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Fußball-WM 2018

Fragen, die der neue Samsung-Werbespot mit Mario Götze aufwirft

Mario Götze fährt nicht mit zur WM und macht trotzdem Werbung für den DFB. Aber wer bitte hat sein Trikot angezündet und was um alles in der Welt soll die Sache mit der Badewanne?

"In dieser Saison war’s einfach nicht der Mario Götze, den wir uns alle wünschen." Wer in diesen Tagen ein Fußballvideo auf YouTube guckt, hört immer wieder diesen Satz von Joachim Löw. Mit ihm beginnt ein neuer Spot des Unternehmens Samsung. In der Hauptrolle: Mario Götze, "Super Mario", der "Jahrhunderttor-Schütze". All das sagt zumindest Trainer Löw selbst – und hat den Spieler von Borussia Dortmund dennoch nicht für die WM in Russland nominiert. Jetzt sehen wir den 26-Jährigen, wie er einsam im Landschaftspark Duisburg-Nord herumkickt, allein in der Badewanne hockt und sich von einem namenlosen Model sagen lassen muss "Komm schon, Mario, komm schon!".

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Der Spot endet damit, dass Götze zum Schluss einfach bei der EM 2020 mitspielt und alle Fans wieder jubeln – und wir haben Fragen.

Warum brennt Götzes Trikot?

Auf einem DFB-Trikot mit dem Namen Götze und der Nummer 19 lodern Flammen

Alle Stills aus dem YouTube-Video "Mario's Goal" von Samsung Deutschland

Mario Götze hat weder eine religionskritische/blasphemische Karikatur auf Instagram gepostet, noch hat er den entscheidenden Elfmeter in einem Endspiel versiebt oder als gebürtiger Memminger erklärt, dass Markus Söder "sein Präsident sei" (Ganz im Gegenteil!). Keiner der Gründe, die Leute für gewöhnlich auf die Idee bringen Textilien in Brand zu setzen, liegt also vor. Mario Götze hat einzig und allein eine bestenfalls durchschnittliche Saison gespielt und wurde deshalb von Joachim Löw nicht für die WM nominiert. That’s it. Dennoch dachte bei Samsung wohl jemand, dass nichts die Dramatik der Situation so gut verbildlichen könnte, wie ein brennendes Trikot. Für eine Firma, die noch vor zwei Jahren explorierende Smartphones auf den Markt gebracht hat, ist das eine, vorsichtig ausgedrückt, mutige Entscheidung.

Hat sich niemand das Lied richtig angehört, das im Spot läuft?

"I hurt myself today" singt Johnny Cash mit der Patina einer 170 Jahre alten Schiffsglocke auf den Stimmbändern. "Hurt" heißt das Lied. Geschrieben hat es Trent Reznor alias Nine Inch Nails, der alternde Country-Star Johnny Cash coverte "Hurt" ein Jahr vor seinem Tod 2003. Cash, ein Amphetaminsüchtiger und schwerer Trinker, hatte sein Leben so oft weggeworfen wie Mario Götze seine Wasserflasche in einer einzigen Saison. Die erste Strophe, die im Spot nach neun Sekunden zu hören ist, handelt davon wie jemand, der mutmaßlich heroinsüchtig und depressiv ist, sich selbst verletzt. Wenn Cash das singt, springt die Rasensprinkleranlage in den Augen an. Wenn man dazu Mario Götze sieht, über den Medien geschrieben haben "Wie kaputt ist er wirklich?", sucht man innerlich schon mal die Nummer der Telefonseelsorge heraus. Und dann macht die Badewannenszene alles nur noch schlimmer.

Muss die Badewannenszene wirklich, wirklich, wirklich sein?

Mario Götze nimmt ein Eisbad in der Stahlbadewanne

"Don’t do a Britney, Mario!" will man Götze zu rufen, wenn er einen mit leeren Augen aus einer Stahlwanne heraus anschaut, in der er gerade ein Eisbad nimmt. In der Popmusik gilt die Badewanne als der letzte Rückzugsort für besonders traurige, nachdenkliche Menschen. Mario Götze ist ein Popstar, zweifellos. Aber es liegt nicht an seinen blonden Haaren, dass diese Szene unfreiwillig an Britney Spears' "Everytime"-Video erinnert, in dem die Sängerin scheinbar für immer unter die milchige Wasseroberfläche eines Jacuzzis gleitet.

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Ist "Mario’s Goal" ein guter Titel für den Spot?

Klar, mit dem Titel kann auch Götzes Ziel gemeint sein, demnächst "wieder anzugreifen" wie es im Fußballersprech heißt. Wer aber "Götze Goal" auf YouTube sucht, der bekommt 120.000 Ergebnisse, die ein ganzes Wochenende füllen und von denen gut die Hälfte zeigt, wie André Schürrle die linke Außenbahn des Maracanã-Stadions entlang sprintet, den Ball an drei argentinischen Gegenspielern vorbei in den Strafraum hebt, wo Mario Götze angerauscht kommt, den Ball mit der Brust aufnimmt und … der Rest ist Geschichte – und verfolgt den Spieler seitdem. Götze kam in den letzten vier Jahren nur noch sehr selten auf das Niveau seines Finaleinsatzes. "Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi", sagte Joachim Löw zu Götze, bevor er ihn 2014 einwechselte. Der Bundestrainer hat kürzlich zugegeben, dass das kurzfristig sicherlich eine brillante Eingebung war, auf lange Sicht aber hätte die Aussage "Mario nicht unbedingt geholfen". Und der Spot? Der reduziert den Spieler Götze erneut auf diese eine Szene.

Hat Götze nichts Besseres zu tun?

Fans ärgern sich über einen Fehlschuss von Götze

In der abgelaufenen Bundesliga-Saison hat Mario Götze wegen Verletzungen und Formschwankungen nicht mal die Hälfte aller möglichen Spielminuten auf dem Platz verbracht. Eigentlich könnte er die unfreiwillige Pause jetzt nutzen, um ein wenig aus der Öffentlichkeit abzutauchen und sich mal richtig zu regenerieren. Stattdessen erscheint in dieser Woche eine Kurzdoku über Götze und er ist neben dem Samsung-Spot auch in einer aktuellen Werbung für Mercedes zu sehen. Die deutsche Werbeindustrie kann und will allem Anschein nach trotz Nichtnominierung nicht auf ihn verzichten.

Der ehemals als Werbemarke wertvollste deutsche Spieler besitzt immerhin allein 8,4 Millionen Abonnenten auf Instagram. Wahrscheinlich wurden beide Spots bereits vor Joachim Löws Entscheidung abgedreht und im Falle des Technikunternehmens dann nochmals in den letzten Wochen umgeschnitten. Durch diese Form der Werbung wolle die "demokratische Marke" Samsung ihre "menschliche und zugleich deutliche Haltung" zeigen, sagte ein Manager zu Horizont. Der eigenwillige Spot sei schließlich "dem normalen Leben nahe". Jenes ganz normale Leben eben, wo Fans Trikots als Grillanzünder benutzen und man auf mutmaßlich von Selbstzweifeln geplagte Spieler einfach noch mehr Druck aufbaut, indem man sie schon fest für das Turnier in zwei Jahren einplant.

Dabei weiß Mario Götze eigentlich, wie man Rückschläge wie Konfuzius himself an sich abprallen lässt. Als er während der Europameisterschaft 2016 in Frankreich für seine mauen Leistungen kritisiert wurde, sagte er: "So ist das im Fußball: Mal bist du der Hund, mal bist du der Baum." Und manchmal setzt jemand dein Trikot in Flammen und es ist weit und breit kein Hund zu finden.

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