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Hausfriedensbruch

Eine Hausbesetzerin stand wegen einer schmutzigen Gabel vor Gericht

Das Gericht sprach sie auch in zweiter Instanz schuldig.
Fotos: Pexels | Public Domain Pictures | Collage von VICE Media

Dieser Artikel stammt aus unserer Redaktion in Zürich.

Da hilft selbst das gründlichste Vermummen nicht: Wegen einer schmutzigen Gabel wurde eine Schweizer Studentin wegen Hausfriedensbruch schuldig gesprochen. Das Beweisstück fanden die Ermittler in einem leerstehenden Haus im Kanton Bern. Aber warum wurde das Haus, das kurz vor einem Umbau stand, überhaupt durchsucht?

Ende 2015 drang eine unbekannte Gruppe in die leerstehende Liegenschaft in Muri im Oberaargau ein und besetzte das Haus. Wie die Berner Zeitung schreibt, kam es damals schon zu skurrilen Szenen, während derer die vermummten Besetzer vom Balkon aus mit dem Eigentümer des Hauses diskutierten. Die Verhandlungen verliefen erfolgreich, man einigte sich auf ein Auszugsdatum und das Haus war sogar einige Tage vor dem Termin leer geräumt.

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Wie es nach Hausbesetzungen oft üblich ist, durchsuchte die Polizei danach die Liegenschaft und stiess auf die verdreckte Gabel, die sie prompt zum DNA-Abgleich ins Labor schickte. Das Ergebnis: Die Probe führte zu dem bereits in der Datenbank gespeicherten DNA-Profil der Studentin. Die Folge: eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und ein Schuldspruch durch das Regionalgericht – und das alles wegen einer benutzten Gabel.

Weil sie das Urteil nicht auf sich sitzen lassen wollte, argumentierte die Studentin in zweiter Instanz vor dem Obergericht, dass sie sich nun mal öfters in öffentlichen Essräumen oder sogenannten Küchen für alle aufhalten würde und die Gabel ausserdem ein bewegliches Objekt sei. Es sei üblich, dass Besteck und Geschirr an solchen Orten als Allgemeingut gilt, das benutzt, liegen gelassen oder auch mit nach Hause genommen werden darf. Ihrer Meinung nach, sei besagte Gabel also kein handfester Beweis, dass die Studentin sich während der Besetzung in dem Haus in Muri aufgehalten habe, sie könne ja auch von einer anderen Gemeinschafts-Küche stammen und zufällig dort aufgetaucht sein.

Die Polizei, das Regionalgericht, sowie nun auch das Obergericht sehen das anders. Zwar räumen alle drei ein, dass eine Gabel tatsächlich hin- und hergeschoben und auf diese Art und Weise in das Haus gelangen hätte können. Allerdings argumentieren sie, dass Gabeln "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nach dem Gebrauch mit Abwaschmittel gewaschen oder zumindest gut mit Wasser abgespült oder mit einem Tuch gesäubert" werden würden. Somit sei es ersichtlich, dass sich die Beschuldigte definitiv zur Zeit der Besetzung in dem Haus aufgehalten und dort mit dieser Gabel gegessen habe. Die Vorstellung, dass jemand die von der Studentin benutzte Gabel im schmutzigen Zustand von einer Gemeinschaftsküche entwendet und im besetzten Haus wiederverwendet oder deponiert hat, scheint für die Gerichte also nicht so einleuchtend, wie für die Studentin selbst.

Während sich an der Strafe aus erster Instanz (eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 20 Franken und eine Busse von 150 Franken; insgesamt rund 650 Euro) zwar nichts für die Studentin ändert, muss sie für den Weiterzug zum Obergericht jetzt trotzdem blechen: Statt 1.700 Franken betragen die Verfahrenskosten neu 2.500 Franken (ca. 2.170 Euro).

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