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Umwelt

Auf Sibirien fällt giftiger schwarzer Schnee

Schuld soll der Kohleabbau sein. Deutschland importiert einen großen Teil seiner Steinkohle aus Russland.
Schwarzer Schnee bedeckt ein Auto in Sibirien
Screenshot via Twitter: Khodorkovsky Center

Russische Medien schreiben von "postapokalyptischen" Landschaften, wenn sie zurzeit über das Kusnezker Becken berichten, eine Region in Südsibirien. Felder und Bäume, Häuser und Autos sind hier nicht von einer weißen Schneeschicht überzuckert, sondern sehen aus, als hätte jemand Ruß vom Himmel fallen lassen. Und ungefähr so ist es auch.

An dem Niederschlag sollen die offenen Steinkohlegruben in der Region schuld sein. Im Kusnezker Becken, auch Kusbass genannt, liegt das größte Kohleabbaugebiet der Welt, das sich über fast 28.000 Quadratkilometer erstreckt. Insgesamt leben im Kusbass etwa 2,6 Millionen Menschen. Bewohner der Städte Prokopjewsk, Kisseljowsk und Leninsk-Kusnezki posten in den sozialen Medien Bilder von surrealen, grau-schwarz verschneiten Landschaften, Kohleschnee auf Autos sowie dunklen Eiszapfen.

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Anatoli Wolkow, Generaldirektor des Kohlebergwerks Prokopjewskaja, sagte einem lokalen TV-Sender, es habe bei "einem Schild" eine Fehlfunktion gegeben. Damit bezieht er sich möglicherweise auf eine Abdeckung, die verhindern soll, dass Kohlestaub austritt. Staatsanwaltschaften in der Region untersuchen Berichten zufolge die Ursachen des schwarzen Schnees.

"Es gibt keine Reinigungssysteme, der ganze Staub und Dreck liegt einfach auf der Region", sagte eine betroffene Person laut der Siberian Times. "Wir und unsere Kinder atmen das alles ein. Es ist ein Albtraum."

"Wir haben schreckliche Angst um die Zukunft unserer Kinder", sagte ein Anwohner.

Es ist schon länger bekannt, dass die offenen Kohlegruben des Kusbass ein Gesundheitsrisiko darstellen, wie CBS News berichtet. Die russische Umweltschutzorganisation Ecodefense nannte die Region 2015 "das Kohleherz Russlands". Laut Ecodefense gab es zu diesem Zeitpunkt 120 Bergwerke und 52 Anlagen zur Kohleanreicherung. Im Dezember 2018 wurde der deutsche Steinkohleabbau eingestellt, Russland ist der wichtigste Zulieferer für Deutschland. Rund ein Drittel der nach Deutschland importierten Steinkohle kommt aus der Russischen Föderation, 2017 waren es mehr als 16 Millionen Tonnen.

"Im Winter findet man hier eher schwarzen als weißen Schnee", sagt Wladimir Sliwjak von Ecodefense dem Guardian. Es liege durchgehend viel Kohlestaub in der Luft, der Schnee mache ihn lediglich sichtbar. "Den Rest des Jahres sieht man den Staub nicht – aber er ist da."

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Vergangenes Jahr versuchten die russischen Behörden, schwarzen Schnee in der Kleinstadt Mysky mit weißer Farbe zu übertünchen. Wie die Moscow Times berichtet, entdeckte eine Frau die Täuschung, als sie den Schnee anfasste und weiße Farbe an der Hand hatte.

Der Kohleabbau treibt nicht nur den Klimawandel maßgeblich voran, die Kohleproduktion ist auch direkt schädlich für Menschen. Schwermetalle und Quarzstaub, die dabei frei werden, können Asthma und Entzündungen verursachen und werden außerdem mit Lungenkrebs, Schlaganfällen, Herz- und Atemwegserkrankungen in Verbindung gebracht. Auch die sogenannte Staublunge oder Silikose, die als Berufskrankheit der Bergleute gilt, wird von Quarzstaub verursacht.

Ecodefense hat festgestellt, dass es im Kusbass höhere Raten von Tuberkulose, Zerebralparese und gewissen Krebsarten gibt als im übrigen Russland. Die Lebenserwartung in der Region liegt laut den Umweltschützern etwa vier Jahre unter dem Landesdurchschnitt.

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