Der Tag nach dem Anschlag in Berlin

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Der Tag nach dem Anschlag in Berlin

"Es ist krass, wenn sowas plötzlich so nah passiert", findet der 19-jährige Lenni am Breitscheidplatz.

Am Morgen ist die U-Bahn, die am Bahnhof Zoo hält, schon wieder voll mit Menschen. Nicht weit von hier raste am Abend ein LKW durch die Besucher eines Weihnachtsmarktes. Sicher sind nur die Zahlen: 12 Tote und 48 Verletzte in Berlin.

Sonst wissen wir immer noch nicht viel. Innenminister Thomas de Maizière hat mittlerweile "keine Zweifel mehr an einem Anschlag". Der Verdächtige, der gestern Abend festgenommen wurde, ist mittlerweile wieder freigelassen.

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Alle Fotos von Grey Hutton

Die meisten Reporter und Schaulustigen der Nacht sind verschwunden. Es ist recht leer und still am Breitscheidplatz. Noch liegt der schwarze LKW leicht schief neben der Gedächtniskirche. Die Polizei hat die Umgebung weiträumig abgesperrt. Mit Maschinenpistolen bewaffnet säumen schwarz Uniformierte die Sperrzone.

Frierend warten Fernsehkorrespondenten auf ihren Einsatz vor der Kamera. Fotografen laufen über die leere Straße. Obdachlose schauen sich das Treiben interessiert an. Immer wieder tauchen Schaulustige auf, die sich selbst ein Bild machen wollen.

Am frühen Morgen haben Menschen Blumen und Kerzen vor der Absperrung niedergelegt. Auch Notizen wie "Ich bin Berlin. Für mehr Menschlichkeit und Mitgefühl" und "In uns lebt ihr weiter" liest man dort.

Nathalie und Jowita

Vor dem Bikini Berlin stehen zwei junge Frauen, die im Kaufhaus arbeiten. "Von dem Anschlag haben wir gestern erst erfahren, als der Sicherheitsdienst des Bikinis uns aufforderte, so schnell es geht das Gebäude zu verlassen: Draußen sei ein Unfall passiert", erzählt die 20-jährige Nathalie.

Jowita war noch mit einer Freundin nach Feierabend am Weihnachtsmarkt verabredet. "Zum Glück musste ich gestern länger arbeiten", sagt die 18-Jährige. Das Bikini bleibt am Tag nach dem Anschlag geschlossen: "Es hat ja sowieso keiner mehr Bock, Weihnachtsgeschenke einzukaufen."

Der LKW wird abgeschleppt

Der 19-jährige Lenni will sich den Breitscheidplatz anschauen: "Es ist krass, wenn sowas plötzlich so nah passiert. Wie oft habe ich schon in den Nachrichten von Anschlägen am anderen Ende der Welt gelesen, und plötzlich ist alles ganz nah."

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Julius

Auch Menschen, die in der Umgebung arbeiten, kommen vorbei. So wie Julius, 32 Jahre alt und Luft- und Raumfahrtingenieur: "Ich wollte schauen, was ich fühle, wenn ich das hier sehe." Als er letzte Nacht vom LKW erfuhr, habe er vor allem Unverständnis empfunden und daran gedacht, dass der Terror jetzt vielleicht in Berlin angekommen sei. "Aber ich weiß auch, dass ich mich nicht so fühlen darf. Ich will mich nicht nach dem Terror richten."