FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Google hilft US-Militär bei Drohnenoperationen – Mitarbeiter sind entsetzt

Google unterstützt das US-Militär mit einer Künstlichen Intelligenz (KI), die Aufnahmen von Überwachungsdrohnen auswertet. Empörte Google-Mitarbeiter haben die Information geleakt. Sie sehen die Firma in einem ethischen Dilemma.
Bild: Shutterstock / WindVector.

"Die Vorzüge von Künstlicher Intelligenz allen zugänglich machen" – so beschreibt Google die Motivation seiner KI-Forschungsabteilung. Doch im Moment scheint Google jedoch vor allem nur eine Seite mit den Vorzügen seiner Forschung zu beglücken: das US-Militär.

Der US-Techblog Gizmodo berichtete zuerst, dass Google das amerikanische Verteidigungsministerium beim Analysieren von Drohnenaufnahmen unterstützt. Intelligente Programme aus Googles hauseigener KI-Abteilung sollen demnach dabei helfen, die von US-Drohnen gefilmten Überwachungsvideos zu analysieren. Laut Gizmodo wurde die Information zunächst firmenintern auf einer Google-Mailingliste geteilt und heftig diskutiert, bevor empörte Mitarbeiter sie dem Tech-Magazin leakten. Mittlerweile ist das bis dato der Öffentlichkeit geheimgehaltene Projekt auch von Google selbst bestätigt worden.

Anzeige

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Googles KI-Sektion ist eine eigenständige Abteilung innerhalb des Dachkonzerns Alphabet, der neben der bekannten Suchmaschine und dem E-Mail-Dienst auch in unterschiedliche Zukunftstechnologien investiert.

Manche Google-Mitarbeiter seien "entsetzt, dass die Firma dem Militär Ressourcen zur Verfügung stellt, die für Überwachungstechnologie und in Drohnen-Operationen genutzt werden", schreibt die Website unter Berufung auf anonyme Quellen. "Andere würden argumentieren, dass das Projekt wichtige ethische Fragen über die Entwicklung und Nutzung von Machine Learning aufwerfe", so Gizmodo. Machine Learning ("Maschinelles Lernen") ist ein Teilbereich der KI-Forschung und beschäftigt sich mit dem selbstständigen Lernen von Computern.

Stein des Anstoßes ist das gemeinsame Google-Pentagon-Projekt "Algorithmic Warfare Cross-Functional Team" (AWCFT), kurz "Project Maven". Ziel des Vorhabens ist es laut einem Pentagon-Papier, die Bilder aus Überwachungsvideos von Drohnen mithilfe von Maschinenintelligenz schneller und präziser untersuchen zu können. Da die schiere Anzahl von Aufnahmen, die US-Drohnen etwa im Irak oder in Afghanistan machen, nicht mehr von menschlichen Analysten zu bewältigen seien, sollen Computerprogramme das Material automatisiert nach relevanten "Objekten" durchsuchen.

Gegenüber Gizmodo bekräftigte ein Google-Sprecher, die dem Militär bereitgestellte Technologie – die TensorFlow APIs – habe nur "nicht-offensive Zwecke". Militärische Nutzung von Künstlicher Intelligenz würde "naturgemäß" Bedenken hervorrufen. Derlei Bedenken sind in diesem Fall deplatziert, möchte der Google-Sprecher offenbar sagen.

Anzeige

Bei Motherboard: Der Drohnenkriegsveteran


Auch auf der offiziellen Projektseite von Googles TensorFlow steht nichts über das militärische Nebenprojekt der Firma. Stattdessen: harmlos klingende Lösungen für Fotoliebhaber und überglückliche Google-Mitarbeiter, die von ihrem positiven Beitrag für die Allgemeinheit überzeugt sind. Insbesondere mit der KI-Forschung zu Fotos will Google seinen Kunden dabei helfen, "nach Bildern von Leuten zu suchen, die du liebst".

In dem bereits erwähnten Pentagon-Papier liest sich das etwas anders. Im Fall von "Maven" sucht Googles bevorzugter Kunde eher nach Leuten, die er definitiv nicht liebt. Dschihadisten vom Islamischen Staat (IS) zum Beispiel. "Erster Auftrag" des Projekts ist es laut dem Papier, neben technischen und taktischen Feinheiten, das strategische Ziel, die "Anti-IS-Kampagne" zu unterstützen.

Obwohl die Arbeiten zu “Maven" bereits im April 2016 begannen, scheint es erst jetzt eine interne Debatte bei Google zu geben. Ob es daran liegt, dass die Information erst jetzt zu anderen Abteilungen durchgesickert ist oder daran, dass sich erst jetzt Mitarbeiter trauen, sich offen dagegen auszusprechen, ist nicht bekannt.

Google pflegt schon seit Längerem gute Kontakte zum US-Militär

Ein möglicher Grund für den Zeitpunkt könnte sein, dass mit Eric Schmidt als Chef der Google-Mutter Alphabet ein großer öffentlicher Unterstützer des US-Militärs zurückgetreten ist. Schmidt stand bereits seit März 2016, neben seiner Tätigkeit als Alphabet-Boss, als Berater des Pentagon unter Vertrag und warb kräftig für eine stärkere Kooperation des Konzerns mit dem Militär. Bei Auftritten vor amerikanischen Offizieren etwa forderte er mehr Aufträge des Militärs für die Privatwirtschaft. "Es wird Zeit, dass das Militär Aufträge an die Vertragspartner erteilt", so Schmidt in seiner Rede vor dem Thinktank "Center for the New American Century".

Neben gemeinsamen Projekten gibt es auch im Personalbereich regelrechte "Drehtüren" zwischen US-Militär und Google. Personalwechsel zwischen Google und dem Pentagon scheinen mittlerweile beinahe Tradition zu haben. Im März 2012 wechselte etwa die Chefin der Pentagon-Forschungsabteilung DARPA in den Google-Vorstand. 2016 wechselte der langjähriger Google-Ingenieur Matt Cutts in die Digitalabteilung des Pentagon, nach einer Reihe weiterer Abgänge von Google-Mitarbeitern in die US-Regierung.