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Heulsuse der Woche

Heulsuse der Woche: Das Europa-Parlament vs. der Crazy Mercedes-Rentner

Die einen wollen "Veggie-Burger" verbieten, der andere schleift für einen Euro Parkwächterinnen durch die Gegend.
Rentnerburger
Fotos Burger: imago/Westend61 | Rentner (nicht der aus der Geschichte, ist ja nicht mal ein Mercedes!): imago/imagebroker

Auch diese Woche geht es wieder um Menschen, denen die moderne Welt einfach ein bisschen zu viel ist.

Heulsuse # 1: Der Crazy Mercedes-Rentner

Der Vorfall: Eine Parkwächterin wollte in Bonn auf einem privaten Parkplatz einen Euro Nachgebühr kassieren.

Die angemessene Reaktion: Ihr den Euro geben, wegfahren, laut "Gold Digger" aus den Boxen ballern.

Die tatsächliche Reaktion: Totale Eskalation.

Ehrlich, wir haben in dieser Rubrik ja schon einiges an menschlicher Schwäche, moralischem Versagen und zivilisatorischen Zusammenbrüchen erlebt. Wir haben Menschen gesehen, die wegen ungewürzter Bratwurst, gruseliger Geisterbahnen und Käsefüßen komplett ausgerastet sind, wir haben einen Typen kennengelernt, der seine Schwiegermutter verklagt hat, weil sie ihn beim Verprügeln seines Sohnes gestört hat. Aber trotzdem: All diese Menschen haben diese Woche ihren Meister gefunden.

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Und der Meister heißt: der wahnsinnige Mercedes-Rentner! Denn dieser 81-jährige Bonner hat nicht nur durch seinen Ausraster alle anderen in den Schatten gestellt. Vor allem in der zweiten Runde hat der Mann wirklich alle Bälle aus dem Stadion geprügelt.

Passiert ist nämlich Folgendes: An einem sonnigen Montag im April letzten Jahres trat eine Parkwächterin an den in seinem Mercedes sitzenden Mann heran und verlangte einen Euro Parkplatz-"Nachgebühr". Später sollte er aussagen, dass ihr "unverschämter Ton" und "burschikoses Auftreten" (trug sie Lederhosen?) ihn wütend machte. Jedenfalls ärgerte er sich so sehr, dass er das Autofenster hochfuhr, den Arm der Parkwächterin dabei einklemmte und losfuhr, sodass die Frau fünf Meter neben dem Auto herlaufen musste, bevor er sie freigab.


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So weit, so brachial. Noch mehr Karmapunkte sammelte der Veteran dann im Nachspiel: Zuerst versuchte er, die Sache wieder aus der Welt zu schaffen, indem er dem Betreiber des Parkplatzes eine Briefmarke im Wert von 1,45 Euro in einem unfrankierten Umschlag zukommen ließ. Classy, brachte aber nichts: Die Parkwächterin zerrte ihn trotzdem vor den Kadi.

Dort leugnete der Ex-Firmenchef dann erst mal alles, attestierte der Frau eine "blühende Fantasie" und schwor "bei der Wahrheit und dem lieben Gott", dass nichts davon passiert sei. Hat nicht so richtig gut geklappt: "Der Amtsrichter", berichtet der Bonner General-Anzeiger, "glaubte dem Mann, der sich selbstgerecht, überheblich und uneinsichtig präsentierte, kein Wort."

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Stattdessen wurde er zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und Führerscheinentzug für mindestens neun Monate bestraft. Der Staatsanwalt hatte zwar nur 2.700 Euro Strafe gefordert, den Mann aber als "Ausbund an deutscher Rechthaberei" bezeichnet. Von einem Staatsanwalt als unerträglicher Spießer beschimpft werden – muss man auch mal schaffen!

Dazu kommt jetzt noch ein Verfahren wegen Anstiftung, weil er verdächtigt wird, seine 82-jährige Frau, die auch im Auto saß, zu einer Falschaussage verleitet zu haben. Er erklärte, er habe den Fall natürlich "wiederholt mit ihr besprochen" – schließlich sei sie "zunehmend vergesslich". Der glücklichen Gattin droht jetzt wohl ein Verfahren wegen Falschaussage. Power-Move, Oldtimer!

Heulsuse #2: Das Europaparlament

Ein vegetarischer Burger. Sorry, was besseres ist uns hier jetzt nicht eingefallen!

Sieht gar nicht so scheiße aus: Ein Veggie-Burger | Foto: imago/Westend61

Der Vorfall: Hersteller vermarkten ihre vegetarischen Fleisch-Ersatzprodukte unter anderem als "Veggie-Burger".

Die angemessene Reaktion: Nichts?

Die tatsächliche Reaktion: Die Europaparlamentarier überlegen, diese Bezeichnungen zu verbieten, damit Konsumenten nicht mehr so tückisch in die Irre geführt werden können. Stattdessen sollen Veggie-Burger in Zukunft zum Beispiel "Veggie-Discs" heißen.

Zumindest wenn es nach dem Agrar-Ausschuss des Europa-Parlaments geht. Dessen Chef-Berichterstatter, ein französischer Sozialist namens Eric Andrieu, hat dem Guardian mehr über diese sehr wichtige Initiative erzählt. "Wir fanden einfach, dass nur richtige Steaks 'Steak' heißen sollten", purzelte es dem von uns allen bezahlten Berufspolitiker aus dem Mund. "Die Menschen müssen wissen, was sie gerade essen."

Die Reaktion der Menschen ließ nicht lange auf sich warten: Nach Medienberichten sind Millionen Europäer, die seit Jahren von der Veggie-Lobby an der Nase herumgeführt werden, quer über den ganzen Kontinent spontan in gewaltige Choräle von Beethovens "Ode an die Freude" ausgebrochen – so groß war die Begeisterung über die Weisheit ihrer Volksvertreter. Eric Andrieu ist seit dem Interview leider verschollen – laut Zeugenaussagen soll er immer noch vor seinem Haus im Auto sitzen und darauf warten, dass das "Auto-Mobil" sich von selbst bewegt. Freude, schöner Götterfunken!

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