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Heulsuse der Woche

Heulsuse der Woche: Anti-Pyro-Pastor vs. 'Rape Day'-Entwickler

Ein Pastor fühlt sich wegen des Hamburger Stadtderbys ans Dritte Reich erinnert. Und der Entwickler eines Vergewaltigungsspiels erklärt sich zum Kämpfer für die Meinungsfreiheit.
Heulsuse der Woche

Wieder einmal wundern wir uns über Menschen, die an der Komplexitätsmauer der bösen, bösen Welt zerschellen.

Heulsuse #1: Der Anti-Pyro-Pastor

Der Vorfall: Beim Hamburger Stadtderby brannte es am Wochenende am Millerntor.

Die Ultras des Hamburger SV und des FC St. Pauli überboten sich beinahe im Minutentakt mit Pyroeinlagen im Stadion, rissen immer wieder Bengalos an und schossen Leuchtspuren auf das Spielfeld. Insgesamt fünfmal unterbrach der Schiedsrichter das Spiel. Einem Hamburger Pastor gefiel das gar nicht.

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Die angemessene Reaktion: Mit den Ultra-Gruppen in den Dialog treten und sie fragen, was hinter der Silvester-Stimmung im Stadion steckt. Sich eingestehen, dass Pyrotechnik für Ultras in die Kurven gehört und es bei Derbys heiß hergeht.

Die tatsächliche Reaktion: Der Hamburger Pastor Bernd Lohse fantasierte im Interview mit der Hamburger Morgenpost, dass ihn die Fanmärsche im Vorfeld des Spiels an das Auftreten der Nationalsozialisten im Jahr der "Machtergreifung" erinnert hätten.

Schwer zu sagen, warum der Kirchenvertreter Fußballfans mit Nazis vergleicht und ihn die schwarz-gekleideten Fans automatisch an die Ästhetik des Dritten Reichs denken lassen. Vielleicht ist es Neid angesichts leerer Kirchenbänke und voller Fanblöcke. Oder der christliche Wunsch, dass Fans ihre Mannschaft mit Stoßgebeten unterstützen und nicht mit 1.000 Grad heißen Bengalos.

Sicher ist nur, dass die Hamburger Morgenpost den Artikel inzwischen offline genommen hat. Es müssten noch Ergänzungen vorgenommen werden, erklärt ein Redakteur der Regionalzeitung gegenüber VICE. Noch mehr schräge Vergleiche braucht der Text jedenfalls nicht, weil Lohse im Gespräch mit der Mopo auch noch sagte: "Pyro braucht man im Stadion genauso wenig wie Pornos für guten Sex".

Anstatt nur über erlebnisorientierte Ultras zu jammern, könnte Lohse sie zum Gottesdienst einladen. Mit Pornos und Pyrotechnik wäre die Kirche sonntags bestimmt bestens gefüllt.

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Heulsuse #2: Der Entwickler von 'Rape-Day'

Der Vorfall: Mit Rape Day soll bald ein Spiel auf den Markt kommen, in dem User Frauen beleidigen, vergewaltigen und töten können. Erfunden hat es ein Mann, der sich "James Roberts" nennt und jetzt für sein Spiel scharf kritisiert wird. Die Plattform Steam hat sich bereits gegen einen Vertrieb des Spiels entschieden.

Die angemessene Reaktion: Akzeptieren, dass es eine saudumme, verabscheuungswürdige Idee war, ein Spiel zu entwickeln, das Vergewaltigungs- und Mordfantasien bedienen will. Und damit nicht nur bei Opfern sexualisierter Gewalt Entsetzen auslöst.

Die tatsächliche Reaktion: Roberts erklärte sich gegenüber Zeit Online zum Initiator einer "großartigen Debatte über Zensur" und unterstellt den Gegnern von Rape Day, dass ihr "Moralismus" in der Vergangenheit auch zum Widerstand gegen Rock 'n' Roll und Erotik-Magazine geführt habe.

Roberts scheint ein ziemlich eigenartiges Verständnis von Erotik zu haben. Sein Spiel bewirbt er mit dem Slogan: "Überspring das Vorspiel und genieße deinen Rape Day – Du hast es Dir verdient." Und währenddessen spielt sich im Hintergrund eine Zombie-Apokalypse ab.

Während ein paar Freaks schon mal vorsichtshalber ihre Bildschirmkamera abkleben, ist die große Mehrheit der User und Userinnen über Rape Day entsetzt. Und Roberts für jemanden, der mit seiner gezielten Provokation das halbe Internet gegen sich aufgebracht hat, ziemlich schnell eingeschnappt.

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Mittlerweile tut Roberts so, als hätte er eine hochpolitische Mission. Als würde Rape Day gezielt Grenzen überschreiten, um die Freiheitsrechte in unserer Gesellschaft zu sichern. Unbeirrt und mutig legt er sich dafür mit der Internet-Community an. Nur zu danken scheint es ihm keiner. Komisch.

Und jetzt seid ihr dran: Wer soll die Heulsuse der Woche sein?*

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