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Popkultur

Heulsuse der Woche: BILD-Zeitung vs. Halloween hassender Rentner

Springers Aushängeschild verrechnet sich bei angeblich verschwundenen Asylbewerbern und ein Rentner bedroht kostümierte Kinder mit einer Waffe.
Bilder: Bild: imago | imagebroker; Waffe: imago | Rech | bearbeitet

Es ist mal wieder an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Die Bild-Zeitung

Der Vorfall: Bild möchte (anscheinend) herausfinden, wie viele Asylbewerber trotz abgelehntem Asylantrag noch in Deutschland leben.

Die angemessene Reaktion: Sich verfügbare Zahlen ganz genau angucken, weil das Thema in Politik und Gesellschaft so wahnsinnig aufgeladen ist.

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Die tatsächliche Reaktion: Tun, was man immer tut, und mit der Zahl aufmachen, die am krassesten klingt.

Wo es etwas Negatives zur Einwanderung zu vermelden gibt, ist Bild nicht weit. Auf ihrer Titelseite verkündete sie am Donnerstag: "30.000 abgelehnte Asylbewerber spurlos verschwunden!" (Der Artikel ist auch online, aber kostenpflichtig.) Zusammengerechnet hatte sich die Redaktion das, indem sie – laut Bild basierend auf Zahlen des Statistischen Bundesamts und der Bundesregierung – die Zahl der Menschen, die 2016 Asylbewerberleistungen bekommen haben (23.617), von denen abgezogen haben, die bis Ende 2016 als ausreisepflichtig eingestuft wurden (54.437)

Aufgegriffen wurde die Meldung unter anderem von der Springer-Kollegin Welt, die sich nicht zu schade war hinzuzufügen, dass die Dunkelziffer womöglich noch höher liegen könne, und spekulierte: "Wahrscheinlich sind nur wenige brav heimgereist." Die Meldungen, die Welt und Focus zum angeblichen Skandal veröffentlichten, gehörten am Donnerstag laut den Social-Media-Charts von 10.000 Flies zu den erfolgreichsten Artikeln im Netz.

Nun ist es an sich schon problematisch genug, dass man all den "Rapefugee"-Rufern da draußen einen weiteren Grund gibt, Asylsuchende als Vampire zu sehen, die lebensbedrohliche Wege auf sich nehmen, nur um das deutsche Sozialsystem leerzusaugen. Tatsächlich gibt es aber noch ein anderes Problem: Die Zahlen scheinen schlichtweg nicht zu stimmen.

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Der Bildblog hat sich die Rechnung der Bild ein bisschen genauer angeguckt und festgestellt: Die Zahlen passen vorne und hinten nicht. Erst diese Woche hat das Statistische Bundesamt neue Zahlen herausgegeben, nach denen lediglich 28.000 Personen im vergangenen Jahr nachweisbar ausreisepflichtig gewesen seien. Und es sind nicht nur abgelehnte Asylbewerber, die ausreisepflichtig sind, sondern beispielsweise auch Urlauber, deren Visum abgelaufen ist.

Wir lernen also: Im Zweifelsfall lieber selbst nochmal den Taschenrechner in die Hand nehmen. Vor allem dann, wenn man von Millionen Menschen gelesen wird und das, was man tut, Journalismus nennt.

Heulsuse #2: Ein Halloween hassender Rentner

Foto: imago | Rech

Der Vorfall: Ein betagter Unterfranke hat keine Lust auf Halloween.

Die angemessene Reaktion: Klingelnden Kindern erklären, dass man keine Süßigkeiten hat, oder so tun, als sei man nicht zu Hause. Licht aus, Tür zu und am nächsten Tag die Eier von den Fenstern kratzen.

Die tatsächliche Reaktion: Komplett ausrasten und die Kinder mit einer Waffe bedrohen.

Wenn wir auf der Suche nach Heulsusen sind, ist in der engeren Auswahl so gut wie immer eine ganz bestimmte Bevölkerungsgruppe dabei: Rentner. Sie sind ständig genervt, haben viel zu viel Freizeit und absolut nichts mehr zu verlieren. Eigentlich ein Wunder, dass sie so oft das Image der altersmilden Weisen aufgedrückt bekommen. Rentner sind wandelnde Pulverfässer! Und dieser Vorfall ist nur einer von vielen, die das beweisen.

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Wie unter anderem die Süddeutsche berichtet, rastete ein Rentner aus Dittelbrunn aus, als eine Gruppe kostümierter Kinder an Halloween an seiner Tür klingelte. Statt ihnen ein paar Süßigkeiten in die Hand zu drücken, zog der Unterfranke eine Waffe. Die ebenfalls anwesenden Eltern riefen die Polizei.

Immerhin: Es soll sich nur um eine Deko-Waffe gehandelt haben. Ob die mal Teil eines Halloween-Kostüms war, verriet der Polizeisprecher am Mittwoch aber nicht. Für die Kinder dürfte es trotzdem das gruseligste Halloween aller Zeiten gewesen sein.

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