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Bundestagswahl 2017

Wie du für einen Nichtwähler abstimmen kannst

Und warum das trotzdem eine dämliche Idee ist.
Foto: imago | Jürgen Ritter

Manche Nichtwähler sind wie Veganer: Auch ungefragt binden sie dir ihre Meinung auf. Einige von ihnen schimpfen: "Die da oben verarschen uns doch eh alle!" und bekennen, am 24. September zu Hause zu bleiben, egal ob sie dafür nun Gründe angeben oder schlicht zu faul sind. Vor vier Jahren stimmten 18 Millionen Deutsche nicht ab, gäbe es eine "Nichtwähler"-Partei, sie würde die größte Fraktion im Bundestag stellen. Aber dem Internet sei Dank kann jetzt jeder für alle Nichtwähler in seinem Umfeld wählen. Dafür benötigt man lediglich ihre Meldeadresse, das Geburtsdatum – und allerhand kriminelle Energie.

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Möglich macht das der "elektronische Wahlscheinantrag". Der soll eigentlich den Hype um die Briefwahl noch weiter anfachen: Seit Jahren stimmen immer mehr Menschen per Brief ab; 2013 waren es 11 Millionen, mehr als jeder sechste Wahlberechtigte. Nicht mal dass die blau-rosa Wahlumschläge aussehen wie alte ausgewaschene Babystrampler, hat sie davon abhalten können, ihre Stimme schon vor den meisten anderen abzugeben.

Die Identität des Absenders wird nur bedingt geprüft

Online bieten die einzelnen Bundesländer deshalb seit 2004 ein Formular an, mit dem sich jeder die eigenen oder fremden Briefwahlunterlagen an eine Adresse seiner Wahl zusenden lassen kann. Ob man das nun für sich oder eine andere Person macht, prüfen die Behörden auf den ersten Blick allerdings nicht. "Um eine eindeutige Identifizierung Ihrer Person zu ermöglichen" bittet etwa die Landeswahlleiterin von Berlin um Name, Meldeadresse und Geburtsdatum des Wahlberechtigten. Eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer, die das Amt hinterher anrufen könnte, muss allerdings angegeben werden.

Auf Anfrage von VICE bestätigte eine Mitarbeiterin, dass die Behörde die Identität des Absenders nicht weiter untersucht. Die Mitarbeiter schauen lediglich, ob die Formulardaten mit dem Melderegister übereinstimmen. Zwei Sicherheitsmaßnahmen gäbe es dennoch:

Erstens erhält nicht nur man selbst Post, sondern auch der vermeintliche Briefwähler. Die Landeswahlleiterin schickt einen zweiten Brief an seine Meldeadresse. Darin klärt sie über den Onlineantrag auf. Zweitens muss der Wahlschein unterschrieben werden, die Beamten legen ihn allen Briefwahlumschlägen bei.

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Wer also für andere abstimmen will, muss ein paar Fingerübungen machen und darauf pokern, dass die Person eh jede Amtspost direkt in den Papierkorb zerknüllt. Massenhafter Missbrauch? Praktisch ausgeschlossen, zumindest was die Briefwahl betrifft.

Aber selbst im Einzelfall gilt: Wer für andere wählt, verstößt gleich doppelt gegen das Gesetz. Allein dafür, eine falsche Versicherung abzugeben, hält das deutsche Recht bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe bereit. Für Wahlfälschung können nochmals bis zu fünf weitere obendrauf kommen. Wählen dürften Fälscher dann zwar weiterhin, im Knast ist meistens jedoch nur Briefwahl möglich.

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