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Sex

Dieser Mann befriedigt alte Damen für Geld

Gerald Kummer bietet Sexualbegleitung an—und gibt alten Damen so ein Stück Lebensqualität zurück.

Es gibt ganze Internetforen, Bücher und Filme, die sich mit der Frage beschäftigen, ob alte Menschen denn eigentlich noch Sex haben. Spoiler: Ja, haben sie. Genau so, wie sich alte Menschen viele (und ziemlich kluge) Gedanken über Liebe machen, ist auch Sex immer noch ein Teil ihres Lebens. Und weil nicht jeder von ihnen jemanden hat, der ihre intimsten Wünsche erfüllt, gibt es in unserem Jahrhundert zum Glück Dinge wie Sexualbegleitung, die es älteren Menschen (aber auch Menschen mit Behinderung) erlaubt, gegen Bezahlung ihre Sehnsucht nach zwischenmenschlichem, intimem Kontakt auszuleben.

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Sexualbegleiter besuchen sowohl ältere Männer als auch Frauen in Altersheimen, zu Hause oder treffen sich mit ihnen an einem vereinbarten Ort. Dabei muss es aber nicht zwingend um die sexuelle Befriedigung gehen, sagt Sexualbegleiter Gerald Kummer: „Die Klientin gestaltet mit dem Sexualbegleiter gemeinsam die Begegnung. Das kann alles sein von streicheln, berühren, berührt werden, miteinander nackt sein, sich und einander spüren, massieren oder auch sexuelle Erregung und Befriedigung erleben." Gerald Kummer selbst arbeitet nur mit Frauen—insgesamt gesehen sind jedoch lediglich rund 20 Prozent der Menschen, die Sexualbegleitung in Anspruch nehmen, weiblich.

Nicht erlaubt ist hingegen jeglicher Schleimhautkontakt, was sowohl Zungenküsse als auch Geschlechtsverkehr und Oralsex mit einschließt—auch, um etwaige sexuell übertragbare Krankheiten auszuschließen. Nach dieser Logik wäre zwar Sex mit einem Kondom eigentlich erlaubt, aber im Rahmen einer Sexualbegleitung ist er trotzdem nicht möglich, sagt Kummer: „Dadurch unterscheiden wir uns unter anderem von konventioneller Prostitution. Das hat vor allem auch rechtliche Hintergründe." Befriedigung mit der Hand oder Masturbationshilfe sind jedoch gestattet.

Für die meisten seiner Kundinnen steht nicht die sexuelle Befriedigung, sondern eher der Körperkontakt und die zärtliche Nähe im Fokus. Den Männern, die Sexualbegleitung in Anspruch nehmen, gehe es da schon mehr um sexuelle Befriedigung, wie er von Kolleginnen weiß.

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Um für die Kundinnen unangenehme Situationen zu vermeiden, findet mit jeder neuen Kundin ein Vorgespräch statt, bei dem die Frau entscheiden kann, ob sie sich von Gerald Kummer berühren lassen will, wie weit sie gehen will und was ihr wichtig ist. Generell ist es für Frauen ein großer und mutiger Schritt, Sexualbegleitung in Anspruch zu nehmen—weshalb zu Beginn natürlich ein gewisses Schamgefühl vorhanden sein kann. Laut Kummer wird dieses jedoch spätestens nach den ersten körperlichen Berührungen (die nach Möglichkeit zuerst immer in Unterwäsche stattfinden), „von Wohlgefühl abgelöst".

Mit Prostitution oder dem Bestellen von Callboys und Callgirls hat Sexualbegleitung also relativ wenig zu tun. Hier wird nicht für die sexuelle Befriedigung bezahlt, sondern für Zweisamkeit; also die Zeit, die der Sexualbegleiter mit seiner Kundin verbringt und die Nähe, die für einen Menschen im Alter mindestens so wichtig ist wie im restlichen Leben. Wer denkt, dass Menschen im fortgeschrittenen Alter bedürfnislose Schatten ihres früheren Selbst sind, täuscht sich jedenfalls gewaltig—das bestätigen zumindest die Erfahrungen von Kummer.

Obwohl das Klischee vom sexlosen Alter immer noch ziemlich gängig ist, kann Gerald Kummer bezüglich der sexuellen Ausprägung keinen Unterschied zwischen jüngeren und älteren Menschen erkennen: „Wer sein ganzes Leben hinweg seine Sexualität ausleben konnte, der will dies auch im Alter noch tun—auch, wenn der langjährige Partner vielleicht schon gestorben ist. Das ,sexuelle Vorleben' im jüngeren Alter bestimmt die Sexualität im fortgeschrittenen Alter, die Erfahrungen beeinflussen die Wünsche und auch die Tabus—zumindest was meine Kundinnen angeht. Man kann sich nach körperlicher Nähe und Befriedigung sehnen—egal, ob man 19 oder 90 ist." 90 ist übrigens das ungefähre Alter von Gerald Kummers ältester Kundin.

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Irgendwie ist diese Erkenntnis auch ziemlich beruhigend. Immerhin wird uns in unserer jugendgeprägten Pop-Welt viel zu oft suggeriert, dass Sexualität im Alter nicht viel mehr als eine verblassende Erinnerung an die längst vergangene „Blüte des Lebens" ist. Was wir dabei häufig vergessen—und woran Sexualbetreuung uns erinnert—ist, dass wir einfach nur ziemlich gut darin sind, alten Menschen ihre Eigenständigkeit und Menschlichkeit sowie ihre Bedürfnisse abzusprechen. Sexualbetreuung nimmt diese Bedürfnisse ernst.

Verena auf Twitter: @verenabgnr


Wer seinen Großeltern einen Gefallen tun möchte, bekommt hier weitere Infos über LIBIDA-SEXUALBEGLEITUNG®:

www.sexualbegleitung.net
Telefon: 0664 783 0 853
oder
www.alphanova.at/fachstelle_hautnah
Telefon: 03135/56382 – 27


Titelbild: Hernán Piñera | flickr | CC BY-SA 2.0