sie seit Mittwoch auf seiner Webseite als Download. Online-Redakteur Moritz Hürtgen soll Bild die vermeintlich brisante Datei untergejubelt haben. "Eine anonyme Mail, zwei, drei Anrufe – und Bild druckt alles, was ihnen in die Agenda passt", schreibt Titanic.

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Die Adress- und Serverdaten der von Titanic hochgeladenen EML-Datei sind identisch mit denen auf dem Screenshot der E-Mails, den Bild veröffentlicht hatte. Einzig die von der Boulevard-Redaktion teilweise unkenntlich gemachte Mailadresse taucht in der Datei vollständig auf. Schon als der erste Bild-Artikel erschien, hatte Kevin Kühnerts Sprecher die E-Mail gegenüber der Zeitung als Fälschung bezeichnet. Dafür sprechen laut Sprecher zwei Umstände: Zum einen werde der SPD-Server, über den die Mails kamen, seit "über einem Jahr" nicht mehr benutzt. Zum anderen würde Kevin Kühnert gar keine E-Mails über die Juso-Adresse aus dem angeblichen E-Mail-Verlauf schreiben. Es sei lediglich eine Weiterleitung.

Die Titanic wehrt sich nun allerdings nicht nur gegen Bild, sondern auch gegen die Jusos. Der Vorwurf, es handle sich um eine "plumpe Fälschung" sei unverschämt. Online-Redakteur Moritz Hürtgen schreibt: "Da stecken mindestens drei Stunden Arbeit drin."

Kevin Kühnerts Reaktion auf Twitter: "Einfach genießen. #miomiogate".

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