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CERN entdeckt neues Teilchen für den „Club der unerklärten Zustände"

Wer ist das neue Mitglied in der Quark-Familie?
Struktur eines Atoms. Bild: Imago/ Science Photo Library

Ist es nicht schön, wenn man nach jahrelanger Partnerschaft noch unbekannte, aufregende Seiten an seinem Lebensgefährten entdeckt? So ähnlich muss es den Physikern des CERN, gegangen sein, die in einem schon sehr gut untersuchten Massebereich überraschenderweise ein neues Teilchen entdeckten.

Dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik zufolge, welches alle bekannten Teilchen und ihre Wechselwirkungen aufführt, sind Quarks die fundamentalen Bausteine, aus denen Atomkerne aufgebaut sind. Es gibt dabei verschiedene Quark-Kombinationen wie die gängigen Zustände mit drei Quarks (Baryonen), die sich in Protonen und Neutronen finden oder Kombinationen aus einem Quark und einem Antiquark (Mesonen), wie in Pionen vorhanden.

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Doch es geht noch exotischer und zwar nicht nur theoretisch. Denn mit Hilfe von Teilchenbeschleunigern füllen Physiker die Bestände winziger, instabiler Familienmitglieder heutzutage immer weiter auf. So wurden molekülähnliche Teilchen aus sechs Quarks gefunden (Hexaquarks); es soll Kombinationen aus vier Quarks und einem Antiquark geben (Pentaquark) oder auch zwei Quarks plus zwei Antiquarks (Tetraquark)— solche Objekte waren zuvor lediglich subatomare Luftschlösser der Quantenphysik.

Eine mögliche Interpretation des neuen Teilchens (rot umkringelt). Bild: Forschungszentrum Jülich | CC BY 4.0

Doch nachdem Physiker im Large Hadron Collider (LHC) des CERN nun bereits vor einigen Monaten auch einen Hinweis auf ein lange vorhergesagtes Fünffachquark gefunden hatten, scheint sich jetzt noch ein weiteres, neues Teilchen offenbart zu haben. Bei ihrer neusten Entdeckung sind sich die Wissenschaftler jedoch noch nicht sicher sind, wo genau sie diesen kleinen Exoten einordnen sollen.

Der Aufbau des Experiments am Super Proton Synchroton. Bild: CERN

Das Teilchen spürten Physiker der COMPASS-Kollaboration auf, als sie bei einer Untersuchung im Super Proton Synchroton (SPS), einem Vorbeschleuniger des LHC, Pione mit nahezu Lichtgeschwindigkeit auf ein flüssiges Wasserstoff-Target schossen. Dabei zeigte sich ein relativ ungewöhnliches Meson, ein instabiles, subatomares Teilchen, das aus leichten Quarks zusammengesetzt ist und besitzt eine Masse von 1,42 GeV/c² (Gigaelektronenvolt/Lichtgeschwindigkeit). Sie tauften ihre Entdeckung auf den etwas sperrigen Namen a1(1420).

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Nun stellt sich die Frage, worum es sich bei der neuen Existenz eigentlich handelt. Die Vermutungen gehen stark in Richtung Tetraquark, doch Sicherheit ins wissenschaftliche Halbdunkel werden erst nachfolgende Untersuchungen bringen, die nach weiteren Zerfallsmöglichkeiten des Teilchens suchen. So könnte es sich auch um eine Art Molekül handeln, welches aus bekannten Mesonen aufgebaut ist. Ein andere Möglichkeit: Die Beobachtung entstand aufgrund verschiedenartiger Effekte der starken Wechselwirkung.

Prof. Dr. Stephan Paul vom Exzellenzcluster Universe der TU München freute jedoch über die Entdeckung des mysteriösen Teilchens und krönte sie mit folgenden Worten: „Obwohl es experimentell gut belegt ist, ist das neue Teilchen a1(1420) offenbar ein neues Mitglied im Club der bisher unerklärten Zustände."