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Webhoster drosselt das Internet der Anti-Netzneutralitäts-Behörde FCC auf 28kb/s

Neocities bremst die US-Behörde als Strafe für das von ihr vorgeschlagene Gesetz zur Legalisierung eines Zweiklassen-Internets aus — bietet aber immerhin an die Surf-Geschwindigkeit gegen eine Geldzahlung wieder freizugeben.
Ein Smartmodem aus den frühen 1980ern, dessen Lichtern du bei einer Surfgeschwindigkeit von 300 Bits/s stundenlang beim Blinken zuschauen durftest. Bild: Wikimedia CommonsCC BY-SA 2.0

Es ist eher unwahrscheinlich, dass Beamte der US-Kommunikationsbehörde FCC sich auf Webseiten aus der guten alten Geocities-Ära verirren. Seit einigen Tagen können sie dabei jedoch immerhin wieder ein authentisches Feature des 90er-Jahre-Browsens erleben: quälend langsam ladende Webseiten.

Aus Protest gegen eine Gesetzesinitiative der US-Behörde, die das Prinzip der Netzneutralität begraben könnte, hat der Webhoster Neocities damit begonnen alle Zugriffe aus den FCC Büros auf die Geschwindigkeit von 28.8 kb/s auszubremsen. Die Drosselung auf ein Prä-ISDN-Tempo soll den Beamten einen kleinen Vorgeschmack auf ein Internet bieten, in dem es den Providern erlaubt wäre eine Extrazahlung für das schnellere Durchleiten von Daten zu verlangen.

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Kyle Drake, der Gründer von Neocities, lässt der FCC jedoch freundlicherweise durchaus eine Wahl: Für die Zahlung von 1000 Dollar pro Jahr können sie die Bremse ausschalten lassen—ein Verweis auf die Konsequenzen des Endes der Netzneutralität, die Aktivisten in Gefahr sehen, wenn die Vorschläge der FCC bei einer Abstimmung am kommenden Donnerstag abgesegnet werden.

Wenn sie mich für diese Aktion festnehmen, dann wäre das der beste Tag meines Lebens

Die Aktion ist zugegebenermaßen nicht viel mehr als ein cleverer Gag. Kyle Drake berichtete mir gegenüber jedoch von seiner Hoffung, dass größere Web-Anbieter auf sein Sanktionieren der FCC aufmerksam werden und ihm nacheifern:

„Ich bin sicher, dass irgendjemand von der FCC auf unsere Seiten gegangen ist und ihm dabei aufgefallen ist, dass sie sehr langsam lädt, so dass er sich gedacht hat: „Scheiße das ganze Internet könnte uns das antun, und dann hätten wir ein Web, das nicht funktioniert. Natürlich hilft es nicht viel dies nur mit Neocities zu machen, aber stell dir nur einmal vor, wenn Google das tun würde: die FCC wäre lahmgelegt."

Drake hat den überraschend simplen Code, den er zum Einbremsen der Bandbreite der FCC benutzt hat, auch auf GitHub veröffentlicht. Vereinfacht gesagt achtet der Server auf sechs spezifische Bereiche von IP-Adressen, die bekanntermaßen von den Computer der FCC benutzt werden, und begrenzt dann automatisch die Geschwindigkeit dieser Verbindungen. Mindestens drei andere Webdesigner haben wohl ebenfalls schon angekündigt, dass sie die FCC mit Drakes Code ein wenig Zeit zum Nachdenken geben möchten, während ihre Webseiten laden.

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Neocities hat die IP-Adressen der FCC anhand einer E-Mail ermittelt, die er von einem der Beamten bekommen hat und dann auf „jede IP-Adresse [ausgedehnt], die die Behörde jemals besessen hat", nachdem ihm jemand auf Hacker News die öffentlich zugänglichen Daten zugespielt habe. Drake berichtete, dass er ohnehin ständig die Geschwindigkeit von Zugriffen von spammenden Bot-Netzen begrenzen müsse. Das Schreiben des Codes ist ihm also leicht gefallen. Ob die Aktion unter den gegenwärtigen Regeln der Netzneutralität vollkommen legal ist, ist dagegen eine andere Frage:

„Ich weiß nicht, ob ich gerade gegen ein Gesetz verstoße und es ist mir ehrlich gesagt auch egal. Wenn sie mich für diese Aktion festnehmen, dann wäre das der beste Tag meines Lebens. Ich würde bereitwillig ins Gefängnis gehen, um diese Protestaktion zu verteidigen—gegen die Politik, die sie zur Norm machen würde."

Die FCC wird am 15. Mai über einen Vorschlag abstimmen, der die Netzneutralität entscheidend einschränken könnte und der bereits vielfältige Kritik gegen ein mögliches Zweiklassen-Internet provoziert hat: Über 100 Web-Unternehmen haben sich vergangene Woche gegen das Gesetz ausgesprochen, während mehrere Demonstranten vor dem FCC Gebäude in Washington ein kleines Protestcamp eingerichtet haben, und mehr als eine Millionen Menschen Internet-Petitionen unterschrieben haben, die für ein freies und offenes Netz plädieren.

Auch gegen eine Gesetzesinitiative des EU-Parlament, die wohl das Ende der Netzneutralität besiegelt hätte, hatte sich in den vergangenen Monaten massiver Widerstand formiert. Das Parlament sprach sich schließlich in einer Abstimmung am 3. April für die Netzneutralität aus —woran vielleicht auch die 20.000 eingegangen Protest-Faxe nicht ganz unschuldig waren.

Drake jedenfalls findet, dass für den Widerstand gegen die FCC jedes Mittel Recht ist, und dass die Kritiker alles versuchen sollten, um die Gesetzesinitiative zu verhindern:

„Unter den aktuellen Umständen würde ich sagen: Fuck the FCC. Blockt ihr Internet und pisst vor ihre Tür. Das könnt ihr dem Internet nicht antun."