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DIE GLUTEUS MAXIMUS ISSUE

Der schwule Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat

Alexander Stepanyan war Politologe an der Staatlichen Universität St. Petersburg und arbeitete dort bis vor Kurzem an seiner Promotion. Er war schon immer politisch aktiv und nicht unbedingt als großer Freund Putins bekannt.

Foto: Gizem Eza

Alexander Stepanyan war Politologe an der Staatlichen Universität St. Petersburg und arbeitete dort bis vor Kurzem an seiner Promotion. Er war schon immer politisch aktiv und nicht unbedingt als großer Freund Putins bekannt. 2006 wurde er in St. Petersburg bei einer Aktion für die Moskau-Helsinki-Gruppe festgenommen, der vorgeworfen wurde, vom MI6 finanziert zu werden. 2012 veröffentlichte er einen regierungskritischen Kommentar in der NZZ. Und dann ist Alexander auch noch schwul. Seiner Doktormutter, Olga Popova, wurde das zugetragen und sie begann prompt, seine Promotion zu sabotieren. So lange bis er seine Exmatrikulation im Briefkasten hatte. Ich habe mit ihm über Russland und das Anti-Propaganda-Gesetz gesprochen.

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VICE: Alexander, denkst du, deine Professorin steht hinter dem Anti-Propaganda-Gesetz, oder hat sie dich aus opportunistischen Gründen rausgeworfen?
Alexander: Ich bin überzeugt, dass wenn das vor zwei Jahren passiert wäre, dann hätte sie auf jeden Fall anders gehandelt. Die politische Atmosphäre hat sie unter Druck gesetzt. Sie kann nicht neutral bleiben und das ignorieren. Sie muss entscheiden, ob sie für oder gegen das Gesetz ist, und sie muss wissen, wie sie ihre Position sichern kann. Ich glaube, deswegen ist sie zynisch.

Du hast mir aber E-Mails gezeigt, in denen sie genau die Linie fährt, die Putin im Gesetz vorgibt. Also, dass die Homosexuellen diese ominöse Propaganda verbreiten, die Kinder schwul und lesbisch macht.
Was damals passiert ist, zeigt, dass sie persönliche Vorurteile hat. Aber sie hat mich nicht nur aus persönlichen Gründen rausgeworfen. Diese zwei Faktoren haben da zusammengewirkt. Es wäre auch ungünstig für sie gewesen, wenn sich rausstellt, dass ihr Doktorrand schwul ist.

Ihr habt lange zusammengearbeitet und es war klar, dass du nicht mit Putins Politik konform gehst.
Ich habe viele ihrer Mitarbeiter gefragt und die denken, dass sie schon früher gewarnt wurde, weil ich eben zu kritisch war. Sie hat mich solange beschützt, bis sie erfahren hat, dass ich schwul bin.

Warum wurde dieses Gesetz überhaupt erlassen?
Die russische Gesellschaft war nie Homosexuellen gegenüber tolerant. Aber dieses Gesetz wurde nicht von unten aus dem Volk geschaffen, sondern eine zynische Politikelite nutzt die homophobe Stimmung in der russischen Gesellschaft aus, um die Bevölkerung von den echten Problemen abzulenken.

Also eigentlich profitieren viele davon und wenige leiden darunter.
Ja. Und einer der Gründe, warum ich das alles zynisch finde, ist, dass es in Russland ein offenes Geheimnis ist, dass im Management von Gazprom viele Schwule sitzen, genau wie im Kreml und in der Duma. Ich glaube, für Putin persönlich wäre es kein Problem, mit einem schwulen Berater zusammenzuarbeiten, aber er weiß eben ganz genau, wie er das Thema ausnutzen kann.

Lest die ganze Geschichte von Alexander auf VICE.com.